Tierwohl ist geschätzt, aber kaum bezahlt
Tierwohlbericht 2024
Der Tierwohlbericht 2024 der österreichischen Schweinebörse kommt zu drei zentralen Ergebnissen. Erstens: Nach Jahren des Rückgangs stabilisiert sich die heimische Schweineproduktion. Zweitens: Zuwächse gibt es nur bei Schlachtungen ohne Qualitätsprogramm. Drittens: die Tierwohlschiene stagniert auf sehr niedrigem Niveau von 6,1 Prozent.
Stabilisierung
Nach Rückgängen der vergangenen Jahre stabilisiert sich die heimische Schweineproduktion mit insgesamt rund 4,4 Millionen von der Klassifizierung erfassten Schlachtungen. Das ist ein Plus von 0,9 Prozent. Die genaue Betrachtung dieser Zahlen zeigt, dass davon rund 2,17 Millionen Schlachtungen oder rund 49 Prozent keinem Qualitätsprogramm zuzuordnen sind – das ist ein beachtliches Plus von 3,9 Prozent. Davon wiederum wurden 1,62 Millionen Schweine in Österreich geboren, gemästet und geschlachtet. Bei weiteren 137.000 Schweinen kamen allerdings die Ferkel aus dem Ausland, ein Plus von 42,2 Prozent. Österreichbörse-Geschäftsführer Johann Schlederer: „Das ist eine Folge von nationalen Alleingängen bei den Haltungskriterien und hängt mit dem bis 2033 umzusetzenden Umbau auf Bewegungsbuchten in der Sauenhaltung zusammen.“ Rund zwei Millionen Schweineschlachtungen oder 45,3 Prozent entfielen auf das AMA-Gütesiegel. Das waren aber um drei Prozent weniger als im Jahr 2023.
Tierwohl stagniert
Der Markt für Tierwohlschweine dürfte aber bis auf weiteres gedeckt sein. Zwar wurden 2024 österreichweit insgesamt 246.000 Bio- und Tierwohlschweine geschlachtet, der Marktanteil heimischer Schlachtungen ist mit 6,1 Prozent aber immer noch nicht wirklich von großer Bedeutung. Außerdem stagniert das Wachstum: Bei den AMA-Qualitätsprogrammen „Bio“ sowie „Mehr Tierwohl – Gut“ sind die Schlachtungen um jeweils 1,8 Prozent zurückgegangen. Lediglich das AMA-Gütesiegelprogramm „Mehr Tierwohl – Sehr gut“ ist von 44.000 auf 67.000 Schlachtungen gestiegen. Zurückzuführen ist Letzteres auf die Initiative der Handelskette Billa, die ihr Programm „Fair zum Tier“ ausgebaut hat. „Weitere Zuwächse sind aus heutiger Sicht nicht zu erwarten, weil der ,Fair zum Tier’-Ausbau Ende 2025 abgeschlossen ist“, sagt Schlederer.
Nachfrage fehlt
Dabei ist das Interesse vor allem junger Bäuerinnen und Bauern, die Schweinehaltung auf besonders tierfreundliche Haltung umzustellen, beachtlich wie Styriabrid-Obmann Kurt Tauschmann betont: „Die Bauern wollen ja mehr Tierwohl, aber die Konsumenten sind kaum bereit, mehr dafür zu bezahlen.“ Er rechnet nicht damit, dass die Branche ihr selbst gestecktes Ziel, bis 2030 eine Million Bio- und Tierwohlschweine auf den Markt zu bringen, halten wird. Tauschmann bekräftigt: „Die Bauern sind jederzeit bereit, mehr Tierwohlschweine zu halten. Aktuell fehlt jedoch die Nachfrage unserer Marktpartner – vom Lebensmitteleinzelhandel über den Großhandel, der Verarbeitungsindustrie, der Gastronomie bis hin zu den Konsumenten.“ Die aktuelle Marktentwicklung auf dem Tierwohlsektor muss bei den aktuellen Verhandlungen zu den unstrukturierten Spaltenböden einfließen, verlangt Tauschmann: „Ich vertraue auf die Politik, dass sie vernünftige Lösungen zustande bringt.“