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Wird Biogas wieder interessant für die Landwirtschaft?

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03.11.2022 | von Bernhard Stürmer, Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik

Durch das Erneuerbaren Ausbau Gesetz wurde Anfang dieses Jahres das Ökostromgesetz abgelöst. Auch Biogas kann wieder interessant werden, vor allem für Tierhalter.

Biogasanlage © Franz Kern/LK Stmk
© Franz Kern/LK Stmk
Ende 2021 bzw. Anfang 2022 trat das Erneuerbaren Ausbau Gesetz (EAG) in Etappen als Rechtsnachfolger des Ökostromgesetzes in Kraft. Das EAG beschreibt die zukünftigen Voraussetzungen für die Förderung der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen. In diesem Bundesgesetz wurde der generelle Rahmen fixiert, es folgen insgesamt mehr als 10 Verordnungen, in denen die Inhalte des EAGs konkretisiert werden müssen.

Gasnetz liegt weiter als 10 km vom geplanten Standort entfernt

Auch für Biogas wurden wichtige Weichenstellungen im EAG vorgenommen. Für neue Biogasanlagen mit Fokus auf die gekoppelte Strom- und Wärmeproduktion sind mehrere Punkte zu beachten. So darf der geplante Standort der Biogasanlage nicht näher als 10 km Luftlinie zum nächsten Gasnetz liegen. Zudem darf die elektrische Leistung der Anlage höchstens 250 kW betragen. Werden diese Voraussetzungen eingehalten, kann eine Marktprämie für den eingespeisten Strom beantragt werden.

Während im Zuge des Ökostromgesetzes ein Ökostromtarif verordnet wurde, ändert sich dieses System im EAG deutlich. Denn während früher lediglich ein Vertrag mit der OeMAG für die Abnahme des Ökostroms notwendig war, sind ab sofort 2 Verträge abzuschließen: 1 Vertrag mit einem Energieversorger (Energie Steiermark, Energie AG, Ökostrom AG, KELAG etc.) und 1 Vertrag mit der EAG-Abwicklungsstelle. Mit dem Energieversorger muss der Strompreis direkt verhandelt werden, die EAG-Abwicklungsstelle zahlt eine Marktprämie aus.

Die Marktprämie errechnet sich aus dem sogenannten „Anzulegenden Wert“, welcher per Verordnung festgelegt wird, abzüglich dem Durchschnitt aller Stundenpreise eines Jahres auf der Strombörse (Referenzmarktpreis). Das bedeutet, dass laufend eine Akonto-Zahlung erfolgt, aber im Jänner eine Nachrechnung des vergangenen Jahres durchgeführt wird. Je nach Entwicklung des Strompreises kann dies eine Nachzahlung oder eine Nachforderung gegenüber der EAG-Abwicklungsstelle ergeben. Der Anzulegende Wert wird in der EAG-Marktprämien-Verordnung fixiert, welche aktuell in Begutachtung ist. Im aktuellen Entwurf wurde ein Anzulegender Wert für neue Biogasanlagen von 27 ct/kWhel. vorgeschlagen (bei Antragstellung 2022 und 2023).

Der ausverhandelte Stromabnahmepreis mit dem Energieversorger beeinflusst die Marktprämie nicht! Wesentlich ist daher in Zukunft auch die Vertragsgestaltung mit dem Stromhändler und die richtige Wahl der Vermarktung (day ahead, Monatsfuture etc.). Gerade bei letzterem kommt es in Zukunft auf Grund der Volatilität der Märkte auf das richtige Gespür an. Interessant in diesem Zusammenhang können auch Energiegemeinschaften sein, da die Preisbildung unter anderen Gesichtspunkten erfolgt als bei Energieversorgern.

Zusätzlich zu den Kriterien `Entfernung zur Gasleitung` und `Leistung der Anlage` sind folgende Kriterien einzuhalten:
  • Brennstoffnutzungsgrad von mind. 65% (entspricht einer ungefähren Wärmenutzung von mind. 60% der gesamt anfallenden Wärmemenge)
  • Einsatz von mindestens 30 Masse-% Wirtschaftsdünger
  • Einsatz von maximal 30 Masse-% Zwischenfrüchte und Restgrünland
  • Kein Einsatz von Ackerkulturen als Hauptfrucht

Infobox: Faustzahlen für die Ableitung der möglichen elektrischen Leistung nach Substraten

1.000 m³ Rindergülle - 7 kW
1.000 t Rindermist - 15 kW
1.000 m³ Schweinegülle - 5 kW
1.000 t Geflügelmist - 30 kW
1.000 t Getreideausputz1 - 30 kW
1.000 t Obsttrester - 25 kW
1.000 m³ Molke - 8 kW
1.000 t Zwischenfrüchte - 20 kW
1.000 t Grünland, 3./4. Schnitt - 45 kW
1.000 t Maisstroh (mechanisch aufbereitet) - 80 kW
1.000 t Getreidestroh (mechanisch aufbereitet) - 70 kW

