Nützlinge vernetzt denken - Teil 1
Nützlinge machen nicht halt zwischen den Kulturen, sie arbeiten quasi "interdisziplinär“, sind also überall. Damit wir sie nutzen können, müssen wir vernetzt denken. Zugegeben, das ist schwer und wird uns nicht (immer) gelingen. Probieren müssen wir es dennoch.
Raps ist eine der intensivsten Kulturen, die auf unseren Feldern stehen. Die knallgelben Flecken in der Kulturlandschaft sind eine Augenweide. Alle lieben ihn, den Raps. Auch Rapserdfloh, Kohlfliege, Gefleckter Kohltriebrüssler, Rapsstängelrüssler, Rapsglanzkäfer, Kohlschotenrüsser und -mücke sind ganz vernarrt in ihn. Sie fressen seine Blätter, das Mark seiner Stängel, seinen Pollen und seine Schoten. Einfach alles.
Im vergangenen Herbst mussten unzählige Flächen wegen massivem Rapserdflohschaden umgebrochen werden, auch nach mehrmaliger Spritzung.
Im vergangenen Herbst mussten unzählige Flächen wegen massivem Rapserdflohschaden umgebrochen werden, auch nach mehrmaliger Spritzung.
Die eingesetzten Insektizide basieren auf nur drei Wirkmechanismen, Resistenzen sind damit immer wahrscheinlicher. Schadschwellen sind oft schwer interpretierbar. Der richtige Einsatzzeitpunkt für das passende Insektizid ist nicht immer klar festzumachen.
Integrierte Pflanzenschutz ist aber (glücklicherweise) nicht nur Insektizideinsatz, nein Netzwerken. Zusammenhänge erkennen und diese nutzen.
Integrierte Pflanzenschutz ist aber (glücklicherweise) nicht nur Insektizideinsatz, nein Netzwerken. Zusammenhänge erkennen und diese nutzen.
Alle Schädlinge am Acker haben auch Feinde, die wir Nützlinge nennen. Im Raps sind es zum einen die Generalisten, jene die sich unspezifisch auf alles stürzen, was zu finden ist - räuberische Laufkäfer, Spinnen und Kurzflügelkäfer. Richtig tüchtig aber sind die Spezialisten, die Schlupfwespen. Sie parasitieren die Eier oder Larven ihrer Wirte und töten sie so ab.
Schlupfwespen gibt es deren viele und sie sind hoch spezialisiert. Um jeden Rapsschädling "kümmert“ sich eine eigene Schlupfwespenart. Pradis inerstitalis beispielsweise möchte nur den Rapsglanzkäfer, Tersilochus micorgaster aber will ausschließlich den Rapserdfloh aussaugen.
Wenn sie das getan haben, überwintern sie im Boden der abgeernteten Rapsfelder. Doch aufgepasst, oft wird nach Raps Weizen angebaut. Von dort also kommen die Schlupfwespen im Frühling zugeflogen, vom Weizenfeld!
Werden auf diesen Weizenfeldern verfrüht, z.B. zur Kürzungsmaßnahme (EC31) Getreidehähnchen bekämpft, ist das nicht nur sinnlos sondern fahrlässig. Mit solch einer Spritzung wird das Hähnchen noch nicht erfasst, bestimmte Schlupfwespen dafür vernichtet. Dies könnte besonders Tersilochus microgaster treffen, jene Schlupfwespe die den Rapserdfloh parasitiert. Sie ist eine der ersten, die aus dem Boden schlüpfen (Nitzsche, 1998).
Vielleicht ist auch das mit ein Grund, warum mancherorts Rapserdflöhe so enorm wüten, dass nichts mehr übrig bleibt.
Vielleicht ist auch das mit ein Grund, warum mancherorts Rapserdflöhe so enorm wüten, dass nichts mehr übrig bleibt.
Über eine Getreidehähnchen-Bekämpfung muss man sich erst dann Gedanken machen, wenn das Fahnenblatt voll entwickelt ist (EC 39). Selbst wenn die Hähnchenlarve 10% des Fahnenblattes auffrisst, das ist tolerierbar. Erst wenn es mehr werden, ist eine Bekämpfung angebracht.
Dann aber sind die meisten Schlupfwespen schon längst im Rapsfeld. Kollateralschäden sind nicht mehr zu befürchten.
Dann aber sind die meisten Schlupfwespen schon längst im Rapsfeld. Kollateralschäden sind nicht mehr zu befürchten.
Auch, wenn Sie selbst dieses Jahr keinen Raps haben, unterstützen sie mit einer schadschwellenbasierten Hähnchenbekämpfung die Nützlinge am Rapsfeld ihres Nachbarn. Auch nicht schlecht.