Ein großes Herzensanliegen
Wir sprachen mit Vizepräsidentin Maria Pein über die Herausforderungen bei der sozialen Absicherung und bei der Pflege.
Was waren die großen Herausforderungen im vergangenen Jahr für die soziale Absicherung der Bäuerinnen und Bauern?
Maria Pein: Bei der sozialen Entlastung ist uns im Jahr 2020 ein großer Wurf gelungen. Mit jährlich 50 Millionen Euro schaffen wir bei der Sozialversicherung Erleichterungen für die Bauernfamilien. Diese Verbesserungen waren aber dringend notwendig.
Welche konkreten Erleichterungen sind das?
Pein: Wirksam geworden ist heuer beispielsweise die generelle Senkung des Krankenversicherungsbeitrages von 7,65 auf 6,8 Prozent. Endlich wurde auch unsere langjährige Forderung nach Absenkung des fiktiven Ausgedinges erfüllt. Das erhöhte die Mindestpensionen heuer um jährlich etwa 450 Euro. Positiv für alle bäuerlichen Pensionisten ist auch die ab 1. Jänner 2020 rückwirkende Streichung des Solidarzuschlages, den bisher nur Bauernpensionisten zahlen mussten. Gleichzeitig werden die Pensionen im neuen Jahr um 2,9 Prozent erhöht. Das macht für die Bauernpensionisten jährlich 54,8 Millionen Euro aus. Auch für angehende Hofübernehmer konnten wir etwas tun: Der Bund übernimmt einen Teil der Sozialversicherungsbeiträge für mitarbeitende Kinder.
In welcher Höhe?
Pein: Bei einem Einheitswert von 20.000 Euro beträgt die Entlastung rund 1.140 Euro pro Person und Jahr, bei einem Einheitswert von 40.000 Euro entspricht das 1.590 Euro und bei einem Einheitswert von 80.000 Euro sind es 2.050 Euro.
Wird nach der Fusion der Bauernversicherung zur Sozialversicherung der Selbstständigen die Leistung für die Bäuerinnen und Bauern erhalten bleiben?
Pein: Die Weiterführung der bestehenden Leistungen ist für mich ein Herzensanliegen – dafür kämpfe ich. Die zahlreichen Gesundheitsaktionen, begonnen bei pflegenden Angehörigen über Kinder- und Jugendliche bis hin zur Bewältigung schwieriger Lebenssituationen, aber auch Kur- und Rehabilitationsaufenthalte dienen der Gesundheitsvorsorge und sind ein Diamant unserer Sozialleistungen. Das Gleiche gilt für die wertvollen Sprechtage – wegen Corona muss man sich derzeit anmelden – und für die berufliche und soziale Rehabilitation. Für das kommende Jahr können wir den Versicherten sogar etwas Neues bieten ...
... was konkret?
Pein: Es wird für alle Versicherten den Sicherheitshunderter geben. Damit werden beispielsweise Fahrsicherheitskurse, Erste-Hilfe-Kurse oder Maßnahmen zur Arbeitssicherheit unterstützt. Und: Wir konnten die soziale Betriebshilfe auf zehn Euro pro Stunde erhöhen, wobei 80 Prozent der Gesamtkosten anerkannt werden.
Fast jede Bäuerin pflegt ihre Angehörigen zu Hause. Wie misst man der Pflege mehr Wert bei?
Pein: Die Bäuerinnen leisten in der Pflege Unbezahlbares. Persönlich habe ich großen Respekt vor allen pflegenden Angehörigen und ich schätze ihre außergewöhnlichen Leistungen sehr. Ich bin sehr froh, dass seit heuer endlich beim Pflegegeld die Teuerung abgegolten wird. Es war höchste Zeit, dass dieser Schritt gelungen ist. Entscheidend für die bäuerlichen Versicherten ist, dass die Pflege aus Steuertöpfen finanziert wird. Somit bleiben den Versicherten Beitragserhöhungen erspart. Mit jährlich etwa 230 Millionen Euro unterstützt der Staat die Pflege auf den Bauernhöfen.
Die Pflegereform kommt. Ihre Forderungen an die Bundesregierung?
Pein: Grundsätzlich muss der Pflege und den Pflegenden mehr Wertschätzung entgegengebracht werden. Das ist nur mit einer wirklich spürbaren Pflegegeld-Erhöhung möglich. Genau das erwarte ich mir von den politisch Verantwortlichen. Außerdem müssen die pflegenden Angehörigen sozialversicherungsrechtlich besser gestellt werden. Die Selbst- oder Weiterversicherung sollte noch attraktiver werden. Außerdem brauchen die pflegenden Angehörigen eine Entlastung, damit sie sich vom harten Pflegealltag auch erholen können. Dies muss auch finanziell abgefedert werden. Gerade die Pflege zu Hause muss besser gefördert werden, insbesondere die 24-Stunden-Betreuung, die bisher fast zur Gänze selbst bezahlt werden muss. Das würde der Bauernschaft helfen.