Interessenpolitik
Hauptaufgabe der Abteilung Recht ist die rechtliche Beratung und verfahrensrechtliche Begleitung der steirischen Bäuerinnen und Bauern mit nachstehenden Schwerpunkten:
Die Abteilung Recht bietet neben telefonischer und schriftlicher Beratung auch Sprechtage in den Bezirkskammern sowie in der Landeskammer an.
Jährlich können rund 15.000 Kundenkontakte bei Rechtsberatungen (persönlich im Büro, schriftlich, telefonisch, vor Ort und in der Gruppe) verzeichnet werden.
Weiters haben zahlreiche Vertretungen vor Behörden/Gerichten stattgefunden. Im Jahr 2020 fanden 173 Verhandlungen vor den Sozialgerichten in Graz und Leoben statt. Coronabedingt konnten monatelang keine Untersuchungen durch die Sozialversicherungsanstalten stattfinden und wurden dementsprechend weniger Bescheide in Pflegegeldangelegenheiten erlassen. Pandemiebedingt wurden eine Zeit lang Sozialgerichtsverhandlungen seitens der Landesgerichte ausgesetzt.
Die Abteilung Recht ist auch für die Begutachtung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen verantwortlich. Im Jahr 2020 wurden 188 Gesetzes- und Verordnungsentwürfe begutachtet dh auf ihre Relevanz für die Land- und Forstwirtschaft überprüft und die notwendigen Stellungnahmen abgegeben.
Die MitarbeiterInnen der Abteilung Recht geben ihr Wissen in den Meisterkursen der landwirtschaftlichen Berufsausbildung für den gesamten Block Recht und teilweise auch in Kursen des Ländlichen Fortbildungsinstitutes weiter. In diesem Bereich kam es zu zahlreichen Digitalisierungsvorgängen, da sowohl die Meisterkurse als auch Vorträge online abgehalten und dementsprechend an die neue Situation angepasst werden mussten.
Das Jahr 2020 war wohl sehr durch die Corona-Pandemie geprägt. Dementsprechend musste in allen Rechtsbereichen auf die ständig neuen Verordnungen und Gesetze, welche auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft hatten und haben, reagiert werden.
Landwirtschaftskammerwahl 2021
Die Vorbereitungen für die Landwirtschaftskammerwahl im Jänner 2021 starteten bereits im Frühjahr 2020 mit dem Ersuchen um Datenübermittlung durch die Finanzverwaltung, die Träger der gesetzlichen Kranken- und Pensionsversicherung und die Agrarmarkt Austria. Die übermittelten Daten wurden entsprechend aufbereitet und in gemeindeweise gegliederte Mitgliederverzeichnisse erfasst.
Mit 23. Juli 2020 wurde die Änderung der Landwirtschaftskammer-Wahlordnung 2005 – LWK-WO verlautbart. Die wesentlichen Änderungspunkte in der LWK-WO 2005 umfassten, die Neuregelung der Vergütung der Mitglieder der Wahlbehörden (§ 17), die Änderung der Bestimmung über den Beginn der Auflagefrist der WVZ (§ 21), der Wegfall der Einrichtung der Wahlsprengel (§ 35) und die Verringerung der Anzahl von Wahlzeugen in jedem Wahllokal (§ 41).
Bereits im August ergingen erste Informationsschreiben mit allgemeinen Wahlinformationen und Informationen über den Zugang zur WahlApp an alle Gemeinden, denen laut gesetzlichem Auftrag die endgültige Erstellung der Wählerverzeichnisse obliegt. Zeitgleich wurden auch sämtliche FunktionärInnen und MitarbeiterInnen mit einem Wahlinformationsschreiben informiert.
Am 8. September 2020 hat der Hauptausschuss der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft die Wahl für den 24. Jänner 2021 ausgeschrieben.
Im Zeitraum von 30. September bis 14. Oktober 2020 wurden in Online-Schulungen bei insgesamt zwölf Terminen die verantwortlichen MitarbeiterInnen aller steirischen Gemeinden in der Anwendung der WahlApp für die Online-Bearbeitung der Wählerlisten und in den rechtlichen Grundlagen betreffend das Wahlrecht erfolgreich geschult.
Bis Freitag, dem 4. Dezember 2020 hatten die Gemeinden die Wählerverzeichnisse abschließend anzulegen. Die Abteilung Recht war in ständigem Austausch mit den Gemeinden und unterstützte diese bestmöglich bei der Abklärung sämtlicher rechtlicher Fragestellungen, die sich im Zuge der Anlegung er Wählerverzeichnisse ergaben.
Vor allem aufgrund der Corona-Pandemie traten im Zusammenhang mit der Durchführung der Landwirtschaftskammerwahl zahlreiche Fragestellungen auf, welche einer rechtlichen Abklärung bedurften.
Sämtliche erforderlichen Maßnahmen hinsichtlich der fristgerechten Umsetzung der Landwirtschaftskammerwahl 2021 konnten seitens der Abteilung Recht erfolgreich umgesetzt werden.
Familien- und Erbrecht
Umständehalber befassten sich die Menschen im Jahr 2020 vermehrt mit dem eigenen Ableben. Im Bereich des Erbrechts konnten daher verstärkte Anfragen zum Thema Testament und Vorsorge für den Krankheits- und Todesfall, Hofübergabe und Regelung der Erbfolge behandelt werden. Auch die Beratung zum Thema Scheidung und Trennung wurde verstärkt in Anspruch genommen.
Direktvermarktung
In den Bereichen der Direktvermarktung und der Buschenschankbetriebe musste auf die coronabedingten Einschränkungen reagiert werden. Die Abteilung Recht war bei der Erstellung von Präventionskonzepten und der Erarbeitung von Maßnahmen am Hof behilflich. Die Landeskammer stand bei der rechtlich korrekten Errichtung und dem Betrieb von Selbstbedienungsläden und Automaten beratend zur Seite und konnte auch der Christbaumverkauf ohne weitere Probleme erfolgen. Beim Umgang mit Quarantäne-Bescheiden und den damit verbundenen Auswirkungen für landwirtschaftliche Betriebe sowie bei (vermeintlichen) Lockdown-Verstößen konnten wir auch gegenüber den Behörden unterstützend und vermittelnd agieren.
