Turbulenter Milchmarkt
Seit Herbst 2021 war das Milchangebot knapp, die Erzeugerpreise erreichten Höchststände. Auch die heimische Milchwirtschaft profitierte von der knappen Rohstoffsituation. Die österreichischen Milchbauern waren dank guter Grundfutterqualitäten in der Lage, die Gunst der Stunde zu nutzen. Den heimischen Molkereien gelang es, im vergangenen Jahr den wertvollen Rohstoff Milch bestens zu vermarkten. Im letzten Quartal des Vorjahres und mit Jahresbeginn folgte die Trendwende.
Das steigende Milchaufkommen in der EU und global sowie die zusätzlichen Auswirkungen der Teuerung schlagen sich massiv auf dem Milchmarkt und bei den Erzeugerpreisen nieder. Seit Jahresbeginn folgen die heimischen Erzeugerpreise dem globalen rückläufigen Trend.
Höhere Anlieferung
Im ersten Quartal von 2023 war das Milchaufkommen in der EU um 0,6 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Das entspricht einer Menge von 0,2 Millionen Tonnen Milch. Durch die höheren Milchinhaltsstoffe war das Rohstoffaufkommen zusätzlich erhöht. Ein vergleichbares Bild zeichnet sich beim Exportangebot wichtiger globaler Exportländer ab. In den ersten drei Monaten 2023 verzeichneten die wichtigsten Exportländer eine Zunahme von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresniveau. Im April/Mai wurde auf der Nordhalbkugel zusätzlich die saisonale Höchstmenge produziert. Der saisonale Milchmengenverlauf wirkt sich auf die Erzeugerpreise aus.
Die heimischen Milchviehbetriebe haben in der Zeit von Jänner bis März das Vorjahresniveau leicht übertroffen. Im April wurden von den Molkerei- und Sennereibetrieben in Österreich um 423 Tonnen (0,15 Prozent) mehr Milch übernommen als im Vorjahresmonat.
Unter Druck
In Österreich und Europa stagniert derzeit der Absatz von Milchprodukten. Durch die Teuerung ist ein deutlicher Rückgang bei Premium- und Markenprodukten bemerkbar. Rabattaktionen im Lebensmitteleinzelhandel werden genutzt, um Konsumentinnen und Konsumenten zu locken. Durch den steigenden Eigenmarkenanteil werden die Molkereien und folglich auch Milchbauern unter Druck gesetzt (Grafik). Seit Jahresbeginn wurde der durchschnittliche Erzeugermilchpreis für gentechnikfreie Qualitätsmilch in der Steiermark um 10,9 Prozent oder 5,95 Cent netto pro Kilogramm Milch reduziert. Im Mai wurden zwischen 47,60 und 52,50 Cent netto für GVO-freie Qualitätsmilch an die steirischen Milchviehbetriebe ausbezahlt. Mit Juni kam es zu weiteren Preisreduktionen. Schwierig gestaltet sich derzeit auch das Spezialmilchsegement. Es kam bereits zu Reduktionen der Bio-Milch-Zuschläge.
Seit Jahresbeginn entwickeln sich die Erzeugerpreise in der EU rückläufig. Die Notierungen an den Spotmilchmärkten zeigen ebenfalls eindeutig nach unten.
Schwieriger Ausblick
Eine detaillierte längerfristige Prognose ist schwierig. Durch die sinkenden Erzeugerpreise werden vermutlich die expansiven Tendenzen etwas nachlassen. Welchen Einfluss die Witterung im Sommer auf die Milchproduktion haben wird, ist nicht absehbar. Der Markt wird sich vermutlich erst gegen Herbst/Winter etwas erholen.
Das steigende Milchaufkommen in der EU und global sowie die zusätzlichen Auswirkungen der Teuerung schlagen sich massiv auf dem Milchmarkt und bei den Erzeugerpreisen nieder. Seit Jahresbeginn folgen die heimischen Erzeugerpreise dem globalen rückläufigen Trend.
Höhere Anlieferung
Im ersten Quartal von 2023 war das Milchaufkommen in der EU um 0,6 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Das entspricht einer Menge von 0,2 Millionen Tonnen Milch. Durch die höheren Milchinhaltsstoffe war das Rohstoffaufkommen zusätzlich erhöht. Ein vergleichbares Bild zeichnet sich beim Exportangebot wichtiger globaler Exportländer ab. In den ersten drei Monaten 2023 verzeichneten die wichtigsten Exportländer eine Zunahme von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresniveau. Im April/Mai wurde auf der Nordhalbkugel zusätzlich die saisonale Höchstmenge produziert. Der saisonale Milchmengenverlauf wirkt sich auf die Erzeugerpreise aus.
