Der Jugend eine gute Zukunft ermöglichen
Herr Präsident, Sie waren in den vergangenen Monaten mit tausenden Bäuerinnen und Bauern in Kontakt. Was nehmen Sie aus diesen Gesprächen mit?
andreas steinegger: Ich bin gerne bei den Bäuerinnen und Bauern unterwegs – ihre Anliegen stehen bei jedem Gespräch im Mittelpunkt. Drei große Themen ziehen sich quer durch die Sparten: die Herausforderungen bei den Saison(arbeits)kräften, beim konventionellen und biologischen Pflanzenschutz sowie die Auswirkungen des Klimawandels. In einigen Bezirken kommt zudem der zunehmende Mangel an Tierärzten dazu.
An welchen Lösungsansätzen arbeiten Sie?
Beim Pflanzenschutz bleiben wir stark am Drücker. Wir konnten durch unseren massiven Einsatz bereits spürbare Verbesserungen bewirken, speziell bei der gegenseitigen Anerkennung. Gleichzeitig erwarten wir für Mitte Dezember von Brüssel weitere Vereinfachungsschritte bei der Genehmigung von neuen Wirkstoffen. Auch die Schieflage bei den Arbeitskräftekosten im Vergleich zum Nachbarland Deutschland ist zu beseitigen und die Unterbringung der Arbeitskräfte neu zu regeln. Zudem ist es für niemanden verständlich, dass sich beispielsweise mehrere Fachschüler ein Zimmer teilen dürfen, Saisonarbeitskräfte aber nicht.
Wie steuern Sie dem drohenden Tierärztemangel entgegen?
Landesrätin Simone Schmiedtbauer und Landesveterinärdirektor Peter Eckhardt sind diesbezüglich sehr aktiv. Entsprechende Vorschläge zur sicheren tierärztlichen Versorgung werden demnächst der veterinärmedizinischen Universität unterbreitet. Schon bisher hat die Kammer angehende Studenten bei der Vorbereitung zur Aufnahmeprüfung unterstützt und wird es auch künftig tun.
Zitat Präsident Andreas Steinegger:
"Nein zu weniger EU-Mittel! Am 18. Dezember werde ich gegen diese EU-Pläne in Brüssel demonstrieren!"
Ihr bisher prägendstes Erlebnis bei den Betriebsbesuchen?
Mich beeindruckt die Herzlichkeit der Bäuerinnen und Bauern jedes Mal aufs Neue. Sie stecken viel Herzblut und Wissen in ihre Betriebe und zeigen, dass Fleiß und Erfolg eng miteinander verbunden sind. Gleichzeitig wird deutlich, wie entscheidend neue Ideen und ein starker Wille für nachhaltige Erfolge sind.
An welchen Herausforderungen arbeiten Sie aktuell?
Der Stallbau stagniert fast vollständig, obwohl der Wille zu investieren und zum Weiterführen der Betriebe vorhanden ist. Die Ursache sind reine bürokratische Hürden, die dringend abzubauen sind – das Bau- und Raumordnungsgesetz muss einfacher werden, um rascher bauen zu können.
Auch der überbordenden Bürokratie sind die Giftzähne zu ziehen – Produktion muss ermöglicht und nicht behindert werden. Auch für Biber und Prädatoren brauchen wir pragmatische Lösungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Auch der überbordenden Bürokratie sind die Giftzähne zu ziehen – Produktion muss ermöglicht und nicht behindert werden. Auch für Biber und Prädatoren brauchen wir pragmatische Lösungen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Bei den Lebensmittelpreisen haben Sie Klartext gesprochen ...
... dafür habe ich großen Zuspruch erhalten – auch von der Bevölkerung und den Medien. Ich bekräftige und fordere bei jeder Gelegenheit die Partner in der Lebensmittelwertschöpfungskette auf, ihre Karten auf den Tisch zu legen. Damit lässt sich feststellen, wo die Gewinne hängenbleiben. Die Landwirtschaft ist sicher kein Preistreiber, sie ist selbst unter Druck.
Sie unterstreichen ständig die Bedeutung des Eigentums ...
... Eigentum ist nicht verhandelbar. Es braucht Eigentum, um erfolgreich zu wirtschaften und die Familien zu ernähren. Eigentum ist ein wichtiger Motivator für die land- und forstwirtschaftliche Produktion. Wir pflegen das Eigentum, um es wieder weiterzugeben.
Die Debatte um die Wirtschaftskammer schlägt hohe Wellen. Was sagen Sie dazu?
Diese Diskussion zeigt einmal mehr, wie wichtig effizientes Arbeiten und Praxisnähe im Dienste der Mitglieder sind. Die Landwirtschaftskammer ist zudem sehr schlank aufgestellt und wir haben in den vergangenen Jahren die Reformschritte richtig gesetzt: die 16 Bezirkskammern wurden auf elf reduziert, die 13 Abteilungen in der Landeskammer zu sieben zusammengeführt und 47 Referate auf 20 verringert. Die Zahl der Mitarbeiter geht ständig zurück: Seit 1990 sind es rund 38 Prozent weniger Vollzeitarbeitskräfte. Unsere Arbeit ist von bäuerlichen Werten geprägt: fleißig, bescheiden und bodenständig.