Novellen zum Steiermärkischen Bau- und Raumordnungsgesetz
Seit Jahren werden Verhandlungen zur Novellierung des Steiermärkischen Bau- und Raumordnungsgesetzes geführt. Die Landeskammer setzt sich dabei stets für Regelungen im Sinne der steirischen Land- und Forstwirtschaft ein. Mit Februar 2020 sind nunmehr zwei Novellierungen in Kraft getreten – es kam sowohl zu Änderungen im Steiermärkischen Baugesetz (zB Einschränkung des nachträglichen Auflageverfahrens, Entfall der zweiten Bauinstanz, Ausdehnung des Feststellungsverfahrens), wie auch im Steiermärkischen Raumordnungsgesetz (zB hinsichtlich des Einstellens von Reittieren, Beschränkung der Errichtung von Wohnbauten im Dorfgebiet außerhalb der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung). Da bis dato keine Einigung hinsichtlich neuer Regelungen betreffend „Geruch“ erzielt werden konnte, wird aktuell an einer Lösung weitergearbeitet. Insbesondere soll gewährleistet werden, dass sowohl im Steiermärkischen Raumordnungsgesetz, wie auch im Steiermärkischen Baugesetz der gleiche Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt wird.
Erstellung von geruchs-immissionstechnischen Vorbeurteilungen und Gutachten
Seit August 2019 werden durch die Abteilung Recht sowohl geruchs-immissionstechnische Vorbeurteilungen als auch Gutachten für Stallbauprojekte angeboten. Mit der Erstellung von geruchs-immissionstechnischen Vorbeurteilungen wird LandwirtInnen die Möglichkeit geboten, bereits vor der Einleitung eines Bauverfahrens und der Erstellung umfassender Einreichunterlagen, die baurechtliche Bewilligungsfähigkeit eines Projektes in Bezug auf die Geruchsthematik abzuklären. Ferner werden für Bauverfahren geruchs-immissionstechnische Gutachten angeboten, nach welchen momentan eine große Nachfrage besteht, da diese für Bauverfahren seit Juni 2019 nicht mehr von Amtssachverständigen der Abteilung 15 des Landes Steiermark erstellt werden.
Freizeitnutzung – Nachbarrechte
Durch die Pandemie veränderte sich auch das Freizeitverhalten der Menschen. Es kam zu einem verstärkten Aufenthalt in der Natur und damit zwangsläufig auch auf Privateigentum von LandwirtInnen. Insbesondere im Bereich der Almen und im Wald konnte auf die bereits im Vorjahr ergangen Judikatur zur Haftungsthematik (Stichwort „Kuhurteil“) aufgebaut werden. Durch Beratungen und das Verfassen von Artikeln konnte auf die erforderliche Rücksichtnahe und den Respekt gegenüber der Landwirtschaft als Lebensgrundlage hingewirkt werden. Durch die Informationen der Abteilung Recht kennen die LandwirtInnen ihre Rechte und Pflichten immer besser und ergibt sich daraus auch eine stärkere Position gegenüber der Anliegen von Gemeinden und Tourismusverbänden hinsichtlich der Errichtung von Wanderwegen und Mountainbikestrecken.
Weiß grüne Freizeitpolizze
Die Freizeitpolizze des Landes Steiermark, welche nach Abschluss einer Vereinbarung bzw. nach Freigabe eines Weges zur Freizeitnutzung in Anspruch genommen werden kann, wurde auf Betreiben der Abteilung Recht adaptiert.
2019 wurde in die Polizze aufgenommen, dass eine Haftungsübernahme des Risikos für die befugten Bewirtschafter von an den versicherten Wegen angrenzenden land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen oder Almgebieten, insbesondere auch die landwirtschaftliche Viehhaltung, wie bei einer landwirtschaftlichen Betriebshaftlichtversicherung erfolgt. Ebenfalls konnte fixiert werden, dass der Versicherungsschutz auch für die Innehabung von landwirtschaftlich genutzten Objekten und Bauwerken im unmittelbaren Wegebereich gilt.
Als zusätzliche Absicherung konnte 2020 die Deckungssumme der Freizeitpolizze von derzeit 3.000.000 € auf 5.000.000 € erhöht werden. Zusätzlich wurden gemeinsam mit der zuständigen Landesabteilung und der UNIQA einige Klarstellungen betreffend des Haftungsumfanges ausverhandelt und in die erläuternde Broschüre der Freizeitpolizze aufgenommen werden.
Steuerreferat allgemein
Eine weitere Zunahme war bei Anfragen zum Thema Steuerrecht zu verzeichnen. Die Themenstellungen werden komplexer. Sehr häufig ist die Abgrenzung zwischen Landwirtschaft und Gewerbe zu prüfen. Nicht zuletzt dadurch, dass im Bereich der Landwirtschaft neben der Urproduktion nach Zuverdienstmöglichkeiten gesucht wird und daraus erzielte Gewinne nicht von der Pauschalierung erfasst sind. Insbesondere bei NebenerwerbslandwirtInnen ergibt sich meist eine Steuerpflicht. Es gab rund 200 umfassende Beratungen bei Steuererklärungen und damit verbunden zu unterschiedlichsten steuerrechtlichen Themenbereichen (land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeiten, Privatzimmervermietung, Grundstücksverkauf, Waldverkauf, Photovoltaik uvm.).