Die heimischen Milchviehbetriebe haben in der Zeit von Jänner bis März das Vorjahresniveau leicht übertroffen. Im April wurden von den Molkerei- und Sennereibetrieben in Österreich um 423 Tonnen (0,15 Prozent) mehr Milch übernommen als im Vorjahresmonat.
Unter Druck
In Österreich und Europa stagniert derzeit der Absatz von Milchprodukten. Durch die Teuerung ist ein deutlicher Rückgang bei Premium- und Markenprodukten bemerkbar. Rabattaktionen im Lebensmitteleinzelhandel werden genutzt, um Konsumentinnen und Konsumenten zu locken. Durch den steigenden Eigenmarkenanteil werden die Molkereien und folglich auch Milchbauern unter Druck gesetzt (Grafik). Seit Jahresbeginn wurde der durchschnittliche Erzeugermilchpreis für gentechnikfreie Qualitätsmilch in der Steiermark um 10,9 Prozent oder 5,95 Cent netto pro Kilogramm Milch reduziert. Im Mai wurden zwischen 47,60 und 52,50 Cent netto für GVO-freie Qualitätsmilch an die steirischen Milchviehbetriebe ausbezahlt. Mit Juni kam es zu weiteren Preisreduktionen. Schwierig gestaltet sich derzeit auch das Spezialmilchsegement. Es kam bereits zu Reduktionen der Bio-Milch-Zuschläge.
Seit Jahresbeginn entwickeln sich die Erzeugerpreise in der EU rückläufig. Die Notierungen an den Spotmilchmärkten zeigen ebenfalls eindeutig nach unten.
Schwieriger Ausblick
Eine detaillierte längerfristige Prognose ist schwierig. Durch die sinkenden Erzeugerpreise werden vermutlich die expansiven Tendenzen etwas nachlassen. Welchen Einfluss die Witterung im Sommer auf die Milchproduktion haben wird, ist nicht absehbar. Der Markt wird sich vermutlich erst gegen Herbst/Winter etwas erholen.
Interviews mit den Verantwortlichen aller in der Steiermark tätigen Molkereien:
Was zahlt Ihre Molkerei aktuell für konventionelle GVO-freie Milch, Biomilch sowie für Spezialmilchsorten? | Wie beurteilen Sie die aktuelle Milchmarktlage und die Auswirkungen auf die Erzeugerpreise? | Vor welchen Herausforderungen stehen Bauern und Molkereien nun aufgrund des angespannten Milchmarktes? | Welche Rolle spielt Tierwohl für Ihre Molkerei. Wird dieses Thema an Stellenwert gewinnen? | Problem Eigenmarken: Wie stark ist der Druck seitens des Lebensmittelhandels? | Welche Rolle spielen in Ihrer Molkerei Milchimitate wie Haferdrinks und andere Ersatzprodukte? | |
Johann Loibner ist Vorstand der Berglandmilch | Mit 1. Juni mussten wir wieder um einen Cent netto senken. Für konventionelle Milch zahlen wir jetzt 49,40 Cent netto. Der Biomilchzuschlag liegt seit April 6,2 Cent – bis September 2022 betrug der Höchststand noch 12,20 Cent. Heumilch: 54,35 Cent, Bio-Zurück zum Ursprung: 59,20 Cent. | Sehr angespannt. Ein steigendes Angebot trifft auf eine geringere Nachfrage. Wegen der guten Preise haben Deutschland, Niederlande und Polen die Produktion angekurbelt. Das Preistal ist aus meiner Sicht leider noch nicht erreicht. Für Herbst hoffe ich, dass es wieder bergauf geht. | Leider wird der Erzeugermilchpreis weiter sinken. Für die Bauern und Molkereien ist die Situation wegen der hohen Produktionskosten und sinkenden Erlöse wirklich sehr schwierig. Auch Strom ist noch sehr teuer. Ende 2024 wird die Berglandmilch von Gas unabhängig sein. | Tierwohl hat eine wichtige Rolle. Das zeigt sich deutlich in Zeiten mit einem hohen Angebot und einer niedrigeren Nachfrage. Wir spüren das stark auf unseren Exportmärkten. Daher zahlen wir seit zwei Jahren einen Tierwohlbonus von bis zu zwei Cent – über eine Erhöhung denken wir nach. | Wir sind in permanentem Austausch mit unseren Handelspartnern – die aktuelle Situation vor diesem Hintergrund ist keine außergewöhnliche. Dennoch verspüren wir durch die aktuelle Inflationsdebatte, dass sich das Einkaufsverhalten zulasten hochpreisiger Produkte verändert. | Sie haben für die Berglandmilch eine sehr untergeordnete Bedeutung. Wir bieten Haferdinks und etwas Humus an. Die Rohstoffe dazu – Hafer und Kichererbsen – kommen aus dem Waldviertel. Dieser Markt wächst stark, allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau. |
