Bürokratie: Landesgesetze kommen auf Prüfstand
Ein Jahr Agrarlandesrätin. Wie schaut Ihre persönliche Bilanz aus?
SIMONE SCHMIEDTBAUER: Wir haben schon vieles geschafft. Einen Fokus haben wir etwa auf die Klimawandelanpassungsstrategien gelegt, wir arbeiten auf allen Ebenen für eine zukunftsfitte Land- und Forstwirtschaft. Das Maßnahmenbündel ist breit: die höhere Förderung von Beregnungsanlagen im Obstbau, Studien zum klimafitten Obst- und Weinbau bis hin zur dynamischen Waldtypisierung und einer intensiven Innovationsberatung. Mit der Lebensmittelstrategie weiß-grün sollen die Höfe gestärkt, die sichere Lebensmittelversorgung gewährleistet und das Bewusstsein für regionale sowie saisonale Lebensmittel geschärft werden (Seite 1). Mit der Schulmodernisierungsoffensive investieren wir 40 Millionen Euro in unsere Fachschulen.
In welchen Bereichen hätten Sie gerne mehr erreicht?
Mehr geht natürlich immer. Etwa bei der Bewusstseinsbildung der Konsumenten. Oft steht der Preis im Fokus. Es wird ausgeblendet, dass unsere bäuerlichen Familienbetriebe von ihren Produkten auch leben und in die Zukunft ihrer Betriebe investieren müssen. Aber ich werde dranbleiben und weiterhin lautstark für mehr Wertschätzung durch Wertschöpfung eintreten.
Ihre Position zum Milchlieferstopp der NÖM bei Spar?
Da geht es beim Einkauf nicht um viel Geld, aber für die milchproduzierenden Betriebe ist die Preisdifferenz entscheidend, um langfristig wirtschaften zu können. Für teurere Betriebsmittel braucht es Verständnis vom Handel und den Konsumenten. Wir Bäuerinnen und Bauern sind Unternehmer und brauchen uns nicht diktieren lassen, zu welchen Konditionen wir wertvollen Lebensmittel verkaufen.
Ist aus Ihrer Sicht ein Lieferstopp ein probates Mittel, Interessen durchzusetzen?
Ich bin immer dafür, im Gespräch zu bleiben und konstruktiv nach Lösungen zu suchen. Wenn es gar nicht mehr anders geht, müssen aber auch drastische Schritte ergriffen werden. Ich möchte dem Handel aber nichts über die Medien ausrichten.
Völlig offen ist, wie es mit den Vollspaltenböden weitergeht. Wie schaut Ihr Szenario aus?
Wir brauchen schon in den Koalitionsverhandlungen im Bund eine Lösung. Es fehlt die Zeit, um erst mühsame Sondierungen und Koalitionsgespräche abzuwarten, die bis ins nächste Jahr dauern könnten, bevor diese Frage überhaupt verhandelt wird. Ohne tragfähige Lösung bis Juni 2025 droht eine Schließungswelle von bäuerlichen Betrieben und eine gigantische Versorgungslücke. Das ist zu verhindern. Ich trete für ein Stufenmodell mit einem Start frühestens 2035 ein. Betriebe, die erst unlängst neu- oder umgebaut haben, sind anders zu behandeln als ältere Ställe. Das Wichtigste ist aber schnellstmögliche Rechtssicherheit.
25.000 Unterschriften hat die Landwirtschaftskammer gegen Laborfleisch gesammelt. Dieses starke Votum kann niemand vom Tisch wischen.
Das kann man jedenfalls nicht ignorieren. Ich habe selbst unterschrieben und stehe dazu: Ich will regionale Produkte von unseren bäuerlichen Betrieben essen und kein Fleisch aus dem Reagenzglas aus der Hand von internationalen Lebensmittelgiganten.
Stichwort Klimawandelanpassung. Was steht für Sie kurz-, mittel- und langfristig an?
Kurzfristig geht es um Bewässerungsanlagen, Humusaufbau und klimaresistente Sorten im Ackerbau und in der Forstwirtschaft. Darüber hinaus ist die Naturverjüngung im Forst, die Verfügbarkeit von notwendigen Pflanzenschutz- und Düngemitteln, aber auch die Verfügbarkeit von Wasser ein großes Thema. Hier werden wir in den nächsten Jahren 150 Millionen Euro investieren, um den innersteirischen Wasserausgleich vom wasserreichen Norden in den trockeneren Süden zu gewährleisten.
Ein Blick in die Zukunft: Was sind Ihre nächsten großen Projekte?
Die Umsetzung der Lebensmittelstrategie, aber auch die bereits mehrfach angesprochene Klimawandelanpassung werden die nächsten großen Aufgaben in der kommenden Legislaturperiode. Bei den von mir geforderten Lebensmittelkompetenzkursen für alle jungen Steirerinnen und Steirer stehen wir etwa bereits im engen Kontakt mit der Bildungsdirektion, aber auch mit der Pädagogischen Hochschule, wo unsere Lehrerinnen und Lehrer der Zukunft ausgebildet werden. Hier bin ich zuversichtlich, dass wir schon in Kürze ein Modell präsentieren können.
Ein Dauerbrenner ist die ausufernde Bürokratie. Was unternehmen Sie dagegen?
Wir wollen in der Steiermark beim Thema Bürokratieabbau vorangehen. Jedes einzelne Landesgesetz soll auf den Prüfstand kommen, ob es weiterhin notwendig, zeitgemäß und verhältnismäßig ist. Auf Bundesebene wollen wir uns für praxisnahe, klare Regelungen einsetzen, die insbesondere rasche (Genehmigungs-)Verfahren ermöglichen.