Forst im Krisenmodus
Holz bestellt, aber nicht abgeholt.
Diese Tatsache empört seit
geraumer Zeit die Waldbewirtschafter.
Über Nacht sind durch
Vertragsauflösungen von A-Kunden
(sehr wichtig!) zu nicht einmal
mehr C-Kunden (weniger
wichtig!) abgewertet worden.
Die Industrie hat in den nördlichen
und südlichen Bundesländern
Kunden akquiriert, um
günstigeren Rohstoff in die heimischen
Werke zu führen – Käferholz
in Hülle und Fülle und
von brauchbarer Qualität.
Vertrauensbruch
Für einen Verarbeitungsbetrieb
eine wirtschaftliche Entscheidung,
für den heimischen Waldbetrieb
eine wirtschaftliche Katastrophe.
Die Kündigung gültiger
Verträge für bereits produziertes
Holz ist ein Vertrauensbruch
mit schweren Einkommensverlusten.
„Verträge mit
den ausländischen Partnern
müssten eben eingehalten werden“,
heißt es lapidar, nach intensiven
Gesprächen und Einlenkungsbemühungen
von Interessens-
und Waldvertretern
mit den heimischen Holzabnehmern.
Das Ergebnis: Eine Notlösung.
Dank intensiver politischer
Bemühungen wurden
Nass- und Trockenlager ermöglicht.
Denn eine sich ausbreitende
Borkenkäferseuche gilt es mit
allen Mitteln zu verhindern.
Rekordergebnisse
Während in den vergangenen
Monaten Jubelmeldungen über
die wirtschaftlichen Erfolge und
damit verbundene Investitionsvorhaben
verschiedener Sägeindustrien
und Papierkonzerne
veröffentlicht wurden, zeichnet
sich im Forstbereich ein Drama
ab. Aber alles der Reihe nach.
So hat die Austropapier kürzlich
mitgeteilt, dass ihre Investitionen seit dem Jahr 2003 einen
Höchststand erreicht haben. Rekordumsätze
von rund 4,3 Milliarden
Euro (2018) und 4,2 Milliarden
Euro (2019) zeichnen
ein mehr als erfolgreiches Bild.
Gleichzeitig wurde der Import
von Industrieholz (ein Großteil
landet in der Papierindustrie)
von ursprünglich 1,2 Millionen
Festmeter (2014) auf 2,4
Millionen Festmeter verdoppelt.
Ein Blick auf die Kennzahlen der
sieben größten Sägewerke Österreichs
von 2014 bis 2018 signalisiert
ebenfalls eine mehr als positive
Entwicklung. So konnte
der Umsatz von 1,95 Milliarden
Euro auf 3,17 Milliarden gesteigert
werden. Die gewöhnliche
Geschäftstätigkeit (EGT) hat sich
im gleichen Zeitraum von 37
Millionen Euro auf 330 Millionen
Euro verneunfacht! Der Import
von Sägerundholz ist von
4,6 Millionen Festmeter auf 7,25
Millionen angewachsen. Der Erfolg
darf aber nicht auf Kosten
der Rohstoffproduzenten gehen.
Krisenmodus
Das Testbetriebsergebnis des
Kleinwaldes zeichnet ein ernüchterndes
Bild. Von 112 landund
forstwirtschaftlichen Betrieben
werden die Kosten, Erträge
und Arbeitszeiten analysiert.
Bei einer durchschnittlichen Ertragswaldfläche
von 52 Hektar
werden sieben Festmeter Holz
pro Hektar genutzt. Der gesamte
Arbeitseinsatz beträgt neun
Stunden pro Hektar und Jahr.
Lag der durchschnittliche Betriebserfolg
(Differenz zwischen
forstlichen Erträgen und allen
Kosten) über die vergangenen 20
Jahre bei 10,63 Euro pro Festmeter,
ist seit 2014 ein rasanter Abwärtstrend
zu erdulden, der sich
im Jahr 2018 auf magere 4,29
Euro pro Festmeter reduziert, um
sich aufgrund der dramatischen
Situation 2019 weiter zu halbieren.
Bei einem Einschlag von
neun Erntefestmetern pro Hektar
müssen sechs Festmeter geerntet
werden, um die Gewinnschwelle
zu erreichen! Die Situation
für Forstbetriebe ist noch
dramatischer: Ein Betrieb mit
1.000 Festmeter Hiebsatz muss
in besseren Zeiten 868 Festmeter
nutzen (87 Prozent vom Hiebsatz),
um einen Deckungsbeitrag
zu erreichen.
Durch die Klimakrise, mit erhöhtem
Schadholzan- und Preisverfall
muss der Deckungseinschlag
auf 1.794 Festmeter verdoppelt
werden. Eine Übernutzung
ist die Folge, wobei mittelfristig
damit die Nachhaltigkeit
gefährdet wäre. In der Holzeinschlagsmeldung
2019 wurde
festgestellt, dass der Schadholzanfall
in Österreich bereits bei 62
Prozent liegt. Das heißt, von drei
geernteten Bäumen stammt nur
mehr ein Baum aus einer geplanten
Nutzung.
Fazit: Ohne Fonds zur Rettung
des Waldes und ohne Schulterschluss
innerhalb der Wertschöpfungskette
Holz ist die heimische
Familienforstwirtschaft
nicht mehr in der Lage, die eigene
Einkommensnotwendigkeit
und die gesellschaftlichen Anforderungen
zu erfüllen.
