„Was dort geht, sollte auch hier gehen“
Die EU stellt die Weichen in der Agrarpolitik (GAP) ab 2028 neu: Weniger Mittel, ein Finanztopf, aus dem neben der Landwirtschaft auch andere Politbereiche finanziert werden sollen, keine fixe zweite Säule der Ländlichen Entwicklung. Was sa
Simone Schmiedtbauer: Was die EU-Kommission hier als erste Diskussionsgrundlage vorgelegt hat, ist eine Zumutung für uns Bäuerinnen und Bauern – aber auch für alle Bürgerinnen und Bürger, die regionale und saisonale Lebensmittel brauchen. Seit nunmehr mehreren Jahren diskutieren wir darüber, dass die Abhängigkeit in einem kritischen Bereich – Energie – uns in ganz Europa schwächt. Jetzt investieren wir Milliarden, um unsere heimische Produktion bei Energie zu erhöhen. Gleichzeitig kommen dann solche Vorschläge von der EU-Kommission, die die heimische Produktion in dem mindestens ebenso wichtigen Bereich entscheidend schwächen würde. Das ist nicht hinnehmbar. Ich kämpfe für eine verlässliche EU-Agrarpolitik: Eigenständig, fair, inflationsgeschützt!
Als ehemalige EU-Parlamentarierin haben Sie gute Drähte nach Brüssel. Welche Allianzen konnten Sie schon schmieden?
Ich kämpfe mit demv gesamten Bauernbund dafür, dass die Interessen unserer Familienbetriebe in Brüssel gehört werden. Meine Kontakte aus dem EU-Parlament helfen dabei enorm. So war ich dieses Jahr schon bei einem persönlichen Termin bei EU-Agrarkommissar Christophe Hansen. So einen Zugang hätte ich nicht, wenn wir nicht im EU-Parlament Bürokollegen gewesen wären. Außerdem haben wir jetzt mit dem Europäischen Bauernbund eine eigene politische Vertretung für die heimische Landwirtschaft in Brüssel, die noch dazu mit Alex Bernhuber einen Präsidenten aus Österreich hat. Das wird uns in den kommenden Verhandlungen helfen.
Wie ist der generelle Tenor in Brüssel zu den Vorschlägen des Mehrjährigen Finanzrahmens der EU-Kommission?
Die Agrarischen Interessensvertreter sind glücklicherweise bereits aktiv. Hier spielt unser Bundesminister Norbert Totschnig eine Schlüsselrolle und formt Allianzen mit zahlreichen anderen EU-Ländern, die ebenfalls gegen einen Richtungswechsel bei der GAP und Verschlechterungen für die Landwirtinnen und Landwirte auftreten.
Die EU-Entwaldungsverordnung ist in der bisherigen Form für die gesamte Wertschöpfungskette inakzeptabel. Wie geht es hier weiter?
Hier konnten wir glücklicherweise erste Erfolge erzielen – wieder dank einer breiten Allianz, die von Österreich mitorganisiert wurde. Jetzt gilt es, diesem Bürokratiemonster die letzten Zähne zu ziehen.
Ich bin unserem Kammerpräsidenten Andreas Steinegger enorm dankbar, dass er sich so sehr für unsere Forstwirtinnen und Forstwirte engagiert. Stimmen aus der Praxis sind in Brüssel bitter nötig.
Ich bin unserem Kammerpräsidenten Andreas Steinegger enorm dankbar, dass er sich so sehr für unsere Forstwirtinnen und Forstwirte engagiert. Stimmen aus der Praxis sind in Brüssel bitter nötig.
Der heimischen Landwirtschaft stehen immer weniger Wirkstoffe zur Verfügung, die Zulassungen dauern viel zu lange. Bauern warten auf Verbesserungen. Ist Licht am Ende des Tunnels sichtbar?
Mittlerweile ist hoffentlich allen bewusst, dass es nicht mehr so weiter gehen kann. Wir dürfen nicht mehr zulassen, dass Wirkstoffe verboten werden, solange es keinen entsprechenden Ersatz gibt. Eine weitere Maßnahme – neben schnelleren und einfacheren Zulassungen, für die ich mich schon mehrmals ausgesprochen habe – wäre eine automatische Anerkennung von Mitteln, die bereits in anderen EU-Ländern eine Zulassung haben. Es ist absurd, wenn auf der slowenischen Seite bereits Mittel gegen die goldgelbe Vergilbung eingesetzt werden, die bei uns noch im Zulassungsverfahren stecken. Was ein paar Meter weiter nicht schadet, muss auch bei uns eingesetzt werden dürfen.
