UVP-Pflicht oder nicht?
Strukturwandel bringt neue Herausforderungen
Die Schweine- und Geflügelhaltung macht in den letzten Jahren auch in unseren Breiten einen massiven Strukturwandel durch. Die Tierbestände auf den Betrieben werden größer und stellen daher die Landwirte vor neue Herausforderungen in der Planung und Umsetzung von Stallbauten. Ab einer bestimmten Größenordnung (Kapazität) können die Errichtung oder die Erweiterung von Tierhaltungsanlagen für Schweine oder Geflügel einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen.
Landesregierung als zuständige Instanz
Besteht bei einem Vorhaben UVP-Pflicht, so ersetzt dieses Verfahren alle anderen, wie zum Beispiel das Bauverfahren. Für die Genehmigung des Stallgebäudes ist somit nicht mehr die Gemeinde, sondern die Landesregierung zuständig. In diesem konzentrierten Genehmigungsverfahren werden alle relevanten Gesetze (z.B. Bauordnung, Wasserrechtsgesetz, etc.) berücksichtigt. Ob nun für das geplante Vorhaben eine UVP-Pflicht besteht, müssen vorab einige Punkte geklärt werden.
Schwellenwerte & Flächenwidmung zählen
Das UVP-Gesetz regelt die Schwellenwerte für eine etwaige UVP-Pflicht genau. Die angeführten reduzierten Schwellenwerte gelten für Vorhaben, die sich in sogenannten schutzwürdigen Gebieten befinden. Dabei handelt es sich um Wasserschutz- und Schongebiete, sowie ein Bereich im Umkreis von 300 Metern zu Siedlungen
. Zum Siedlungsgebiet zählen sämtliche Baulandwidmungen in denen Wohnbauten errichtet werden dürfen, also auch Bauland-Agrargebiete. Zusätzlich gelten auch Gebiete für Kinderbetreuungseinrichtungen, Kinderspielplätze, Schulen oder dergleichen, Krankenhäuser, Kuranstalten, Seniorenheime, Friedhöfe, Kirchen sowie Parkanlagen, Campingplätze und Freibäder, Garten- und Kleingartensiedlungen als schutzwürdig. Es genügt, dass ein Teil des Vorhabens das schutzwürdige Gebiet berührt. Bei Erweiterungen bestehender Ställe müssen der Altbestand und/oder die Erweiterung der Anlage das schutzwürdige Gebiet berühren.
Schwellenwerte für eine etwaige UVP-Pflicht
Tierkategorie | Schwellenwerte (Anhang 1, Zeile 43, Spalte 2) | Reduzierte Schwellenwerte (Anhang 1, Zeile 43, Spalte 3) |
Mastschweine | 2.500 Tierplätze | 1.400 Tierplätze |
Zuchtsauen | 700 Tierplätze | 450 Tierplätze |
Legehennen, Junghennen, Mastelterntiere, Puten | 48.000 Tierplätze | 40.000 Tierplätze |
Masthühner | 65.000 Tierplätze | 42.500 Tierplätze |
Wann ist eine Prüfung durchzuführen?
Aus den Kapazitäten geplanter Stallungen und bereits bestehenden Tierzahlen am Betrieb sowie benachbarter Tierbestände lässt sich bezüglich der UVP-Pflicht Folgendes ableiten:
Keinesfalls UVP-pflichtig sind
Keinesfalls UVP-pflichtig sind
- Stallbauvorhaben, die eine Kapazität von weniger als 25% des entsprechenden Schwellenwertes aufweisen. Voraussetzung dafür ist, dass bisher keine nennenswerten Schweine- oder Geflügelbestände am Betrieb gehalten wurden.
- Erweiterungen, Zubauten zu bestehenden Stallungen, die eine Kapazitätsausweitung von weniger als 25% des Schwellenwertes erreichen.
- Vorhaben, auch Änderungsvorhaben, ab 25% der Schwellenwerte gemäß der angeführten Tabelle, wenn folgende Bedingungen zusammentreffen:
- räumliches Zusammenwirken mit anderen Stallungen
- die betroffenen Kapazitäten erreichen gemeinsam den relevanten Schwellenwert. Der anzuwendende Schwellenwert hängt von der Lage des Vorhabens ab.
- Stallbauvorhaben, welche die entsprechenden Schwellenwerte in der Tabelle erreichen oder überschreiten.
- Änderungen von Vorhaben, die eine Kapazitätsausweitung von mindestens 100% des entsprechenden Schwellenwertes in der angeführten Tabelle erreichen oder überschreiten.
Wenn sich Auswirkungen multiplizieren
Eine Verstärkung kann dann eintreten, wenn zwei oder mehrere Schweine- beziehungsweise Geflügelstallungen in räumlichem Zusammenhang miteinander stehen. Dabei kann es dazu kommen, dass sich die Umweltauswirkungen auf ein Siedlungsgebiet oder ein anderes schutzwürdiges Gebiet verstärken.
