Weiz: Klimawandel und Wasser für die Landwirtschaft zentrale Zukunftsfragen
Die Wasserverfügbarkeit und der gezielte Humusaufbau sind zwei zentrale Schlüssel, um die Auswirkungen der Klimaverschlechterung auf die Landwirtschaft zu entschärfen. Die Bauern und die Landwirtschaftskammer werden ihre bisherigen Aktivitäten mit dem neuen „Boden-Humus-Zentrum“ sowie dem Projekt „Steirerteich“ maßgeblich verstärken und erweitern. Gleichzeitig wird es immer wichtiger, die Wasserversorgung in Trockengebieten für den Obst- und Gemüsebau im Zuge von Infrastrukturvorhaben vorsorglich mitzudenken und sicherzustellen. Positives Vorbild ist der Bau des Plabutschtunnels, bei dem gleichzeitig eine gesonderte Wasserleitung miterrichtet wurde, die Wasser vom Norden in den Osten des Landes bringt.
Projekt Steirerteich setzt europaweite Maßstäbe für klimawandelangepasste Landwirtschaft.
Ab Anfang 2020 kann jeder steirische Betrieb kostenfrei per Mausklick mit dem Tool „Steirerteich“ die künftige Wasserverfügbarkeit für seine Flächen anhand von drei möglichen Klimaszenarien bis zum Jahr 2100 ablesen. Dieses vorausschauende Werkzeug dient der Entscheidungshilfe für die künftige Kulturartenwahl und gibt Orientierung, wo und in welcher Größe Bewässerungsteiche sinnvoll und machbar sind. Dieses Projekt hat ein europaweit einzigartiges Werkzeug für die Zukunftsplanung geschaffen. Bei Bedarf unterstützen in der Folge die Bewässerungsberater der Landwirtschaftskammer bei der Machbarkeit-Abklärung des Vorhabens, sowie bei Fragen zum Zugang zu diesem Planungstool.
Die LK-Wintergespräche gehen weiter
- Partnerschaftliche Zusammenarbeit. 6. Februar, 19 Uhr, GH Dibon-Weber, Köflach
- Landwirtschaft und Gesellschaft. 13. Februar, 19 Uhr, GH Schweinzger, Lang
- Regionalität. 27. Februar, 19 Uhr, Barmherzige Brüder Kainbach
- Tourismus. 3. März, 19 Uhr, Häuserl im Wald, Gröbming
- Jagd und Forst. 5. März, 19 Uhr, Forstliche Ausbildungsstätte Pichl
- Faktencheck Klima. 10. März, 19 Uhr, GH Amschl, Mühldorf
- Sozialversicherung. 12. März, 19 hr, GH Stocker, Furth
- Jugend. 17. März, 19 Uhr, Fachschule Schloss Feistritz
- Bär, Wolf, Luchs. 18. März, 19 Uhr, Tierzuchtzentrum Traboch
Boden-Humus-Zentrum. Blühflächen für Bienen und Insekten. Regenwürmer und gesunder Boden.
Ein humusreicher Boden speichert Wasser, schützt die Pflanzen besser vor Trockenheit und bei Starkregen den Boden vor Abschwemmung. Im neu eingerichteten Boden-Humus-Zentrum in der Bezirkskammer Südoststeiermark in Feldbach treiben seit Herbst des letzten Jahres vier erfahrene Boden-Experten den klimafitten Ackerbau mit den steirischen Bauern nachhaltig voran. Eine zentrale Rolle spielt dabei eine vielfältige Fruchtfolge mit einer im Idealfall ganzjährigen Begrünung mit speziellen insektenfreundlichen Blühpflanzen, die den Bienen und Insekten Nahrung bieten, von den Regenwürmern verwertet werden und so einen gesunden Boden schaffen.
Die bisher schon etwa 3.000 Hektar derart bewirtschafteten Flächen sollen in den kommenden Jahren verzehnfacht werden. Auch im Obst- und Weinbau sollen die Begrünungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten verjüngt werden, um den Bienen und Insekten stets frische Blüten zu bieten. Weiters geht es um wassersparende Bodenbearbeitung. Unabdingbar für den nachhaltigen Erfolg sind regionale Praxisversuche, die Züchtung von trocken- und hitzeresistenteren Sorten aus dem regionalen Genpool, sowie Anreize für die Bauern im Zuge der neuen EU-Agrarpolitik 2021+. Das Boden-Humus-Zentrum in Feldbach bietet den Bauern individuelle Beratung, veranstaltet Praxis- und Feldtage mit erfahrenen Praktikern in der Humus- und Zwischenfruchtanbauwirtschaft und hat ein ambitioniertes Weiterbildungsprogramm auf die Beine gestellt.
Wetterextreme dominierten das Vegetationsjahr 2019.
Ausgeprägte Wetterextreme haben der heimischen Landwirtschaft auch 2019 massiv zugesetzt. Erstmals war auch der nördlichste Teil der Steiermark stark von Trockenheit betroffen, ein Zeichen für ein besonders bedrohliches Gesicht des fortschreitenden Klimawandels. Der wärmste, sonnigste und trockenste Juni in der 253-jährigen Messgeschichte legte, gefolgt von anhaltender Hitze und Trockenheit, den Grundstein für enorme Ertragsausfälle bei Grünland im oberen Mur-, Mürz-, Liesing- und Ennstal. Dazu kamen starke Schäden durch Engerlinge im Ausseerland, aber auch im Raum Murau. In den südlichen Teilen des Landes war der für die Jugendentwicklung der Pflanzen so wichtige Mai generell zu kalt, zu trüb und zu feucht, sodass Kürbisse und andere Ackerfrüchte teils sogar erneut angebaut werden mussten. Gepaart mit der darauffolgenden Sommertrockenheit kam es auf wenig wasserhältigen Böden zu erheblichen Ertragsverlusten und verspäteter Reife. Hagel, Dürre, Frost, Überschwemmung und Wiederanbau verursachten in der Steiermark einen Gesamtschaden von 27,2 Millionen Euro.
Klimaverschlechterung bedroht Versorgungssicherheit. Ernährungssicherheit muss bei Politik und Verantwortungsträgern höchste Priorität haben.
Aktuelle Klimamodellierungen der Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) erwarten bis 2065 bei wichtigen Kulturen wie Mais, Weizen, gentechnikfreien Sojabohnen, Raps und Erdäpfeln dramatische Ertragseinbußen und somit eine drohende deutliche Unterversorgung (Annahme: +3,5 Grad Celsius im Sommer, +2,5 Grad im Winter, minus 20 Prozent weniger Jahresniederschlag, 2018). Diese alarmierenden Ergebnisse erfordern, dass Politik, Verantwortungsträger und Wissenschaft der Versorgungsicherheit sowie der regionalen, bäuerlichen Landwirtschaft höchste Priorität geben und auch ihr volles Gewicht dafür in die Waagschale werfen müssen. Es gilt die Verwundbarkeit und Abhängigkeit unseres Landes und der Bevölkerung durch klimaschädliche und oftmals minderwertige Lebensmittel-Importe zu vermeiden. Das große Ziel der steirischen Land- und Forstwirtschaft ist es, die Versorgungssicherheit in der Steiermark in höchstem Maße zu gewährleisten, zudem eine Verteilung der Wertschöpfung zwischen den Bauern und dem Handel gerechter zu gestalten, sowie den Konsumenten den Heimvorteil der regionalen Qualitätsprodukte deutlicher zu machen.