Gasnetz liegt näher als 10 km vom geplanten Standort entfernt

Liegt eine Gasleitung in der Nähe des geplanten Standorts, ist keine Marktprämie vorgesehen. Der produzierte Strom muss ausschließlich über den freien Markt verkauft oder selbst genutzt werden. Möchte man nicht an einen Energieversorger liefern, sondern Teil einer Energiegemeinschaft werden, ist darauf zu achten, dass der eingespeiste Biogasstrom gänzlich (und jederzeit) in der Energiegemeinschaft abgenommen wird. Denn Energiegemeinschaften können zwar Strom verkaufen und eine Marktprämie dafür erhalten (für max. 50% der produzierten Strommenge), allerdings ist der Biogasstrom aufgrund der 10-km-Abstandsregel davon ausgenommen. Eine Alternative dazu wäre möglicherweise die Genossenschaft Ourpower, die aktuell sogar Strom von Biogasanlagen sucht (www.ourpower.coop).

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Produktion von Biogas für die Einspeisung in das Gasnetz. Biogas (ca. 55% Methan) kann technisch zu Biomethan (nahezu 100% Methan) aufgereinigt werden. Werden die notwendigen Qualitätsanforderungen erfüllt, kann das Biomethan in das Gasnetz eingeleitet werden und steht damit bei jedem Gasanschluss für jedwede Anwendung zur Verfügung. Allerdings ist aufgrund der Investitionskosten für die Gasreinigung eine Leistung von mindestens 200 m³ Biomethan pro Stunde (entspricht über 750 kW elektrisch) zu empfehlen. Der neue Standort sollte nicht weiter als 3 km zur Gasleitung liegen, da bis zu dieser Entfernung keine Kosten für die Genehmigung und Verlegung der Gasleitung anfallen. Während für Verstromungsanlagen keine Investitionsförderungen vorgesehen sind, wurde im EAG für neue Biomethaneinspeiseanlagen ein Fördersatz von 30% (exkl. Grundstück) in Aussicht gestellt. Allerdings ist die zugehörige Verordnung noch nicht fertig, womit noch keine Details bekannt sind.

Anlagengenehmigungen

Je nach Ausrichtung (Verstromung vor Ort, Biomethaneinspeisung) und Substrateinsatz (Reststoffe aus der Landwirtschaft, biogene Abfälle), ist die Bezirkshauptmannschaft oder die Landesbehörde (Abteilung 13: Umwelt und Raumordnung) für die Genehmigung zuständig. Jede Biogasanlage muss dabei zumindest 2 Fermenter vorweisen, wobei ein Fermenter gleichzeitig als Güllelager ausgeführt werden kann. Die Nutzung von bestehenden Güllelägern ist allerdings nur eingeschränkt möglich, da alle Behälter gasdicht ausgeführt werden müssen. Oftmals sind auch die Abstände zu bestehenden Gebäuden (zB. Stall, Wohnhaus) problematisch. Bestehende Gebäude müssen aus brandschutztechnischen Überlegungen heraus mindestens 15 m von der Biogasanlage entfernt sein.

Für die Vorbereitung und die Genehmigung nehmen sie unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch. Ein auf Biogasanlagen spezialisierter Planer ist jedenfalls notwendig um das Projekt auszuarbeiten und die Vorgespräche mit den Sachverständigen zu führen. Rechnen sie auch mit längeren Verfahrensdauern, die zugeteilten Sachverständigen sind in der Regel nicht auf die Biogastechnologie spezialisiert.

Grundkurs Biogas

Aufgrund der aktuellen Situation häufen sich die Anfragen bzgl. Bau von Biogasanlagen. Daher organisiert die Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Kooperation mit dem Kompost und Biogas Verband Österreich den „Grundkurs Biogas“, welcher am 23. und 24. November 2022 in der BBK Wels stattfindet.

Informieren sie sich und diskutieren sie mit Profis aus der Branche:
  • Franz Kirchmeyr, KBVÖ: rechtliche Rahmenbedingungen
  • Alexander Luidolt, planergy: Technische Ausstattung und Verfahrensablauf
  • Wolfgang Gabauer, Anacon: Mikrobiologie
  • Bernhard Stürmer, HAUP: Stoffflussberechnung und betriebswirtschaftliche Bewertung
Die Anmeldung für das kostenlose Seminar ist ab sofort unter
www.kompost-biogas.info/veranstaltungen/ (LandwirtInnen, Interessierte) oder
www.haup.ac.at/fortbildung/grundkurs-biogas (LehrerInnen, BeraterInnen) möglich.

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