Jakob Karner ist Obmann der Obersteirischen Molkerei (OM) | Für konventionelle, GVO-freie Milch zahlen wir 48 Cent netto; für konventionelle Heumilch einen Zuschlag von 4,5 Cent netto; für Bio-Milch einen Zuschlag von 10,09 Cent und für Bioheumilch gibt es ein Plus von 14,2 Cent netto. Wir haben keine Mengenstaffel und zahlen allen gleich viel. | Die Marktlage ist kritisch. Ein Überangebot am europäischen Markt trifft auf eine verhaltene Nachfrage durch verminderte China-Exporte. Durch die hohe Inflation wird beim Einkaufen gespart und in den Regalen der Einkaufscenter wird der Platz für vegane Milchersatzprodukte immer größer. | Die Herausforderung in den nächsten Monaten besteht darin, dass das Angebot und die Nachfrage am Milchmarkt wieder in Einklang kommen. Das verlangt eine gewisse Solidarität und Intelligenz jedes einzelnen Milchbauern und jeder einzelnen Milchbäuerin. | Tierwohl spielt eine große Rolle und wird noch wichtiger. Wir waren die erste Molkerei in Österreich, die die ganzjährige Anbindehaltung verboten hat und diskutieren das Thema immer wieder mit den Lieferanten. Wir empfehlen, Umbaumaßnahme beim Stall in Richtung Laufstall zu tätigen. | Egal ob Eigenmarke oder Handelsmarke, das Problem ist, dass wir in Österreich die höchste Konzentration an Handelsketten in Europa haben. Wenn man zum Beispiel bei zwei Lebensmittelkonzernen nicht gelistet ist, ist man für mehr als 60 Prozent der Bevölkerung nicht erreichbar. | Ihre Bedeutung ist noch gering. Eine kleine Anzahl Veganer, aber immer mehr Flexitarier lassen den Absatz stagnieren. Wir können uns Trends nicht verschließen. Den Konsumenten ist der Wert von Milch im Gegensatz zu „Industrie-Milchalternative“ aber immer wieder aufzuzeigen. |
Andreas Radlingmaier ist Aufsichtsratsvorsitzender der Landgenossenschaft Ennstal/Ennstal-Milch | Aktuell zahlt die Ennstalmilch seit 1. Juni 50,50 Cent netto – wir mussten den Erzeugermilchpreis um 2,5 Cent zurücknehmen. Für Biomilch beträgt der aktuelle Erzeugermilchpreis 56,70 netto, wobei wir den Biomilchzuschlag somit auch um 0,9 Cent reduzieren mussten. | Der Druck durch den Handel ist sehr groß. Das bringt Bauern und Molkereien in eine Schieflage, weil die Kosten nur sehr begrenzt sinken – beispielsweise bei Energie. Bei Verpackungen sind wir mit Preisforderungen konfrontiert. Zucker ist sehr teuer, die Löhne sind stark gestiegen. | Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als eine weitere Senkung durchzuführen. Dabei wird es um ein paar Cent gehen – den 5er werden wir mit Juli nicht mehr halten können. Das sind keine guten Nachrichten für die Milchbauern, aber wir müssen den Markt zur Kenntnis nehmen. | Bei unseren Abnehmern spielt Tierwohl noch keine große Rolle. Mit Jänner 2024 treten die neuen AMA-Gütesiegel-Richtlinien in Kraft. Über einen Tierwohlbonus denken wir nach. In diesem Zusammenhang ist eine verpflichtende Mitgliedschaft beim Tiergesundheitsdienst notwendig. | Eigenmarken sind ein zweischneidiges Schwert. Sie sind im Handel voll etabliert. Der Druck seitens des Handels wird immer größer, für uns ist dieser stark spürbar. Besonders gefährlich für uns Bauern und Molkereien ist die Austauschbarkeit, insbesondere durch ausländische Milch. | Der Marktanteil von Milchimitaten ist sehr gering und ein überschaubares Marktsegment. Jedenfalls verlangt der Markt solche moderne Drinks und wir können es uns als Molkerei nicht leisten, hier nicht dabei zu sein. Es geht dabei insbesondere auch um die Auslastung unserer Maschinen. |