Neuerungen bei Pauschalierungsverordnung
Auf Betreiben der Interessensvertretung kam es zu wichtigen Änderungen der LuF-PauschVO 2015. Einige Vollpauschalierungsgrenzen wurden ersatzlos gestrichen (60 Hektar Flächengrenze, 120 Vieheinheiten-Grenze, 10 Hektar Intensivobstbaugrenze bei Tafelobst). Es kam zu einer Anhebung der „steuerlichen Gewerblichkeitsgrenze“ (Nebentätigkeiten und Be-/Verarbeitung) auf insgesamt 40.000 €. Im Forstbereich wurde die Vollpauschalierungsgrenze auf 15.000 € angehoben. Teilpauschalierte Forstbetrieben steht nun bei Kalamität ein um 20 Prozentpunkte höhere Ausgabensatz zu. Im Gartenbaubereich kam es zu einer Erweiterung der „Wiederverkaufsregelung“. Auch Landwirte, welche Produkte „für deren erwerbsmäßige Produktion“ benötigen, gelten als Wiederverkäufer.
Gewinnverteilung auf 3 Jahre eingeführt
Ab dem Veranlagungsjahr 2020 ist für teilpauschalierte Betriebe, für Einnahmen-Ausgaben-Rechner und für Betriebe mit doppelter Buchführung auf Antrag eine Gewinnverteilung auf drei Jahre möglich. In Einzelfällen kann sich dadurch eine wesentliche Steuerersparnis ergeben. Eine steuerliche Beratung durch die Steuerexperten der Landwirtschaftskammer ist dabei jedenfalls zu empfehlen.
Anhebung der Buchführungsgrenze
Mit 1. Jänner 2020 trat die alte Buchführungsgrenze (betrifft die doppelte Buchführung/Bilanzierung!) von 550.000 € außer Kraft und wurde durch 700.000 € ersetzt. Bereits die Umsätze 2018 und 2019 können nach der neuen Grenze von 700.000 € beurteilt werden. Die für die Anwendung der voll- bzw. teilpauschalierten Gewinnermittlung relevante Grenze von 400.000 € ist unverändert.
Beschäftigung von Arbeitskräften
Im Jahr 2020 betrug das Saisonierkontingent 553 Plätze und das Erntehelferkontingent für sechs Wochen 59 Plätze. Erstmals gab es für die Saisonspitzenzeiten Mai bis September einen Überziehungsrahmen von 20 % um den Bedarf einigermaßen abdecken zu können. Zur Unterstützung für die heimischen Betriebe werden die Beratungsunterlagen „Beschäftigung von Arbeitskräften in der Land- und Forstwirtschaft“ sowie die Praktikantenbroschüre jährlich aktualisiert angeboten, wie wohl aufgrund der zunehmenden Komplexität auf eine professionelle Lohnverrechnung verwiesen wird.
Entlastungspaket 2020
Absenkung des Anrechnungsprozentsatzes beim fiktiven Ausgedinge von 13% auf 10%
Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb übergeben, verkauft, verpachtet oder auf anderer Weise zur Bewirtschaftung überlassen, so werden für die Berechnung der Ausgleichszulage zur Pension nicht die tatsächlichen Gegenleistungen angerechnet, sondern das fiktive Ausgedinge ausgehend vom Einheitswert des überlassenen Betriebes.
Die Absenkung des Anrechnungsprozentsatzes beim fiktiven Ausgedinge von 13 % auf 10 % des anzuwendenden Ausgleichszulagen-Richtsatzes führt zu höheren Ausgleichszulagen zu den Pensionen.
Streichung des Solidaritätsbeitrages der Pensionisten in Höhe von 0,5%
Der Solidaritätsbeitrag in Höhe von 0,5 %, der ausschließlich von bäuerlichen Pensionen abgezogen wurde (von der Pension samt Pensionssonderzahlung, Kinderzuschüssen und Ausgleichszulage), wird rückwirkend mit 1. Jänner 2020 abgeschafft.
Erhöhung der Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung hauptberuflich beschäftigter Kinder bis zum 27. Lebensjahr
Aufgrund der Altersstruktur in der Landwirtschaft und dem immer später möglichen Pensionsantritt werden landwirtschaftliche Betriebe vielfach erst nach dem 30. Lebensjahr übernommen. Bis dahin arbeiten die künftigen HofübernehmerInnen vielfach im Betrieb der Eltern mit.
Durch die Einführung des Pensionskontos mit einer lebenslangen Durchrechnung, bei der jedes Arbeitsjahr erfasst wird, führen niedrige Beitragsgrundlagen zu geringeren Pensionen.
Zur Abfederung wird für hauptberuflich beschäftigte Kinder in der Land- und Forstwirtschaft die Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung von einem Drittel auf die Hälfte der Beitragsgrundlage des Betriebsführers rückwirkend ab 1. Jänner 2020 erhöht.
Diese Erhöhung wird öffentlich finanziert und führt zu höheren Gutschriften auf dem Pensionskonto für die künftigen Hofübernehmer.
Senkung der Krankenversicherungs-Mindestbeiträge und Streichung des Zusatzbeitrages von 3% bei Option
Durch die Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung im Bauern-Sozialversicherungsgesetz kommt es zu einer Entlastung im bäuerlichen Bereich und einer Angleichung an die entsprechenden Werte auf das Niveau nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (Arbeiter und Angestellte) und nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (Gewerbetreibende).
Die Krankenversicherungs-Mindestbeitragsgrundlage für Bäuerinnen und Bauern wird von 850,07 € auf 460,66 € rückwirkend ab 1. Jänner 2020 herabgesetzt.
Statt einem monatlichen Mindestbeitrag von 57,80 € (6,8 % von 850,07 €) ist nun ein Krankenversicherungsbeitrag von mindestens 31,32 € zu entrichten.
Auch bei der Großen Option (Beitragsgrundlage: Einkommen laut Einkommenssteuerbescheid statt pauschal nach Einheitswert) wird die Mindestbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung auf das allgemein gültige Niveau aller Versicherten herabgesetzt und der Zusatzbeitrag von 3 % der Beitragssumme gestrichen. Auch diese Neuregelungen treten rückwirkend mit 1. Jänner 2020 in Kraft.