Nasslager
Tausende Festmeter Schadholz
sind noch aufzuarbeiten,
geschlägertes Holz lagert
abfuhrbereit an den Forststraßen.
Es kam zu massiven
Zufuhrbeschränkungen der
Säge- und Papierindustrie.
Um die Holzentwertung und
Borkenkäfer-Massenvermehrung
zu vermeiden, hat das
Land Steiermark ein Forstpaket
geschnürt. Über die Covid-
19-Richtlinie werden zusätzliche
Transport- und Manipulationskosten
gefördert.
Wertvolles Holz soll in Nasssowie
Industrie- und Biomasseholz
in Trockenlagern zwischengelagert
werden. Förderungswerber:
land- und
forstwirtschaftliche Bewirtschafter,
Waldbesitzervereinigungen,
Agrargemeinschaften,
Nutzungsberechtigte,
Körperschaften und Anstalten
öffentlichen Rechtes,
Gebietskörperschaften. Voraussetzung:
Zufuhrbeschränkungen
der Säge- und Papierindustrie,
wenn bei Kalamitäten
Rundholz nicht rechtzeitig
zum Verarbeiter transportiert
wird. Die Förderung ist
eine „De-minimis“-Beihilfe.
Der Kleinwald ist mit 300, der
Großwald mit 1.000 Festmeter
gedeckelt. Transport, Ladevorgang
zum Lager und Begleitmaßnahmen
werden im
Nasslager mit 16 Euro/fm, im
Trockenlager mit 8 Euro/fm
unterstützt gefördert.
Vielfalt im Wald verringert Risiko
Corona-Krise deckt die
Risiken
eindimensionaler
Wirtschaftskonzepte plakativ
auf. Unsere Wälder sind
vielfältig und durch aktive
Bewirtschaftung vital.
Im forstlichen Alltag steht die
Erhaltung eines „klimafitten
und enkerltauglichen“ Waldes
im Vordergrund, damit auch
nachfolgende Generationen
Einkommen aus der Waldbewirtschaftung
erzielen können.
Viele Maßnahmen für
den Erhalt der Lebensräume
und der Vielfalt werden ohnehin
schon seit Generationen,
oft unbewusst, integriert.
Den großen Herausforderungen
von Klimaveränderung,
lokalen Schadholzereignissen,
Marktturbulenzen bis Borkenkäfergefahr
können wir nur
mit einem breiten und vielfältigen
Maßnahmenpaket entgegenwirken.
Mit über 50 Prozent
Flächenanteil im Ertragswald
in Österreich unterstreicht die
Fichte ihre große wirtschaftliche
Bedeutung. Unsere Wälder
haben aber auch eine große
überwirtschaftliche und
gesellschaftliche Bedeutung.
Unser dicht besiedeltes Land
braucht diese intensive kleinflächige
Waldbewirtschaftung.
Wald spielt in der Klimafrage
als Kohlenstoffspeicher eine
bedeutende Rolle. Die Holzverwendung
kann maßgeblich
beitragen, klimaschädliches
C02 zu reduzieren und langfristig
im Holz zu speichern.
Die beste Strategie für die Zukunft
unserer Wälder ist zweifellos
die Erhöhung der Vielfalt
in allen waldbaulichen
Bereichen. Baumartenvielfalt
und genetische Vielfalt sollte
die Anpassungsfähigkeit erhöhen.
Mit horizontal und vertikal
strukturierten Waldbeständen
von der Unter- über die
Mittel- und Oberschicht wird
die Stabilität erhöht und vor allem
das Risiko von Bestandesschäden
mit hohen Folgekosten
minimiert.
Vitale Bäume
Die Vitalität des Einzelbaumes
wird ein Schlüsselfaktor für zukünftige
Entwicklungen und
Widerstandsfähigkeit sein.
Der straffe Zusammenhang
zwischen Brusthöhendurchmesser
und Kronendurchmesser
ist evident. Daher müssen
diese dringenden Pflegemaßnahmen
früh in der Dickungsphase
begonnen werden. Nur
eine frühe Stammzahlreduktion
und Mischwuchsregulierung
führen zu stabilen (niedrige
H/D–Werte) und vitalen
(grüne Baumkrone größer 50
Prozent) Beständen. Mit starren
Hiebsatzberechnungen
und starren Umtriebszeiten ist
dies nicht möglich. Ein großer
radikaler Bestandesumbau ist
nicht notwendig. Es reicht, die
vorhandenen Waldbestände fit
zu machen, um die Selbstregenerationsfähigkeit
zu erhöhen.
Forststraßennetz
Ohne ausreichende Walderschließung
ist eine kleinräumige
Waldnutzung und Pflege
nicht durchführbar. Dramatisch
wirkt sich eine geringe
Erschließung bei Kalamitäten
aus. Neben einem guten Forststraßennetz
sind auch vernünftig
angelegte Rückegassen
zur Vermeidung von Erosion
wichtig. Bodendegradierung
durch Nährstoffentzüge sind
unbedingt zu vermeiden.
Trockenheit, Schadholz sowie
Holzabfuhrprobleme lassen
eine Borkenkäfergradation
befürchten. Wöchentliche
Kontrolle gefährdeter Waldbestände
und eine rasche Aufarbeitung
befallener Stämme
kann eine Massenvermehrung
verhindern. Gegenseitiges Unterstützen
bei der Kontrolle
und Aufarbeitung hilft, größere
Folgeschäden zu vermeiden.