Leopold Gruber-Doberer ist Geschäftsführer der Milchgenossenschaft Niederösterreich (MGN) | Unser Erzeugermilchpreis liegt aktuell bei 49,40 Cent netto – wir mussten ihn mit 1. Juni um einen Cent zurücknehmen. Das ist bereits die vierte Senkung im heurigen Jahr, im Jänner lag unser Auszahlungspreis noch bei 57 Cent netto. Für Biomilch zahlen wir einen Zuschlag von 4,8 Cent netto. | Die Anlieferung in Europa ist höher als der Bedarf. Daher werden wir den Erzeugermilchpreis mit Juli wieder um ein paar Cent herabsetzen müssen. In Österreich haben wir jedenfalls auch eine herbeigeredete Preishysterie – die Butter ist zu teuer, aber die Flugreisen sind ausgebucht! | Hohe Kosten und sinkende Preise. Das bedeutet: Durchhalten bis sich das Rad wieder dreht und die Mengen zurückgehen. Dieses Szenario könnte uns noch länger begleiten. Bis Herbst wird sich die Lage einpendeln. Dass es im Herbst wieder nach oben geht, kann ich nicht unterstreichen. | Eine so große wie nie zuvor! Billige Milch und hohe Tierwohlstandards – das haben die Medien und die Ketten den Konsumenten eingeredet. Wir zahlen einen Tierwohlbonus: 0,2 Cent für Kombinationshaltung, 0,5 Cent für Laufstallhaltung und einen Cent für Laufstall mit Auslauf. | Der Druck ist sehr stark, weil wir einfach zuviel Milch produzieren und das europaweit. Wenn alle in Europa vernünftig wären und weniger produzieren würden, könnte das anders aussehen. Offenbar kann das nur die reine Betriebswirtschaft und die unsichtbare Hand des Marktes regeln. | Milchimitate sind kein wirkliches Thema, sondern eine Nische, die nicht kriegsentscheidend ist. Wir hatten eine gewisse Zeit einen Kakao-Haferdrink in den Regalen stehen. Den haben wir wieder herausgenommen. Denn: Wir produzieren gerne Produkte mit großen Absatzmengen! |
Helmut Petschar ist Geschäftsführer der Kärntnermilch, die von oststeirischen Betrieben Milch abnimmt | Für GVO-freie Milch zahlen wir aktuell 50 Cent netto, für Bio-Wiesenmilch bieten wir einen Zuschlag von 11,75 Cent netto. Voraussichtlich werden wir bei unserer Sitzung Ende Juni eine weitere Senkung vornehmen müssen. Realistisch ist meiner Einschätzung nach ein Milchpreis von 45 Cent. | Weil teilweise die Energiekosten gefallen sind, haben die Handelspartner die Preise in den Geschäften für Butter und Milch gesenkt. Grundsätzlich ist in Europa einfach zuviel Milch da. Ich erhoffe mir eine gewisse Stabilisierung im Herbst beziehungsweise bis zum Jahresende. | Wir haben nach wie vor sehr hohe Kosten. Die Stichwörter dazu: hohe Lohnabschlüsse und Verpackungskosten. Niemand weiß, wie es mit den Energiekosten weitergeht. Auch die Futtersituation ist eine offene Frage. Diese Faktoren spielen für die Marktentwicklung eine wichtige Rolle. | Ja, das Tierwohl ist in Diskussion. Ende 2023 wird es keine Milch mehr aus der dauernden Anbindehaltung geben. Aktuell zahlen wir noch unabhängig von der Anlieferungsmenge allen Milchbäuerinnen und Milchbauern denselben Preis. | Durch das hohe Angebot wird der Druck noch stärker – vor allem durch ausländische Milch! Von den Handelsketten verlange ich Fairness. Mein Appell: Gentechnikfreiheit und Glyphosatfreiheit müssen auch für ausländische Milch gelten und das ist den Konsumenten zu sagen! | Sie wachsen. Gott sei Dank ist es nicht erlaubt, für Milchimitate die Bezeichnungen Milch oder Joghurt auf das Packerl oder den Becher zu schreiben. Wird aber das Wort „Mlik“ verwendet, so ist das eine Irreführung. Das positive Image der Milch zu nutzen, kritisiere ich scharf. |