Erstellung von Gutachten
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 35 Gutachten erstellt. Den Schwerpunkt stellten die Gutachten zu landwirtschaftlichen Fragestellungen dar, wobei die Auftragsinhalte von der Erstellung von Gutachten hinsichtlich der Ermittlung des Verkehrswertes im Verlassenschaftsverfahren, über die Ermittlung des gemeinen Wertes von Liegenschaften für steuerliche Angelegenheiten zum Zwecke der Realteilung von ideell geteilten Liegenschaften, bis hin zur Ermittlung des Verkehrswertes bei Flächenablösen reichten. Die Ermittlung von Flur- und Folgeschäden betrafen die Entschädigungszahlungen an GrundeigentümerInnen im Zuge der Errichtung von Telekommunikationsleitungen, Stromleitungen, Abwasserleitungen oder Trinkwasserleitungen. Die Gutachten hinsichtlich Grundinanspruchnahmen betrafen Grundablösen für die Errichtung von Rückhaltebecken, die Errichtung von Lawinenschutzdämmen, die Ausweisung und Erweiterung von Quellschutzgebieten bzw. –zonen sowie die Bewertung von künftigen Deponieflächen für Retentionsmaterial. Die Verkehrswertermittlung für Grundstücke wurde für landwirtschaftliche Grundstücke, höherwertiges Grünland, Baurandlage sowie bereits gewidmetes oder in Umwidmung befindliches Bauland und Flächen mit Ausweisung von Sondernutzungen im Freiland durchgeführt. Die Gutachten bei Tierschäden betrafen Rinder, die auf Grund von Eurofighter Typhoon Überflügen und den daraus resultierenden Schadensfällen, bedingt durch die enorme Lärmimmission in Verbindung mit dem Fluchtverhalten der Tiere, verendeten.
Vergütungsrichtlinien für die Inanspruchnahme
Bereits im Jahr 2019 wurden die Vergütungsrichtlinien für die Inanspruchnahme land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke umfangreich überarbeitet und werden ab Jänner 2020 kostenpflichtig verkauft. Die Entschädigungsrichtlinien werden von der Abteilung Recht erstellt, um die durch die Inanspruchnahme von land- und forstwirtschaftlichen Flächen hervorgerufenen vermögensrechtlichen Nachteile bewerten zu können.
Grundinanspruchnahmen
Auch in diesem Berichtsjahr wurden die LandwirtInnen im Sinne unseres interessenpolitischen Auftrages bei Infrastrukturprojekten in Form von der Führung von Vertragsverhandlungen und Beratungen unterstützt. Dabei handelte es sich um Grundinanspruchnahmen durch die Errichtung und den Betrieb von Windparks, 110 kV Stromfreileitungen, 20 kV bis 110 kV Erdkabelleitungen, Gasleitungen, Wegeanlagen, Telekommunikationsanlagen wie Lichtwellenleiter und Mobilfunkmasten, Bodenaushubdeponien, Wasserkraftwerke und Hochwasserrückhaltebecken. Ebenfalls unterstützt wurde bei Verhandlungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Schließung von Eisenbahnübergängen.
Photovoltaik
Den LandwirtInnen werden Options-und/oder Dienstbarkeitsverträge vorgelegt, welche die langfristige Zurverfügungstellung von Flächen regeln, auf denen PV-Anlagen errichtet werden sollen. Die Verträge werden in sehr hoher Anzahl an die Abteilung Recht zur Kontrolle übermittelt und kontrolliert bzw. die LandwirtInnen dazu beraten und Videokonferenzen auch mit Projektbetreibern abgehalten. Neben dieser Einzelberatung wurden mit zwei Betreibern bereits Musterverträge verhandelt. Zusätzlich wurde, momentan einzigartig auf LK-Ebene in Österreich, ein Mustervertrag ausgearbeitet, welcher den LandwirtInnen und den Projektbetreibern übermittelt wird. Dieser wurde bereits auch einigen Vertragsabschlüssen zugrunde gelegt. Mittlerweile suchen viele Projektbetreiber den Kontakt unmittelbar zur Abteilung Recht der Landwirtschaftskammer Steiermark, damit eine vernünftige Vertragsgestaltung gefunden werden kann. Unsere intensive Auseinandersetzung mit dem Thema schlägt sich insbesondere dahingehend nieder, dass seitens der Projektbetreiber die zunächst geforderten „Knebelverträge“ so gut wie nicht mehr existieren und die LandwirtInnen solche auch nicht mehr unterfertigen. Bestimmte Vertragsbestandteile wie Bankgarantien für den Rückbau, die doppelte Bindung des Entgelts an die installierte Leistung der Anlage und das Flächenausmaß oder die Bezahlung eines Optionsentgelts uvm konnten zugunsten der LandwirtInnen durch unzählige Verhandlungen/Beratungen etabliert werden. Die aktive Unterstützung der LandwirtInnen führt auch dazu, dass in der Steiermark die höchsten Entschädigungen österreichweit bezahlt werden.
Wasserrecht
Im Jahr 2020 wurden vermehrt Beratungen in den Bereichen der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht für eine Quellnutzung bzw. Brunnennutzung und hinsichtlich artesischer Brunnen in Anspruch genommen. Unabhängig von dieser verwaltungsrechtlichen Seite wurden viele zivilrechtliche Wasserdienstbarkeitsverträge, welche das Verhältnis zwischen Grundeigentümer und den zum Wasserbezug berechtigten Personen regeln, überprüft und diesbezügliche Beratungen durchgeführt.
