Rechte der Bauern sichern
Die Landwirtschaftskammer Steiermark blickt auf eine ereignisreiche Periode von 2021 bis 2026 zurück, in der zahlreiche rechtliche, organisatorische und politische Erfolge erzielt wurden. Ziel war es stets, die bäuerlichen Betriebe zu stärken, ihre Rechte zu sichern und praxisnahe Lösungen zu schaffen. Ein großer Erfolg gelang mit der Einigung über Entschädigungszahlungen im Leibnitzer Feld. Nach fast 15 Jahren konnte die Causa „Schongebietsverordnung“ abgeschlossen werden – rund 400 Verfahren wurden einvernehmlich beendet und die betroffenen Grundeigentümer entschädigt.
Baurecht verbessert
Wichtige Fortschritte gab es auch im Baurecht: Der überarbeitete Stallbauleitfaden 2024 bietet nun ein umfassendes Nachschlagewerk zu Bau- und Umweltverfahren. In mehreren Novellen zum Bau- und Raumordnungsgesetz konnten entscheidende Verbesserungen für landwirtschaftliche Betriebe durchgesetzt werden – etwa bei Geruchsregelungen und Tierwohlbauten. Mit der neuen Geruchsimmissionsverordnung 2023 wurde erstmals eine einheitliche rechtliche Grundlage geschaffen, die Landwirten Rechtssicherheit gibt.
Im Bereich Tierhaltung und Naturschutz brachte die Landwirtschaftskammer wichtige Verordnungen auf den Weg: Die Fischotter- und Wolfsverordnung ermöglichen gezieltes Vorgehen zum Schutz der Nutztiere und Teichwirtschaft. Auch die Verlängerung der Krähen-Entnahmeverordnung sichert landwirtschaftliche Interessen ab.
Zudem wurde der EU-Herkunftsschutz weiter ausgebaut – Produkte wie beispielsweise der Ennstaler Steirerkas tragen nun geschützte Herkunftsbezeichnungen. Eine neue EU-Verordnung (2024) stärkt diesen Schutz und vereinfacht die Verfahren für Produzenten.
Weniger Bürokratie beim Bauen
Die Landwirtschaftskammer Steiermark fordert für die Novelle des Bau- und Raumordnungsgesetzes 2026 ein einfacheres, klareres und schnelleres Regelwerk. Ziel ist es, Verfahren für landwirtschaftliche Bauprojekte zu verkürzen und Kosten zu senken. Besonders bei Stallbauten sollen bürokratische Hürden abgebaut werden, etwa durch vereinfachte Bewilligungsverfahren, weniger Gutachten und eingeschränkte Nachbarbeteiligung. Rechtliche Klarstellungen werden für bestehende Bauten und Sondervorschriften für landwirtschaftliche Anlagen verlangt, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Zudem sollen Verfahrensfristen verkürzt werden. Beim Thema Geruch fordert die Landwirtschaftskammer praxistauglichere und einheitliche Regelungen, da Gerüche keine klassischen Schadstoffe sind. In der Raumordnung wird gefordert, Ferienwohnungen im Freiland zu erlauben, gewerbliche Nutzungen in geringem Ausmaß zu erweitern und die Definition des „Dorfgebiets“ zu präzisieren, um Nutzungskonflikte zu vermeiden.
Steuerentlastung
Wichtige Entlastungen brachte auch die Steuerpolitik: Durch die Anhebung der Pauschalierungsgrenzen und vereinfachte Verfahren bleiben Betriebe steuerlich entlastet. Die Einführung einer Abzugsteuer bei Hochwasserschutzmaßnahmen sorgt zudem für faire und einfache Entschädigungen. Ein zentraler Aufgabenbereich blieb die Grundinanspruchnahme bei Infrastrukturprojekten – von Stromleitungen über Windparks bis zu Geothermieanlagen. Die Kammer verhandelte Rahmenverträge und Entschädigungen für tausende betroffene Grundeigentümer. Auch im Sozialbereich wurden Erfolge erzielt: Der Erschwerniszuschlag im Pflegegeld wurde angehoben, neue Boni für pflegende Angehörige eingeführt und Entlastungen in der Sozialversicherung umgesetzt. Zudem setzte sich die Landwirtschaftskammer für gerechte Anerkennung von Schwerarbeit in der Landwirtschaft ein.
Elektronischer Rechtsverkehr
Mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und einem breiten Beratungsangebot – von Vertrags- und Wasserrecht bis hin zu Gleichstellungs- und Inklusionsfragen – stärkte die Abteilung Recht ihre Rolle als zentrale Anlaufstelle für die steirischen Bäuerinnen und Bauern. Insgesamt zeigt die Bilanz 2021 bis 2026: Die Landwirtschaftskammer Steiermark hat mit Weitblick, rechtlicher Kompetenz und praxisnaher Unterstützung dafür gesorgt, dass die Landwirtschaft im Land zukunftsfähig bleibt – gerecht entschädigt, rechtlich abgesichert und gesellschaftlich anerkannt.
