Woher die Milch im Käse kommt
Einer langjährigen Forderung
der Landwirtschaftskammer
wird
auf EU-Ebene nun Rechnung
getragen. Bisher musste die
Herkunft nur bei bestimmten
Lebensmitteln (Eier, Rind-,
Schweine-, Schaf-, Ziegenund
Geflügelfleisch, Fisch, Honig
und Olivenöl) angegeben
werden. Bei verarbeiteten Lebensmitteln
fehlten derartige
Vorgaben gänzlich. Diese Lücke
soll nunmehr durch die
neue Durchführungsverordnung
(EU) Nr. 2018/775, die ab
1. April 2020 gilt, geschlossen
werden.
Primäre Zutat
Anhand dieser neuen Durchführungsverordnung
werden
nun Vorgaben zur Herkunftskennzeichnung
konkretisiert:
Ist das Ursprungsland oder der
Herkunftsort eines Lebensmittels
angegeben und ist dieses/
dieser nicht mit dem Ursprungsland
oder dem Herkunftsort
seiner primären Zutat
identisch, so
- ist auch das Ursprungsland
oder der Herkunftsort der primären
Zutat anzugeben; oder
- ist anzugeben, dass die primäre
Zutat aus einem anderen Ursprungsland
oder Herkunftsort
kommt, als das Lebensmittel.
Als „primäre Zutat“ eines Lebensmittels
gilt jene Zutat beziehungsweise
gelten jene Zutaten,
die über 50 Prozent dieses
Lebensmittels ausmachen
oder die die Verbraucher üblicherweise
mit der Bezeichnung
des Lebensmittels assoziieren
und für die meistens eine mengenmäßige
Angabe des Lebensmittels
vorgeschrieben ist.
Lebensmittel können mehr als
eine primäre Zutat aufweisen.
„Hergestellt in Österreich“
Die verpflichtende Angabe der
Herkunft kann nicht nur durch
unmittelbare Hinweise wie
„Qualität aus Österreich“ oder
„hergestellt in Österreich“ verursacht
werden. Auslöser können
genauso bildliche Darstellungen,
wie beispielsweise die
Abbildung einer rot-weiß-roten
Fahne sein. Keine Rolle spielt
dabei, ob die Angabe der Herkunft
freiwillig oder verpflichtend
angeführt wurde.
Selbes Sichtfeld
Die Verordnung gilt derzeit
nicht für geschützte geografische
Bezeichnungen
(z.B. „Steirisches Kürbiskernöl
g.g.A.“) und eingetragene
Marken. Ebenso wenig betroffen
sind verkehrsübliche Bezeichnungen
und Gattungsbezeichnungen,
die eine geografische
Angabe beinhalten
und auf Rezepturen abstellen
(Beispiele: „Frankfurter Würstel“,
„Kärntner Kasnudeln“,
„Wiener Schnitzel“ etc.).
Die Herkunftsinformation über
die primäre Zutat muss im selben
Sichtfeld wie der geografische
Hinweis angebracht sein
und eine bestimmte Mindestschriftgröße
aufweisen (75
Prozent der Herkunftsangabe,
jedoch zumindest 1,2 Millimeter).
Ab 1. April 2020 gültig
Die Verordnung gilt ab 1. April
2020 unverzüglich in allen
Mitgliedsstaaten. Lebensmittel,
die vor diesem Datum in
Verkehr gebracht oder gekennzeichnet
(d.h. verpackt und etikettiert)
wurden, können bis
zur Erschöpfung der Bestände
in Verkehr gebracht werden.
Details im November
Zur weiteren Klärung von Einzelfragen
und genaueren Auslegung,
was alles eine „primäre
Zutat“ ist, erarbeitet die
EU-Kommission einen „Fragen-
und-Antworten“-Katalog,
welcher im November 2019
zur Verfügung stehen soll. Eine
abschließende rechtliche Beurteilung
diverser Fragestellungen
ist zum aktuellen Zeitpunkt
daher leider nicht möglich.
Primäre Zutaten
- Käse. Bei einem Käse mit der Auslobung „aus Österreich“ ist künftig die Herkunft der Milch anzugeben, wenn diese nicht aus Österreich stammt.
- Erdbeerjoghurt: Das Lebensmittel besteht zu über 50 Prozent aus Milch. Da der Verbraucher mit dem Produkt jedenfalls auch Erdbeeren assoziiert, weist das Lebensmittel zwei primäre Zutaten auf.
Primärzutat feststellen
Als Parameter für die Ermittlung der
Primärzutat sind insbesondere nachfolgende
Punkte heranzuziehen:
- Die Zusammensetzung des Lebensmittels
- Die Gesamtaufmachung des Lebensmittels (Abbildungen etc.)
- Die Verbraucherwahrnehmung unter Berücksichtigung der Tatsache, ob die Zutat mit dem Namen des Lebensmittels in Verbindung gebracht wird.