- Arbeitsrecht
- Bau- und Raumordnungsrecht
- Bäuerliche Hofübergabe
- Betriebskonzepte für Bauen im Freiland
- Bewertungsfragen
- Datenschutz
- Ermittlung von Flur- und Folgeschäden
- Familien- und Erbrecht
- Geografischer Herkunftsschutz und Markenrecht
- Grundinanspruchnahme (Entschädigungen,…)
- Gutachten zu landwirtschaftlichen Fragestellungen
- Gutachten zu Tierschäden
- Pachtverträge
- Servitutsrecht, Straßen-, Wege- und Nachbarrecht
- sozialversicherungsrechtliche Angelegenheiten (Pension, Pflegegeld, Arbeitsunfälle,…), Anmeldung von Saisonarbeitskräften und Erntehelfern
- abgaben- und steuerrechtliche Angelegenheiten (Einkommenssteuer, Umsatzsteuer, Hilfestellungen bei Steuererklärungen,…)
- Umweltrecht (Geruchstechnische Stellungnahmen und Vorbeurteilungen,…)
- Verwaltungs(verfahrens)recht
- Zivilrecht
Die Abteilung Recht bietet neben telefonischer und schriftlicher Beratung auch Sprechtage in den Bezirkskammern sowie in der Landeskammer an.
Jährlich können rund 15.000 Kundenkontakte bei Rechtsberatungen (persönlich im Büro, schriftlich, telefonisch, vor Ort und in der Gruppe) verzeichnet werden.
Weiters haben zahlreiche Vertretungen vor Behörden/Gerichten stattgefunden. Im Jahr 2020 fanden 173 Verhandlungen vor den Sozialgerichten in Graz und Leoben statt. Coronabedingt konnten monatelang keine Untersuchungen durch die Sozialversicherungsanstalten stattfinden und wurden dementsprechend weniger Bescheide in Pflegegeldangelegenheiten erlassen. Pandemiebedingt wurden eine Zeit lang Sozialgerichtsverhandlungen seitens der Landesgerichte ausgesetzt.
Die Abteilung Recht ist auch für die Begutachtung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen verantwortlich. Im Jahr 2020 wurden 188 Gesetzes- und Verordnungsentwürfe begutachtet dh auf ihre Relevanz für die Land- und Forstwirtschaft überprüft und die notwendigen Stellungnahmen abgegeben.
Die MitarbeiterInnen der Abteilung Recht geben ihr Wissen in den Meisterkursen der landwirtschaftlichen Berufsausbildung für den gesamten Block Recht und teilweise auch in Kursen des Ländlichen Fortbildungsinstitutes weiter. In diesem Bereich kam es zu zahlreichen Digitalisierungsvorgängen, da sowohl die Meisterkurse als auch Vorträge online abgehalten und dementsprechend an die neue Situation angepasst werden mussten.
Das Jahr 2020 war wohl sehr durch die Corona-Pandemie geprägt. Dementsprechend musste in allen Rechtsbereichen auf die ständig neuen Verordnungen und Gesetze, welche auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft hatten und haben, reagiert werden.
Landwirtschaftskammerwahl 2021
Die Vorbereitungen für die Landwirtschaftskammerwahl im Jänner 2021 starteten bereits im Frühjahr 2020 mit dem Ersuchen um Datenübermittlung durch die Finanzverwaltung, die Träger der gesetzlichen Kranken- und Pensionsversicherung und die Agrarmarkt Austria. Die übermittelten Daten wurden entsprechend aufbereitet und in gemeindeweise gegliederte Mitgliederverzeichnisse erfasst.
Mit 23. Juli 2020 wurde die Änderung der Landwirtschaftskammer-Wahlordnung 2005 – LWK-WO verlautbart. Die wesentlichen Änderungspunkte in der LWK-WO 2005 umfassten, die Neuregelung der Vergütung der Mitglieder der Wahlbehörden (§ 17), die Änderung der Bestimmung über den Beginn der Auflagefrist der WVZ (§ 21), der Wegfall der Einrichtung der Wahlsprengel (§ 35) und die Verringerung der Anzahl von Wahlzeugen in jedem Wahllokal (§ 41).
Bereits im August ergingen erste Informationsschreiben mit allgemeinen Wahlinformationen und Informationen über den Zugang zur WahlApp an alle Gemeinden, denen laut gesetzlichem Auftrag die endgültige Erstellung der Wählerverzeichnisse obliegt. Zeitgleich wurden auch sämtliche FunktionärInnen und MitarbeiterInnen mit einem Wahlinformationsschreiben informiert.
Am 8. September 2020 hat der Hauptausschuss der Landeskammer für Land- und Forstwirtschaft die Wahl für den 24. Jänner 2021 ausgeschrieben.
Im Zeitraum von 30. September bis 14. Oktober 2020 wurden in Online-Schulungen bei insgesamt zwölf Terminen die verantwortlichen MitarbeiterInnen aller steirischen Gemeinden in der Anwendung der WahlApp für die Online-Bearbeitung der Wählerlisten und in den rechtlichen Grundlagen betreffend das Wahlrecht erfolgreich geschult.
Bis Freitag, dem 4. Dezember 2020 hatten die Gemeinden die Wählerverzeichnisse abschließend anzulegen. Die Abteilung Recht war in ständigem Austausch mit den Gemeinden und unterstützte diese bestmöglich bei der Abklärung sämtlicher rechtlicher Fragestellungen, die sich im Zuge der Anlegung er Wählerverzeichnisse ergaben.
Vor allem aufgrund der Corona-Pandemie traten im Zusammenhang mit der Durchführung der Landwirtschaftskammerwahl zahlreiche Fragestellungen auf, welche einer rechtlichen Abklärung bedurften.
Sämtliche erforderlichen Maßnahmen hinsichtlich der fristgerechten Umsetzung der Landwirtschaftskammerwahl 2021 konnten seitens der Abteilung Recht erfolgreich umgesetzt werden.
Familien- und Erbrecht
Umständehalber befassten sich die Menschen im Jahr 2020 vermehrt mit dem eigenen Ableben. Im Bereich des Erbrechts konnten daher verstärkte Anfragen zum Thema Testament und Vorsorge für den Krankheits- und Todesfall, Hofübergabe und Regelung der Erbfolge behandelt werden. Auch die Beratung zum Thema Scheidung und Trennung wurde verstärkt in Anspruch genommen.