Erreichte Meilensteine bei rechtlichen Rahmenbedingungen
- Energie braucht Boden. Die Energiewende findet auf landwirtschaftlichen Flächen statt. Um faire Bedingungen zu schaffen, wurden Musterverträge zu den Themen Photovoltaik und Stromableitungen entwickelt. Das hat den Markt nachhaltig beeinflusst. Mit der Energie Steiermark konnten PV-Verträge abgestimmt werden und österreichweit erstmalig eine Absicherung in Form einer Patronatserklärung erreicht werden.
- Grund und Boden unter Druck – Rechte sichern. Die zunehmende Freizeitnutzung land- und forstwirtschaftlicher Flächen erhöht den Druck auf Grund und Boden. Die LK stärkt die Rechtsposition der Grundeigentümer durch gezielte Beratung, Aufklärung über Rechte und Pflichten sowie die Bereitstellung von Musterverträgen. Die Deckungssumme der weiß-grünen Freizeitpolizze wurde auf 5 Millionen Euro erhöht.
- Stärkung von Produkten mit EU-Herkunftsschutz. Mit der neuen EU-Verordnung 2024/1143 wurde der EU-Herkunftsschutz für Lebensmittel wie Steirische Käferbohne g.U. oder Steirisches Kürbiskernöl g.g.A etc. im Internet ausgebaut, die Stellung der Erzeuger gestärkt und das Zulassungsverfahren für neue Herkunftsprodukte vereinfacht. Die Landwirtschaftskammer beteiligte sich aktiv an der Weiterentwicklung.
- Stallbauleitfaden. Der Steiermärkische Stallbauleitfaden wurde in Zusammenarbeit mit Land, Gemeinde- und Städtebund überarbeitet und um zentrale Themen ergänzt. Er ist Orientierungshilfe für Bäuerinnen und Bauern sowie Nachschlagewerk für Stallbauverfahren. Neben wesentlichen Bestimmungen des Bau- und Raumordnungsgesetzes werden alle relevanten Umwelten berücksichtigt.
- Steuervorteile erreicht. Entschädigungszahlungen für Flächen, die für den Hochwasserschutz benötigt werden, unterliegen seit heuer einer vereinfachten, pauschalierten Besteuerung. Davon betroffene Land- und Forstwirte sowie private Eigentümer haben dadurch deutliche Vorteile. Bisher galt das Modell nur für Leitungsbauten und hat sich dort bewährt.
- Pauschalierungsgrenzen. Durch Betreiben der Landwirtschaftskammer konnte erreicht werden, dass die Umsatzgrenze für die Anwendbarkeit der pauschalierten Gewinnermittlung auf 600.000 Euro angehoben wurde. Zudem gilt für bäuerliche Nebentätigkeiten nun eine Einnahmengrenze von 55.000 Euro (vormals 45.000). Viele Landwirte fallen in diesem Bereich somit nicht in die steuerliche Gewerblichkeit.
- Pflege von Angehörigen. Der Erschwerniszuschlag ist massiv angehoben worden – ein großer Schritt bei der Pflegegeldeinstufung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Das Pflegegeld ist wertgesichert (Valorisierung). Außerdem haben pflegende Angehörige nun, sobald Pflegegeld der Stufe 4 bezogen wird, die Möglichkeit, einen Angehörigenbonus zu erhalten.
- Schwerarbeitszeiten. Die Schwerarbeitspension ermöglicht einen früheren, abschlagsbegünstigten Pensionsantritt für körperlich schwer arbeitende Menschen. Das betrifft häufig auch Tätigkeiten in der Land- und Forstwirtschaft. Durch unsere Vertretung konnte in mehreren Muster-Sozialgerichtsverfahren nun auch in strittigen Fällen die Anerkennung von Schwerarbeitszeiten durchgesetzt werden.
Woran die Experten der Landwirtschaftskammer arbeiten
- Biber-Verordnung. Die Landwirtschaftskammer fordert eine praxisnahe Biberverordnung und setzt auf eine enge Abstimmung mit der Landwirtschaft. Ein Positionspapier der Abteilung Recht betont präventive Maßnahmen, klare Entnahmekontingente und eine Verordnung nach Kärntner Muster. Ziel ist eine unbürokratische, schnelle und rechtssichere Umsetzung, die den landwirtschaftlichen Alltag erleichtert.
- Ferienwohnungen. Derzeit dürfen bäuerliche Vermieter im Freiland nur Privatzimmer vermieten, nicht jedoch Ferienwohnungen. Dabei wächst die Nachfrage an Ferienwohnungen stetig, was einen maßgeblichen Beitrag zur Sicherung regionaler Arbeitsplätze leistet und bäuerliche Einkommen nachhaltig stärkt. Vor diesem Hintergrund setzen wir uns für die Schaffung entsprechender gesetzlicher Rahmenbedingungen ein.
