Paulownia wächst und wächst ...
Zu
Jahresbeginn 2012
suchte Roland Gutmann (34),
aus Bairisch Kölldorf im südoststeirischen
Hügelland, nach
einer sinnvollen Nutzung landwirtschaftlicher
Flächen seiner
Großeltern und nach einer
nachhaltigen Geldanlage. Gutmann
ist aktuell Lehrer an der
Sportmittelschule in Feldbach
für Deutsch, Informatik und
Turnen. Seinen Bezug zur
Landwirtschaft prägten Oma
und Opa. Neben Roland Gutmann
sind sein Bruder Matthias,
der in der Verkehrs- und
Hochbauabteilung des Landes
arbeitet, IT-Spezialist Lukas
Kniely und Chemiker Herfried
Eisler Teil des Teams.
Weltmeister beim Wachsen
Die Paulownia stammt aus den
warm-gemäßigten bis subtropischen
Gebieten Süd- und Ostasiens
und kam zu Beginn des
19. Jahrhunderts nach Europa.
Eine Unterart ist der „Blauglockenbaum“,
wegen der
sehr auffälligen Blüten soll es
der Lieblingsbaum von Kaiser
Franz Joseph gewesen sein.
Die Paulownia kann eines weltmeisterlich:
wachsen, sehr, sehr
schnell wachsen. Sechs Meter
und mehr im Jahr sind möglich.
Das sind bis zu drei Zentimeter
am Tag! Bei der Paulownia
ergänzen sich hohe Geschwindigkeit
im Wuchs und ausgezeichnete
physikalische Eigenschaften.
Die Umtriebszeit
liegt bei nur zwölf Jahren. Das
außerordentlich flotte Wachstum
erfordert viel Pflege. Für
astfreie Bloche muss bis zu
sechsmal im Jahr zur Säge gegriffen
werden.
Pluspunkte
Das Holz ist gut belastbar,
leicht zu bearbeiten und
schwindet kaum beim Trocknen.
Weitere Pluspunkte sind
hohe Beständigkeit gegen
Fäulnis und Schädlinge, gute
Dämm-Eigenschaften und ein
sehr hoher Flammpunkt von
400 Grad Celsius.
Verarbeitet wird Holz der Paulownia
zu Möbelstücken, Musikinstrumenten,
Wandverkleidungen
und Zwischenlagen bei
Brettsperrplatten. Beim Designmonat
2016 sorgte ein Sofa,
gefertigt aus massiver Paulownia,
der Tischlerei Lenz aus
Bad Gleichenberg für Aufsehen.
Auch rund 55.000 Tourenski
einer sehr bekannten Marke
haben einen Kern aus dem
leichten Holz.
„Die Paulownia ist eine spannende
Holzart, kaum ein anderer
Baum liefert in so kurzer
Zeit so viel Volumen. Ein Jahresring
ist mehrere Zentimeter
breit“, sagt Holztechnologe Ulrich
Müller von der Universität
für Bodenkultur. „Das Holz ist
mit einem Gewicht von 160 bis
190 Kilo pro Kubikmeter extrem
leicht und liegt nur etwas
über dem Gewicht von Balsa.“
Auch Holzcluster-Geschäftsführer
Christian Tippelreither,
glaubt an eine gedeihliche
Entwicklung: „Gerade bei den
neuen Holzverbundwerkstoffentwicklungen
spielt der Blauglockenbaum
eine wesentliche
Rolle. Trotz sehr geringem Gewicht
bietet das Holz eine sehr
gute Festigkeit. Paulownia hat
viel Potenzial, das es in Zukunft
zu nutzen gilt.“
Sortenfrage
Das ganze Projekt mag anfangs
vielleicht Hobbycharakter
gehabt haben – mittlerweile
sind das Team um Gutmann
wahre Paulownia-Experten.
Roland Gutmann hat in dieser
Zeit auch die Ausbildung zum
Forstfacharbeiter nachgeholt,
um in praktischen wie theoretischen
Belangen fit zu sein. Die
Flächen in Bad Gleichenberg
werden regelmäßig von Exkursionen
besucht, im Marchfeld
in Niederösterreich kommen
2020 weitere sechs Hektar neu
dazu. Insgesamt wachsen dann
auf rund elf Hektar Paulownia-
Bäume. Eine Studie gemeinsam
mit Professor Ulrich Müller
steht kurz vor der Fertigstellung.
Untersucht werden verschiedene
Sorten, die Abstände
der Bäume sowie Düngung und
Bewässerung. „Die besten Sorten
haben wir selbst gezüchtet,
wir erzielen teils bessere Ergebnisse,
als in den Lehrbüchern
steht“, so Gutmann.
Kräftig investiert
Das Quartett investierte rund
100.000 Euro in das Projekt.
„Verdient haben wir noch
nichts, mit dem Pflanzen-Verkauf
schreiben wir gerade eine
schwarze Null.“ Angeschafft
wurde etwa ein Traktor samt
Hebebühne, die bis acht Meter
hochgefahren werden kann.
„Ohne gespitzten Rechenstift
geht aber gar nichts“, betont
Gutmann. Jede Arbeitsstunde,
jede Investition wird kalkuliert.
Gutmann zum Deckungsbeitrag:
Nach zwölf Jahren sind
360 Festmeter pro Hektar möglich,
bei einem Preis von rund
200 Euro pro Festmeter für
Qualitätsholz. Bei einem Aufwand
von rund 30.000 Euro ist
das unterm Strich ein sehr gutes
Ergebnis!“ Die Auszeichnung
ist für alle eine ganz große
Ermutigung zum Weitermachen.
„Obwohl wir erst am
Beginn stehen, sind die ersten
Ergebnisse hinsichtlich Holzeigenschaften
und Verbesserung
des Bodens enorm vielversprechend.“