Direktvermarktung
In den Bereichen der Direktvermarktung und der Buschenschankbetriebe musste auf die coronabedingten Einschränkungen reagiert werden. Die Abteilung Recht war bei der Erstellung von Präventionskonzepten und der Erarbeitung von Maßnahmen am Hof behilflich. Die Landeskammer stand bei der rechtlich korrekten Errichtung und dem Betrieb von Selbstbedienungsläden und Automaten beratend zur Seite und konnte auch der Christbaumverkauf ohne weitere Probleme erfolgen. Beim Umgang mit Quarantäne-Bescheiden und den damit verbundenen Auswirkungen für landwirtschaftliche Betriebe sowie bei (vermeintlichen) Lockdown-Verstößen konnten wir auch gegenüber den Behörden unterstützend und vermittelnd agieren.
Novellen zum Steiermärkischen Bau- und Raumordnungsgesetz
Seit Jahren werden Verhandlungen zur Novellierung des Steiermärkischen Bau- und Raumordnungsgesetzes geführt. Die Landeskammer setzt sich dabei stets für Regelungen im Sinne der steirischen Land- und Forstwirtschaft ein. Mit Februar 2020 sind nunmehr zwei Novellierungen in Kraft getreten – es kam sowohl zu Änderungen im Steiermärkischen Baugesetz (zB Einschränkung des nachträglichen Auflageverfahrens, Entfall der zweiten Bauinstanz, Ausdehnung des Feststellungsverfahrens), wie auch im Steiermärkischen Raumordnungsgesetz (zB hinsichtlich des Einstellens von Reittieren, Beschränkung der Errichtung von Wohnbauten im Dorfgebiet außerhalb der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung). Da bis dato keine Einigung hinsichtlich neuer Regelungen betreffend „Geruch“ erzielt werden konnte, wird aktuell an einer Lösung weitergearbeitet. Insbesondere soll gewährleistet werden, dass sowohl im Steiermärkischen Raumordnungsgesetz, wie auch im Steiermärkischen Baugesetz der gleiche Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt wird.
Erstellung von geruchs-immissionstechnischen Vorbeurteilungen und Gutachten
Seit August 2019 werden durch die Abteilung Recht sowohl geruchs-immissionstechnische Vorbeurteilungen als auch Gutachten für Stallbauprojekte angeboten. Mit der Erstellung von geruchs-immissionstechnischen Vorbeurteilungen wird LandwirtInnen die Möglichkeit geboten, bereits vor der Einleitung eines Bauverfahrens und der Erstellung umfassender Einreichunterlagen, die baurechtliche Bewilligungsfähigkeit eines Projektes in Bezug auf die Geruchsthematik abzuklären. Ferner werden für Bauverfahren geruchs-immissionstechnische Gutachten angeboten, nach welchen momentan eine große Nachfrage besteht, da diese für Bauverfahren seit Juni 2019 nicht mehr von Amtssachverständigen der Abteilung 15 des Landes Steiermark erstellt werden.
Freizeitnutzung – Nachbarrechte
Durch die Pandemie veränderte sich auch das Freizeitverhalten der Menschen. Es kam zu einem verstärkten Aufenthalt in der Natur und damit zwangsläufig auch auf Privateigentum von LandwirtInnen. Insbesondere im Bereich der Almen und im Wald konnte auf die bereits im Vorjahr ergangen Judikatur zur Haftungsthematik (Stichwort „Kuhurteil“) aufgebaut werden. Durch Beratungen und das Verfassen von Artikeln konnte auf die erforderliche Rücksichtnahe und den Respekt gegenüber der Landwirtschaft als Lebensgrundlage hingewirkt werden. Durch die Informationen der Abteilung Recht kennen die LandwirtInnen ihre Rechte und Pflichten immer besser und ergibt sich daraus auch eine stärkere Position gegenüber der Anliegen von Gemeinden und Tourismusverbänden hinsichtlich der Errichtung von Wanderwegen und Mountainbikestrecken.
Weiß grüne Freizeitpolizze
Die Freizeitpolizze des Landes Steiermark, welche nach Abschluss einer Vereinbarung bzw. nach Freigabe eines Weges zur Freizeitnutzung in Anspruch genommen werden kann, wurde auf Betreiben der Abteilung Recht adaptiert.
2019 wurde in die Polizze aufgenommen, dass eine Haftungsübernahme des Risikos für die befugten Bewirtschafter von an den versicherten Wegen angrenzenden land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen oder Almgebieten, insbesondere auch die landwirtschaftliche Viehhaltung, wie bei einer landwirtschaftlichen Betriebshaftlichtversicherung erfolgt. Ebenfalls konnte fixiert werden, dass der Versicherungsschutz auch für die Innehabung von landwirtschaftlich genutzten Objekten und Bauwerken im unmittelbaren Wegebereich gilt.
Als zusätzliche Absicherung konnte 2020 die Deckungssumme der Freizeitpolizze von derzeit 3.000.000 € auf 5.000.000 € erhöht werden. Zusätzlich wurden gemeinsam mit der zuständigen Landesabteilung und der UNIQA einige Klarstellungen betreffend des Haftungsumfanges ausverhandelt und in die erläuternde Broschüre der Freizeitpolizze aufgenommen werden.
Steuerreferat allgemein
Eine weitere Zunahme war bei Anfragen zum Thema Steuerrecht zu verzeichnen. Die Themenstellungen werden komplexer. Sehr häufig ist die Abgrenzung zwischen Landwirtschaft und Gewerbe zu prüfen. Nicht zuletzt dadurch, dass im Bereich der Landwirtschaft neben der Urproduktion nach Zuverdienstmöglichkeiten gesucht wird und daraus erzielte Gewinne nicht von der Pauschalierung erfasst sind. Insbesondere bei NebenerwerbslandwirtInnen ergibt sich meist eine Steuerpflicht. Es gab rund 200 umfassende Beratungen bei Steuererklärungen und damit verbunden zu unterschiedlichsten steuerrechtlichen Themenbereichen (land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeiten, Privatzimmervermietung, Grundstücksverkauf, Waldverkauf, Photovoltaik uvm.).