Das Land Steiermark ist auf Sparkurs. Wie schwer waren die Verhandlungen und trifft es auch die Bäuerinnen und Bauern?
Die Verhandlungen waren sehr schwer – und es wird auch in den nächsten Jahren dringend weitere Reformen brauchen. In meinem Ressort habe ich die Devise ausgegeben, dass wir nur im System sparen dürfen – nicht bei den Bäuerinnen und Bauern. Mit Kreativität und Verhandlungsgeschick ist mir das gelungen. Alle wichtigen Leistungen des Landes – von den Investitionskrediten über die Jungbauernförderung bis hin zu Sonderförderungen im Obstbau, dem Milchinfrastrukturbeitrag, der forstlichen Schutzausrüstung und vielen weiteren notwendigen Programmen für unsere Betriebe – bleiben in voller Höhe erhalten.
Manche Kritiker meinen, dass die Zuschüsse für die Hagelversicherung gekürzt würden. Stimmt das?
Im Gegenteil – beim Budget für die Hagelversicherung konnten wir für das nächste Jahr sogar ein höheres Budget herausverhandeln. Es stehen rund 15,7 Millionen Euro, also 700.000 Euro mehr zur Verfügung als bisher.
Aktuell sind Sie Vorsitzende der Landesagrarreferenten-Konferenz. An welchen wichtigen Knackpunkten arbeiten Sie?
Das größte und wichtigste Thema ist sicher die Zukunft der EU-Agrarpolitik. Wir haben aber auch viele andere Punkte bei der Konferenz in Graz behandelt – etwa wie wir Mutterkuhbetriebe besser unterstützen können (Seite 4), wie wir beim Thema Pflanzenschutz zu schnelleren und praxisnäheren Verfahren kommen, welche Zukunftstechnologien wir für die Land- und Forstwirtschaft vorantreiben wollen – Stichwort Drohnen, oder wie wir das Stallbauen einfacher machen können.
Der Wolfstatus ist herabgesetzt – als EU-Parlamentarierin haben Sie den Stein ins Rollen gebracht. Wann können die Almbauern mit einfacheren Entnahmen rechnen?
Ich habe in Verhandlungen mit Landesrat Amesbauer erreicht, dass der Umgang mit Wölfen und anderen Prädatoren künftig nicht mehr im Naturschutzrecht, sondern im Jagdrecht geregelt wird. Damit wird künftig meine Abteilung – die Abteilung 10 – dieses Thema verantworten. Dafür braucht es aber die nötigen Voraussetzungen und zahlreiche rechtliche Änderungen. Mein großes Ziel: diesen Prozess bis Beginn des nächsten Jagdjahres abgeschlossen zu haben.
Der Biber richtet enorme Schäden an. Wann werden Entnahmen möglich sein?
Auch hier haben wir uns verständigt, dass es eine praxistaugliche Verordnung mit Entnahmemöglichkeiten geben wird. Wir arbeiten gut zusammen, ich bin zuversichtlich, dass wir bald eine Verordnung haben werden.
Fischotter richten große Schäden in der Teich- und Fischereiwirtschaft an. Wie können Sie helfen?
Ich arbeite sehr gut mit dem Fischereiverband und dem Teichwirteverband zusammen. Der Fischotter wird ebenso wie der Wolf von der Zuständigkeit vom Naturschutzrecht ins Jagdrecht übergehen. Darüber hinaus haben wir auch das steirische Fischereigesetz novelliert. Von meiner Seite gibt es volle Unterstützung für mehr heimischen Fisch, der Selbstversorgungsgrad liegt ja bei gerade einmal sechs Prozent. Das will ich auf jeden Fall erhöhen, denn regionales und saisonales Essen ist gelebter Klima- und Umweltschutz!
Als Zuständige für den Wohnbau forcieren Sie die vermehrte Holzverwendung. Wie schaffen Sie dies trotz geringerer Bautätigkeit?
Mit dem geförderten Wohnbau haben wir das perfekte Instrument dafür. Hier habe ich es auch dank der großartigen jahrzehntelangen Vorarbeit von Hans Seitinger mit dem aktuellen Bauprogramm erstmals geschafft, die Holzbauquote auf über 30 Prozent zu heben. Damit sind wir österreichweit meilenweit Vorreiter. Darauf bin ich stolz – ein Maximum an Wertschöpfung bleibt in der Region.
Ihre persönliche Botschaft an die Bäuerinnen und Bauern?
Bleiben wir optimistisch, mutig und innovativ. Und: Du bist nicht allein! Wenn wir alle an einem Strang ziehen, werden wir Rahmenbedingungen schaffen, unter denen wir unsere Betriebe gut und gerne an die nächste Generation weitergeben können.