Auf die Kammer kommt ein neuerlicher Sparkurs zu. Wie wird dieser ausschauen?
Wir setzen unseren Reorganisationskurs fort und straffen unsere Struktur weiter, um die vom Land Steiermark vorgegebene Mittelreduktion zu kompensieren. Natürliche Abgänge werden nicht mehr nachbesetzt, bis zum Jahr 2030 werden jährlich erhebliche Beträge eingespart. Gleichzeitig dürfen darunter Fachberatung, Service- und Dienstleistungen für die Bäuerinnen und Bauern nicht leiden.
Zitat Präsident Andreas Steinegger:
"Die Anliegen der Bäuerinnen und Bauern sind mir wichtig – ich höre gerne zu."
Themenwechsel Klimawandel. Mit welchen Hebeln steuern Kammer und Bauern dagegen?
Der stärkste Hebel wäre der weltweite konsequente Ausstieg aus Öl und Gas. Doch dazu konnte sich nicht einmal die Klimakonferenz in Belem durchringen – über den erzielten Minimalkompromiss bin ich sehr enttäuscht. Die heimische Landwirtschaft macht ihre Hausaufgaben und hat ihre Treibhausgas-Emissionen verringert. Intensiv beschäftigen wir uns mit der Klimawandel-Anpassung, um die Folgen abzumildern – Kulturschutz, hitze- und trockenheitstolerantere Sorten oder Züchtungen sowie Humusaufbau sind Antworten darauf.
Ein klimafitter Ackerbau, eine klimafitte Grünlandwirtschaft und eine klimafitte Forstwirtschaft sind das Ziel, an dem unsere Experten auch in enger Abstimmung mit Wissenschaft und Forschung arbeiten. Dieses Wissen kommt dann durch die LK-Beratung direkt zu den Bäuerinnen und Bauern.
Ein klimafitter Ackerbau, eine klimafitte Grünlandwirtschaft und eine klimafitte Forstwirtschaft sind das Ziel, an dem unsere Experten auch in enger Abstimmung mit Wissenschaft und Forschung arbeiten. Dieses Wissen kommt dann durch die LK-Beratung direkt zu den Bäuerinnen und Bauern.
Blicken wir nach Europa: Die EU will ab 2028 die Agrarmittel stark kürzen. Was unternehmen Sie?
Sofort nach Bekanntwerden der Pläne habe ich gemeinsam mit Landesrätin Simone Schmiedtbauer und Minister Totschnig Protest in Brüssel eingelegt. Es ist unverständlich, die Mittel für die Landwirtschaft so stark zu kürzen, während das EU-Budget massiv erhöht wird.
Ein klares Nein kommt von mir auch für den geplanten nationalen Finanztopf, bei dem sich die Landwirtschaft mit anderen Politikbereichen wie Migration, Sicherheit oder Tourismus um die Gelder im Mitgliedsland streiten muss.
Ein klares Nein kommt von mir auch für den geplanten nationalen Finanztopf, bei dem sich die Landwirtschaft mit anderen Politikbereichen wie Migration, Sicherheit oder Tourismus um die Gelder im Mitgliedsland streiten muss.
Wofür kämpfen Sie?
Ganz klar: Die Landwirtschaft braucht eine Inflationsanpassung und keine Mittelkürzung. Außerdem muss Brüssel fixe Gelder für die Ländliche Entwicklung festlegen und auch bereitstellen – unter anderem für die Umweltleistungen, für die Ausgleichszulage für Berg- und benachteiligte Gebiete, Investitionen und Junglandwirte. Jeder in Brüssel abgeholte Euro, muss wie bisher von Österreich verdoppelt werden. Dafür schmieden wir Allianzen.
Wie geht es hier weiter?
Wir setzen unseren Dialog mit den EU-Parlamentariern fort und deponieren unsere klaren Forderungen. Im Dezember werden wir in Brüssel deutlich Stellung beziehen und gegen die aktuellen Vorschläge protestieren. Ich werde vor Ort sein und bei der Kundgebung unmissverständlich klarstellen, dass ich die derzeitigen Pläne aus Brüssel nur stark abgeändert akzeptieren werde.
Was motiviert Sie persönlich, sich für die Anliegen der Bäuerinnen und Bauern einzusetzen?
Als Milchbauer und Forstwirt, ist es mir wichtig, die steirischen Bäuerinnen und Bauern gut zu vertreten und eine starke Stimme für sie zu sein. Vor allem liegt mir am Herzen dafür zu sorgen, dass unsere bäuerliche Jugend eine gute Zukunft hat.