Neuerungen bei Pauschalierungsverordnung
Auf Betreiben der Interessensvertretung kam es zu wichtigen Änderungen der LuF-PauschVO 2015. Einige Vollpauschalierungsgrenzen wurden ersatzlos gestrichen (60 Hektar Flächengrenze, 120 Vieheinheiten-Grenze, 10 Hektar Intensivobstbaugrenze bei Tafelobst). Es kam zu einer Anhebung der „steuerlichen Gewerblichkeitsgrenze“ (Nebentätigkeiten und Be-/Verarbeitung) auf insgesamt 40.000 €. Im Forstbereich wurde die Vollpauschalierungsgrenze auf 15.000 € angehoben. Teilpauschalierte Forstbetrieben steht nun bei Kalamität ein um 20 Prozentpunkte höhere Ausgabensatz zu. Im Gartenbaubereich kam es zu einer Erweiterung der „Wiederverkaufsregelung“. Auch Landwirte, welche Produkte „für deren erwerbsmäßige Produktion“ benötigen, gelten als Wiederverkäufer.
Gewinnverteilung auf 3 Jahre eingeführt
Ab dem Veranlagungsjahr 2020 ist für teilpauschalierte Betriebe, für Einnahmen-Ausgaben-Rechner und für Betriebe mit doppelter Buchführung auf Antrag eine Gewinnverteilung auf drei Jahre möglich. In Einzelfällen kann sich dadurch eine wesentliche Steuerersparnis ergeben. Eine steuerliche Beratung durch die Steuerexperten der Landwirtschaftskammer ist dabei jedenfalls zu empfehlen.
Anhebung der Buchführungsgrenze
Mit 1. Jänner 2020 trat die alte Buchführungsgrenze (betrifft die doppelte Buchführung/Bilanzierung!) von 550.000 € außer Kraft und wurde durch 700.000 € ersetzt. Bereits die Umsätze 2018 und 2019 können nach der neuen Grenze von 700.000 € beurteilt werden. Die für die Anwendung der voll- bzw. teilpauschalierten Gewinnermittlung relevante Grenze von 400.000 € ist unverändert.
Beschäftigung von Arbeitskräften
Im Jahr 2020 betrug das Saisonierkontingent 553 Plätze und das Erntehelferkontingent für sechs Wochen 59 Plätze. Erstmals gab es für die Saisonspitzenzeiten Mai bis September einen Überziehungsrahmen von 20 % um den Bedarf einigermaßen abdecken zu können. Zur Unterstützung für die heimischen Betriebe werden die Beratungsunterlagen „Beschäftigung von Arbeitskräften in der Land- und Forstwirtschaft“ sowie die Praktikantenbroschüre jährlich aktualisiert angeboten, wie wohl aufgrund der zunehmenden Komplexität auf eine professionelle Lohnverrechnung verwiesen wird.
Entlastungspaket 2020
Absenkung des Anrechnungsprozentsatzes beim fiktiven Ausgedinge von 13% auf 10%
Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb übergeben, verkauft, verpachtet oder auf anderer Weise zur Bewirtschaftung überlassen, so werden für die Berechnung der Ausgleichszulage zur Pension nicht die tatsächlichen Gegenleistungen angerechnet, sondern das fiktive Ausgedinge ausgehend vom Einheitswert des überlassenen Betriebes.
Die Absenkung des Anrechnungsprozentsatzes beim fiktiven Ausgedinge von 13 % auf 10 % des anzuwendenden Ausgleichszulagen-Richtsatzes führt zu höheren Ausgleichszulagen zu den Pensionen.
Streichung des Solidaritätsbeitrages der Pensionisten in Höhe von 0,5%
Der Solidaritätsbeitrag in Höhe von 0,5 %, der ausschließlich von bäuerlichen Pensionen abgezogen wurde (von der Pension samt Pensionssonderzahlung, Kinderzuschüssen und Ausgleichszulage), wird rückwirkend mit 1. Jänner 2020 abgeschafft.
Erhöhung der Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung hauptberuflich beschäftigter Kinder bis zum 27. Lebensjahr
Aufgrund der Altersstruktur in der Landwirtschaft und dem immer später möglichen Pensionsantritt werden landwirtschaftliche Betriebe vielfach erst nach dem 30. Lebensjahr übernommen. Bis dahin arbeiten die künftigen HofübernehmerInnen vielfach im Betrieb der Eltern mit.
Durch die Einführung des Pensionskontos mit einer lebenslangen Durchrechnung, bei der jedes Arbeitsjahr erfasst wird, führen niedrige Beitragsgrundlagen zu geringeren Pensionen.
Zur Abfederung wird für hauptberuflich beschäftigte Kinder in der Land- und Forstwirtschaft die Beitragsgrundlage in der Pensionsversicherung von einem Drittel auf die Hälfte der Beitragsgrundlage des Betriebsführers rückwirkend ab 1. Jänner 2020 erhöht.
Diese Erhöhung wird öffentlich finanziert und führt zu höheren Gutschriften auf dem Pensionskonto für die künftigen Hofübernehmer.
Senkung der Krankenversicherungs-Mindestbeiträge und Streichung des Zusatzbeitrages von 3% bei Option
Durch die Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung im Bauern-Sozialversicherungsgesetz kommt es zu einer Entlastung im bäuerlichen Bereich und einer Angleichung an die entsprechenden Werte auf das Niveau nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (Arbeiter und Angestellte) und nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (Gewerbetreibende).
Die Krankenversicherungs-Mindestbeitragsgrundlage für Bäuerinnen und Bauern wird von 850,07 € auf 460,66 € rückwirkend ab 1. Jänner 2020 herabgesetzt.
Statt einem monatlichen Mindestbeitrag von 57,80 € (6,8 % von 850,07 €) ist nun ein Krankenversicherungsbeitrag von mindestens 31,32 € zu entrichten.