Hier kann es möglicherweise zu Umweltverträglichkeitsprüfungen kommen. Einzelfallprüfung beziehungsweise Feststellungsverfahren sind notwendig. Damit soll eine Umgehung der UVP durch Aufteilung von Vorhaben auf mehrere Betreiber verhindert werden. Zusätzlich lässt sich das Zusammenwirken gleichartiger Vorhaben - unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung oder Errichtung - besser erfassen.
Hier kann es möglicherweise zu Umweltverträglichkeitsprüfungen kommen. Einzelfallprüfung beziehungsweise Feststellungsverfahren sind notwendig. Damit soll eine Umgehung der UVP durch Aufteilung von Vorhaben auf mehrere Betreiber verhindert werden. Zusätzlich lässt sich das Zusammenwirken gleichartiger Vorhaben - unabhängig vom Zeitpunkt der Genehmigung oder Errichtung - besser erfassen.
Möglicherweise UVP-pflichtige Fälle werden genau durchleuchtet
Bei allen möglicherweise UVP-pflichtigen Fällen ist in einer Einzelfallprüfung oder in einem Feststellungsverfahren von der zuständigen Behörde festzustellen, ob erhebliche schädliche, belästigende oder belastende Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind. Im Falle einer Verstärkung - einer sogenannten Kumulierung - ist die Summe der künftigen Auswirkungen aller im räumlichen Zusammenhang stehenden Vorhaben Grundlage der Prüfung. Kumulationswirkungen und die Erheblichkeit von Immissionen in schutzwürdigen Gebieten werden mit Hilfe von Ausbreitungsrechnungen abgeschätzt.
Einzelfallprüfung im Vorfeld des Bauverfahrens empfehlenswert
Eine Einzelfallprüfung bzw. ein Feststellungsverfahren kann vom Projektwerber, von einer der mitwirkenden Behörden oder der Umweltanwaltschaft beim zuständigen Amt der Landesregierung beantragt werden. Die Entscheidung wird mittels Bescheid bekannt gegeben. Die Durchführung einer Einzelfallprüfung ist auf alle Fälle im Vorfeld des Bauverfahrens empfehlenswert, da durch die Behördenentscheidung Sicherheit über die UVP-Pflicht gegeben ist.
Beispiel: Legehennenhaltung im Grünland erweitern
Ein Landwirt betreibt derzeit zwei Stallungen für die Haltung von Legehennen mit einer Kapazität von 14.000 und 23.000 Tieren. Die Stallungen befinden sich in der Widmungsart "Grünland Landwirtschaft und Forstwirtschaft“. Aufgrund der steigenden Nachfrage soll nun die Anlage um eine weitere Stallung für rund 23.000 Legehennen erweitert werden. Es befinden sich keine weiteren Tierhaltungsbetriebe in der Umgebung des Bauvorhabens. Die nächstgelegenen Wohnsiedlungen sind 1,5 und 1,8 km entfernt.
Da am Betrieb bereits Geflügelhaltung in einem nennenswerten Umfang betrieben wird, handelt es sich um ein Änderungsvorhaben. Das Vorhaben selbst befindet sich, wie auch der bestehende Betrieb, im "Grünland Landwirtschaft und Forstwirtschaft“ und in einem Umkreis von weniger als 300 Metern befinden sich keine schutzwürdigen Gebiete. Es gelten somit die Schwellenwerte außerhalb schutzwürdiger Gebiete von 48.000 Legehennenplätzen.
Der zukünftige Tierbestand erreicht insgesamt 125% der entsprechenden Schwellenwerte. Da durch die Erweiterung der Anlage der Schwellenwert überschritten wird, besteht die Verpflichtung einer Einzelfallprüfung nach UVP-G 2000.
Da am Betrieb bereits Geflügelhaltung in einem nennenswerten Umfang betrieben wird, handelt es sich um ein Änderungsvorhaben. Das Vorhaben selbst befindet sich, wie auch der bestehende Betrieb, im "Grünland Landwirtschaft und Forstwirtschaft“ und in einem Umkreis von weniger als 300 Metern befinden sich keine schutzwürdigen Gebiete. Es gelten somit die Schwellenwerte außerhalb schutzwürdiger Gebiete von 48.000 Legehennenplätzen.
Der zukünftige Tierbestand erreicht insgesamt 125% der entsprechenden Schwellenwerte. Da durch die Erweiterung der Anlage der Schwellenwert überschritten wird, besteht die Verpflichtung einer Einzelfallprüfung nach UVP-G 2000.
Abklärung im Vorfeld
Damit Genehmigungsverfahren möglichst reibungslos ablaufen, sollte man sich bereits vor der Einreichung umfassend informieren und das Projekt vorab hinsichtlich Emissionen und Immissionen beurteilen lassen. Die LK bietet umfangreiche Beratung zum Thema Bauen und Beurteilung von Emissionen und Immissionen aus Stallungen. Neben einer Entwurfs- oder Einreichplanung kann man das Projekt auch vorab mittels Ausbreitungsprognoserechnung immissionstechnisch abschätzen lassen. Entsprechende Projektunterlagen erleichtern der Behörde die Entscheidung und ersparen so manchen Ärger.