- Bau und Raumordnung. Die angekündigten Novellen zum Bau- und Raumordnungsgesetz werden von der LK genützt, um zentrale Anliegen der Bauernschaft nachhaltig abzusichern: die Ermöglichung von Stalladaptierungen im Ortsgebiet, die rechtliche Absicherung bestehender Bausubstanz, die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren sowie die Neuausrichtung der Geruchsbeurteilung.
- Einheitlicher Umsatzsteuersatz. Umsatzsteuerlich pauschalierte Landwirte sind verpflichtet zu unterscheiden, ob der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist oder nicht. Im ersten Fall ist derzeit mit 13 Prozent Umsatzsteuer und bei Nicht-Unternehmern mit 10 Prozent Umsatzsteuer zu fakturieren. Das macht eine komplizierte Unterscheidung erforderlich. Eine Vereinheitlichung auf 13 Prozent ist das Ziel.
- Inanspruchnahme Forst. Die Landwirtschaftskammer arbeitet laufend an Richtlinien zur transparenten Feststellung von Entschädigungen. Ziel ist es, die Rechte zu sichern und die Position der Grundeigentümer in Verhandlungen zu stärken. Um langfristige und faire Lösungen zu schaffen, verhandelt die LK strukturierte Rahmenübereinkommen. So können alle Beteiligten von klaren Regeln profitieren.
Angrenzendes Grundstück: Steht Nachbarn automatisches Vorkaufsrecht zu?
Falsch! Dieser Irrtum hält sich beständig. Ein Vorkaufsrecht entsteht entweder durch eine vertragliche Vereinbarung oder aufgrund von Gesetzen. Besteht ein wirksames Vorkaufsrecht, so ist der Berechtigte befugt, im Fall des Verkaufs, das Grundstück zu den mit dem ursprünglichen Käufer vereinbarten Bedingungen zu erwerben. Es handelt sich dabei um ein höchst persönliches Recht, das nicht übertragbar oder vererbbar ist.
Grundverkehr: Beabsichtigt ein Nichtlandwirt ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück zu erwerben, kann ein Landwirt im Interessentenverfahren sein Kaufinteresse zum ortsüblichen Preis bekunden. In diesem Fall würde das ursprüngliche Geschäft mit dem Nichtlandwirt nicht genehmigt werden. Dies ist aber kein Vorkaufsrecht.
Grundverkehr: Beabsichtigt ein Nichtlandwirt ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück zu erwerben, kann ein Landwirt im Interessentenverfahren sein Kaufinteresse zum ortsüblichen Preis bekunden. In diesem Fall würde das ursprüngliche Geschäft mit dem Nichtlandwirt nicht genehmigt werden. Dies ist aber kein Vorkaufsrecht.
Ist eine Steuererklärung erst abzugeben, wenn das Finanzamt Formulare schickt?
Falsch! Verantwortung liegt beim Steuerpflichtigen. Ein weit verbreiteter Irrglaube! In Wirklichkeit ist man gesetzlich verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben, wenn die bestehenden Erklärungsgrenzen überschritten werden, unabhängig davon, ob das Finanzamt dazu auffordert oder nicht. Die Verantwortung liegt beim Steuerpflichtigen! Im heurigen Jahr ist das Finanzamt in vielen Fällen von der langjährigen Praxis abgegangen, Formulare zuzusenden. Prompt ist bei hunderten Betroffenen nach Ablauf der Erklärungsfrist die Androhung einer Zwangsstrafe ins Haus geflattert – mit neuer Fristsetzung.
Erben Lebensgefährten automatisch, wenn sie lange genug zusammenwohnen?
Falsch! Erbe muss schriftlich festgehalten sein. Nach österreichischem Recht haben Lebensgefährten ein sehr schwaches gesetzliches Erbrecht, ganz egal, ob sie seit zwei oder zwanzig Jahren zusammenleben oder ob sie gemeinsame Kinder haben. Stirbt einer der Partner ohne Testament, erbt der andere nur dann, wenn keine Verwandten des Verstorbenen vorhanden sind, also nur, bevor das Vermögen dem Staat zufallen würde. Wer also möchte, dass der Partner etwas bekommt, muss das schriftlich festhalten – am besten in einem Testament. Vorsicht und eine individuelle Beratung sind aber beim Vererben eines landwirtschaftlichen Betriebes geboten.
Wird man auch bei Grundinanspruchnahmen im öffentlichen Interesse entschädigt?
Richtig! Eigentümer und Pächter schadlos halten. Bei einer durch ein öffentliches Interesse begründeten Grundinanspruchnahme besteht in der Regel, wie auch bei privaten Inanspruchnahmen, Anspruch auf Entschädigung. Dabei sollte sowohl der Eigentümer als auch der Bewirtschafter oder Pächter schadlos gehalten werden. Wir empfehlen vor der Inanspruchnahme eine schriftliche Vereinbarung zu schließen.