Auch bei der Großen Option (Beitragsgrundlage: Einkommen laut Einkommenssteuerbescheid statt pauschal nach Einheitswert) wird die Mindestbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung auf das allgemein gültige Niveau aller Versicherten herabgesetzt und der Zusatzbeitrag von 3 % der Beitragssumme gestrichen. Auch diese Neuregelungen treten rückwirkend mit 1. Jänner 2020 in Kraft.
Erstellung von Gutachten
Im Berichtsjahr wurden insgesamt 35 Gutachten erstellt. Den Schwerpunkt stellten die Gutachten zu landwirtschaftlichen Fragestellungen dar, wobei die Auftragsinhalte von der Erstellung von Gutachten hinsichtlich der Ermittlung des Verkehrswertes im Verlassenschaftsverfahren, über die Ermittlung des gemeinen Wertes von Liegenschaften für steuerliche Angelegenheiten zum Zwecke der Realteilung von ideell geteilten Liegenschaften, bis hin zur Ermittlung des Verkehrswertes bei Flächenablösen reichten. Die Ermittlung von Flur- und Folgeschäden betrafen die Entschädigungszahlungen an GrundeigentümerInnen im Zuge der Errichtung von Telekommunikationsleitungen, Stromleitungen, Abwasserleitungen oder Trinkwasserleitungen. Die Gutachten hinsichtlich Grundinanspruchnahmen betrafen Grundablösen für die Errichtung von Rückhaltebecken, die Errichtung von Lawinenschutzdämmen, die Ausweisung und Erweiterung von Quellschutzgebieten bzw. –zonen sowie die Bewertung von künftigen Deponieflächen für Retentionsmaterial. Die Verkehrswertermittlung für Grundstücke wurde für landwirtschaftliche Grundstücke, höherwertiges Grünland, Baurandlage sowie bereits gewidmetes oder in Umwidmung befindliches Bauland und Flächen mit Ausweisung von Sondernutzungen im Freiland durchgeführt. Die Gutachten bei Tierschäden betrafen Rinder, die auf Grund von Eurofighter Typhoon Überflügen und den daraus resultierenden Schadensfällen, bedingt durch die enorme Lärmimmission in Verbindung mit dem Fluchtverhalten der Tiere, verendeten.
Vergütungsrichtlinien für die Inanspruchnahme
Bereits im Jahr 2019 wurden die Vergütungsrichtlinien für die Inanspruchnahme land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke umfangreich überarbeitet und werden ab Jänner 2020 kostenpflichtig verkauft. Die Entschädigungsrichtlinien werden von der Abteilung Recht erstellt, um die durch die Inanspruchnahme von land- und forstwirtschaftlichen Flächen hervorgerufenen vermögensrechtlichen Nachteile bewerten zu können.
Grundinanspruchnahmen
Auch in diesem Berichtsjahr wurden die LandwirtInnen im Sinne unseres interessenpolitischen Auftrages bei Infrastrukturprojekten in Form von der Führung von Vertragsverhandlungen und Beratungen unterstützt. Dabei handelte es sich um Grundinanspruchnahmen durch die Errichtung und den Betrieb von Windparks, 110 kV Stromfreileitungen, 20 kV bis 110 kV Erdkabelleitungen, Gasleitungen, Wegeanlagen, Telekommunikationsanlagen wie Lichtwellenleiter und Mobilfunkmasten, Bodenaushubdeponien, Wasserkraftwerke und Hochwasserrückhaltebecken. Ebenfalls unterstützt wurde bei Verhandlungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Schließung von Eisenbahnübergängen.
Photovoltaik
Den LandwirtInnen werden Options-und/oder Dienstbarkeitsverträge vorgelegt, welche die langfristige Zurverfügungstellung von Flächen regeln, auf denen PV-Anlagen errichtet werden sollen. Die Verträge werden in sehr hoher Anzahl an die Abteilung Recht zur Kontrolle übermittelt und kontrolliert bzw. die LandwirtInnen dazu beraten und Videokonferenzen auch mit Projektbetreibern abgehalten. Neben dieser Einzelberatung wurden mit zwei Betreibern bereits Musterverträge verhandelt. Zusätzlich wurde, momentan einzigartig auf LK-Ebene in Österreich, ein Mustervertrag ausgearbeitet, welcher den LandwirtInnen und den Projektbetreibern übermittelt wird. Dieser wurde bereits auch einigen Vertragsabschlüssen zugrunde gelegt. Mittlerweile suchen viele Projektbetreiber den Kontakt unmittelbar zur Abteilung Recht der Landwirtschaftskammer Steiermark, damit eine vernünftige Vertragsgestaltung gefunden werden kann. Unsere intensive Auseinandersetzung mit dem Thema schlägt sich insbesondere dahingehend nieder, dass seitens der Projektbetreiber die zunächst geforderten „Knebelverträge“ so gut wie nicht mehr existieren und die LandwirtInnen solche auch nicht mehr unterfertigen. Bestimmte Vertragsbestandteile wie Bankgarantien für den Rückbau, die doppelte Bindung des Entgelts an die installierte Leistung der Anlage und das Flächenausmaß oder die Bezahlung eines Optionsentgelts uvm konnten zugunsten der LandwirtInnen durch unzählige Verhandlungen/Beratungen etabliert werden. Die aktive Unterstützung der LandwirtInnen führt auch dazu, dass in der Steiermark die höchsten Entschädigungen österreichweit bezahlt werden.
Wasserrecht
Im Jahr 2020 wurden vermehrt Beratungen in den Bereichen der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht für eine Quellnutzung bzw. Brunnennutzung und hinsichtlich artesischer Brunnen in Anspruch genommen. Unabhängig von dieser verwaltungsrechtlichen Seite wurden viele zivilrechtliche Wasserdienstbarkeitsverträge, welche das Verhältnis zwischen Grundeigentümer und den zum Wasserbezug berechtigten Personen regeln, überprüft und diesbezügliche Beratungen durchgeführt.