Wege: Damit Recht auch Recht bleibt
1) Immer wieder hört man: Weil Bauern Förderungen erhalten, seien auch ihre Flächen begehbar. Wie stichhaltig ist ein solches Argument?
MARIA PUCHER: Das Verhältnis der Gesellschaft zu land- und forstwirtschaftlichen Flächen hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr in Richtung „kostenloser Freizeitpark“ gewandelt. Landwirtschaftliche Flächen wie Äcker und Wiesen gehören jedoch nicht der Allgemeinheit, sondern sind im Privateigentum der jeweiligen Grundeigentümer. Von Freizeitsportlern wie beispielsweise Tourengehern dürfen diese Grundstücke grundsätzlich nur mit Zustimmung der Grundeigentümer begangen beziehungsweise befahren werden, es sei denn, eine entsprechende Dienstbarkeit wurde bereits ersessen. Das Argument, wonach der Bezug von Förderungen es rechtfertigt, dass Privatflächen der Landwirte für die Allgemeinheit frei zugänglich seien, ist rechtlich nicht haltbar.
2) Wie kann einer Ersitzung von Wegerechten generell vorgebeugt werden?
Dienstbarkeiten, wie etwa Wegerechte, werden durch regelmäßige Rechtsausübung im guten Glauben über einen Zeitraum von 30 beziehungsweise 40 Jahren (Staat, Gemeinden) ersessen. Auch alpine Vereine, Gemeinden und Tourismusverbände können grundsätzlich Dienstbarkeiten wie beispielsweise Gehrechte für ihre Mitglieder beziehungsweise Bürger durch Ersitzung erwerben. Der Grundeigentümer kann vor Ablauf der Ersitzungszeit einer Ersitzung vorbeugen, indem er ein ausdrückliches Verbot der Grundbenützung ausspricht, die Erlaubnis der Benützung auf jederzeitigen Widerruf gestattet oder eine vertragliche Regelung trifft. Unerlaubte Eingriffe in den Besitz und in das Eigentum können zivilrechtlich mit Besitzstörungs- und/oder Eigentumsfreiheitsklage bei Gericht abgewehrt werden. Bei Sach- und Vermögensschäden kann überdies der Verursacher zum Schadenersatz herangezogen werden.
3) Darf ein Weg generell abgesperrt werden?
Sofern ein Privatweg nur der Erschließung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke dient, kann dieser mittels Tor versperrt werden. Jedenfalls muss dafür gesorgt werden, dass allen zur Benützung des Weges Berechtigten Schlüssel ausgehändigt werden. Führt ein Weg jedoch zu einem Wohnhaus, dürfen nur unversperrte Tore errichtet werden, da die Zufahrt in diesem Fall für einen unbestimmten Personenkreis wie Besucher oder Einsatzkräfte jederzeit möglich sein muss. Wird ein Weg bereits länger als 30 Jahre genutzt, kann eine Ersitzung vorliegen. Durch eine Absperrung könnte eine rechtswidrige Einschränkung in die Rechte Dritter erfolgen, die sich durch geeignete rechtliche Schritte dagegen zur Wehr setzen könnten. Denkbar wäre gegebenenfalls auch eine zeitweilige oder dauerhafte Umleitung von Wanderwegen unter der Voraussetzung des Einverständnisses von sämtlichen beteiligten Grundeigentümern sowie Wegeverantwortlichen und Berechtigten.
4) Soll man Freizeitsportlern wie Tourengehern oder Mountainbikern ohne irgendeinen Hinweis den Weg frei geben?
Für die Benützung oder das Befahren von Grundstücken oder des Waldes braucht man die Zustimmung der Grundeigentümer. Diese kann entweder persönlich oder ganz allgemein durch eine entsprechende Beschilderung erteilt werden. Eine Freigabe von Wegen zum Zwecke der Freizeitnutzung (Wandern, Radfahren, Tourengehen, etc.) sollte nur unter klar geregelten Bedingungen erfolgen. Gibt der Grundeigentümer eine einfache Zustimmungserklärung ab, in der keine weiterführenden Regelungen enthalten sind, besteht ein erhebliches Haftungsrisiko. Ist nichts anderes vereinbart, bleibt der Grundeigentümer weiterhin für die Erhaltung des ordnungsgemäßen Zustandes der freigegebenen Wege verantwortlich und es greift die sogenannte Wegehalterhaftung. Für Wege aller Art – vom Wanderweg bis hin zur Autobahn – haftet grundsätzlich der Wegehalter. Es empfiehlt sich daher der Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung. Diesbezüglich bietet die Landwirtschaftskammer auch Beratungen und Unterstützung an.