Kirschessigfliege bedroht steirischen Edel-Holunderanbau
Steirischer Holunder ist am Weltmarkt top, doch der Schädling bringt Holunderbauern in massive Bedrängnis
Die Nachfrage nach steirischem Edel-Holunder ist sehr gut. Aus den dunklen Beeren wird natürliche Lebensmittelfarbe gewonnen, sie finden auch guten Absatz im Pharmabereich. Die 350 steirischen Holunderbauern haben sich gemeinsam mit der steirischen Beerenobstgenossenschaft in den vergangenen Jahrzehnten zum Weltmarktführer hochgearbeitet. „Doch diese erfreuliche Entwicklung wird jetzt durch die Kirschessigfliege zunichtegemacht – ein aggressiver Schädling, der vor einigen Jahren aus Ostasien eingeschleppt wurde und sich bei uns festgesetzt hat“, bedauert Manfred Kohlfürst, Obmann der steirischen Erwerbsobstbauern.
Titschenbacher: Holunderanbau retten
„Die Holunderbauern dürfen diesem importierten, zerstörerischen Schädling nicht schutzlos ausgeliefert bleiben“, macht sich Präsident Franz Titschenbacher große Sorgen. Und er betont: „Der steirische Holunderanbau muss gerettet werden. Ein Schutz der Ernte ist notwendig.“ Er verlangt dringend Lösungen von Forschung und Wissenschaft zur Eindämmung dieses furchtbaren Schädlings. Außerdem ist es notwendig, die Ertragseinbußen der Holunderbauern solange abzufedern, bis praxistaugliche Konzepte vorhanden sind.
Gefährlicher Schädling zerstört Ernte in nur wenigen Tagen
Trotz guter Ernteerwartung werden heuer nur mehr vier Millionen Kilo geerntet – ein Einbruch von unglaublichen 40 Prozent gegenüber der noch Anfang August geschätzten Erntemenge. Einzelne Holunderbauern verzeichnen sogar Ernteeinbußen von bis zu 70 Prozent. Der gefährliche, aus Ostasien eingeschleppte Schädling befällt die Holunderbeeren knapp vor der Ernte, sodass die fast erntereifen Beeren dann innerhalb von nur wenigen Tagen abfallen. „Die Ernte ist trotz monatelangem Arbeitseinsatz für die Kulturpflege und großem finanziellen Aufwand zerstört und verloren“, sagt Kohlfürst. Er erwartet, dass aufgrund der Bedrohung durch die Kirschessigfliege die Anbaufläche von derzeit 1.000 Hektar erheblich zurückgehen wird und zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe aufgeben werden.
Gefahr auch für Arbeitsplätze
Nicht nur die 350 heimischen Holunderbauern zittern um ihre weitere Existenz, auch die Beerenobstgenossenschaft als Vermarktungseinrichtung der Bauern ist in Gefahr. „Wir befürchten, dass es zu Auslastungsproblemen kommt und die aufwendigen Kühl-, Gefrier- und
Lagereinrichtungen nicht mehr finanziert werden können“, ist Obmann Hannes Jöbstl besorgt. „Außerdem wird steirischer Holunder bei geringer Menge und höheren Gestehungskosten dann am Markt nur mehr schwer konkurrenzfähig sein“, gibt Jöbstl ebenso zu bedenken. Und weiter: „Zusätzlich zu den landwirtschaftlichen Arbeitsplätzen sind dadurch weitere 50 Arbeitsplätze im nachgelagerten Bereich latent unsicher.“
Professioneller Holunderanbau in der Steiermark seit 1980
Nach intensiven Forschungs- und Entwicklungsarbeiten begann in den 1980er Jahren in der Steiermark der professionelle Anbau von Edel-Holunder. Innerhalb von nur 15 Jahren stieg die Anbaufläche auf 1.000 Hektar. Der Höchststand wurde im Jahr 2010 mit 1.200 Hektar und einer Erntemenge von 10 Millionen Kilogramm erreicht. Die Steiermark und Ungarn (seit 2010) produzieren als einzige Länder größere Mengen an schwarzem Holunder. Aufgrund der sehr guten Qualität und der Lieferverlässlichkeit konnte sich die Steiermark trotz ungarischer Dumpingpreise als Weltmarktführer behaupten. Vor allem die Kirschessigfliege hat in den vergangenen Jahren zu einem Flächenrückgang von 17 Prozent oder 200 Hektar geführt. Für kommendes Jahr wird ein weiterer krasser Rückgang der Anbaufläche erwartet, sollte ein Ernteschutz nicht verfügbar sein.