Obstbau: Sechs vielversprechende Wege
Der Apfel hat einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert. Er steht für Gesundheit, Genuss und Wohlstand. Die Steiermark erntet im Schnitt 75 Prozent der österreichischen Äpfel und sichert damit die heimische Versorgung. Dem milden steirischen Klima und den rund 1.000 bäuerlichen Profi-Betrieben ist es zu verdanken, dass die heimische Qualität auch außerhalb der Landesgrenzen bekannt ist.
Die schwierigen Witterungsbedingungen im Frühjahr haben die heurige Erntebilanz leider getrübt. Nur etwa 60 Prozent einer Normalernte wurden eingefahren – der Geschmack der Früchte ist aber durch die vielen Sonnenstunden im Herbst außergewöhnlich. Leider haben die Schwierigkeiten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. So stehen die heimischen Apfelproduzenten heute vor den größten Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte. Auch die Interessenvertretung ist mehr als gefordert: Die heimischen Obstbäuerinnen und Obstbauern benötigen akzeptable Rahmenbedingungen für die Produktion und eine Wertschätzung für ihren außergewöhnlich hohen Einsatz!
Die schwierigen Witterungsbedingungen im Frühjahr haben die heurige Erntebilanz leider getrübt. Nur etwa 60 Prozent einer Normalernte wurden eingefahren – der Geschmack der Früchte ist aber durch die vielen Sonnenstunden im Herbst außergewöhnlich. Leider haben die Schwierigkeiten in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. So stehen die heimischen Apfelproduzenten heute vor den größten Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte. Auch die Interessenvertretung ist mehr als gefordert: Die heimischen Obstbäuerinnen und Obstbauern benötigen akzeptable Rahmenbedingungen für die Produktion und eine Wertschätzung für ihren außergewöhnlich hohen Einsatz!
Frost und Klimawandel
Mit dem ständig früheren Vegetationsbeginn wirken sich auch die Spätfröste im April zunehmend problematischer aus: In den vergangenen sechs Jahren wurde nur eine einzige Normalernte erzielt! Nur durch die vom Land und Bund geförderte Frostversicherung konnten viele Betriebe vor dem Ruin bewahrt werden, wenngleich der Selbstbehalt bei den Prämien schwer zu stemmen ist. Die öffentliche Hand unterstützt auch die Errichtung von Frostschutz- und Bewässerungsanlagen, leider ist die Wasser-Verfügbarkeit nicht überall ausreichend gegeben.
Pflanzenschutz
Ein weiteres Problem spitzt sich bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zu. Immer weniger Menschen verstehen, dass ein bestimmtes Maß an Pflanzenschutz für die geforderte Top-Apfelqualität notwendig ist, noch dazu wo ständig neue Krankheiten und Schädlinge eingeschleppt werden. Fehlgeleitet von idyllisch verzerrten Werbespots und aufgehetzt von fanatischen NGOs wird regelrecht Panikmache vor sehr gut untersuchten Wirkstoffen betrieben und diese als Pestizide verteufelt. Tagtäglich betreiben Landwirtschaftskammer und der Obstbauverband Aufklärungsarbeit. Auch wird intensiv an Systemen gearbeitet, um den Sprühvorgang abdriftärmer und leiser zu machen. Zum Schließen von Bekämpfungslücken sind die von der Interessenvertretung betriebenen Notfallzulassungen entscheidend. Gegenüber den Handelsketten, den NGOs und Behörden fordert die Kammer auch bei Importware dieselben Produktionsstandards wie im Inland.
Arbeitskräfte
Hinsichtlich der Verfügbarkeit von Fremdarbeitskräften unternimmt die Obstwirtschaft Jahr für Jahr größere Anstrengungen. Es werden erhebliche Investitionen in Unterkünfte getätigt und die Lohn- sowie Sozialleistungen steigen laufend. Die Kammer konnte bislang günstige Einreise-Bedingungen erreichen. Etwas entspannt hat sich die Lage, weil durch die Corona-Krise allen klar wurde, dass Fremdarbeitskräfte für die Landwirtschaft tatsächlich unverzichtbar sind.
Herkunftsangaben
Der heimische Apfelmarkt wird seit Jahrzehnten vom europäischen Angebot bestimmt. So kann eine kleine österreichische Ernte nicht immer durch bessere Preise kompensiert werden. Auch die große Konzentration im Lebensmittel-Einzelhandel ist ein Hindernis für faire Preisverhandlungen. Nur durch das hohe Konsumenten-Vertrauen dominieren in den Regalen heimische Äpfel zu mehr als 90 Prozent. Eine Ausweitung der Deklarationspflicht ist daher eine sehr wichtige Forderung der Interessenvertretung. Während die Herkunftsangabe von Frischobst verpflichtend ist, fehlt diese Deklarationspflicht bei Verarbeitungsprodukten. Diese, derzeit sehr unbefriedigende Situation verhindert vielfach eine bewusste Kauf-Entscheidung im Handel, in der Gastronomie oder Gemeinschaftsverpflegung. Großes Bemühen setzt die Interessenvertretung auch auf die Weiterentwicklung von Methoden zur Überprüfung der Herkunftsangaben.
Innovationsgeist
Diese großen Herausforderungen haben bereits zu Strukturveränderungen geführt. Die steirische Obstbranche ist bekannt für ihren Innovationsgeist, die gute Ausbildung und für die Bereitschaft, sich den Herausforderungen zu stellen. Mit unterschiedlichen Strategien schlagen daher immer mehr Betriebe neue Wege ein. Wir stellen nebenan beispielhaft sechs Betriebe vor (unten).
Regionalität ist gefragt
Bei Martin Weber in Eggersdorf geht die heurige Apfelernte, die bereits im Juli begonnen hat, nun langsam ins Finale: „Wir haben sehr frühe bis sehr späte Sorten und können unsere Kunden so ganzjährig mit heimischen Äpfeln beliefern.“ Insgesamt 20 Sorten gedeihen auf der fünf Hektar umfassenden Obstbaufläche des Familienbetriebes. Sie gehen über Direktvermarktung an den Konsumenten – verkauft wird ab Hof, aber auch auf den Bauernmärkten in Andritz, Straßgang und Feldkirchen. „Seit dem Schlüsseljahr 2016, wo uns der Frost enorm zugesetzt hat, arbeiten wir mit Frostberegnung. Eine Investition, die sich voll gelohnt hat, weil wir auf diese Weise Versorgungssicherheit gewährleisten können. Ansonsten heißen seine Antworten auf den schwer gebeutelten Apfelmarkt: „Anbau von kleineren Apfelsorten, die bei älteren Menschen und Kindern sehr gefragt sind. Wir setzen auch stark auf heimische regionale Sorten; die sind den Menschen emotional nahe und werden daher sehr gerne gekauft. Wir punkten zudem auch mit Natürlichkeit und verzichten ganz bewusst auf Reifehemmer.“
Alle Facetten nützen
„Der Apfel unterliegt harten Preiskämpfen – hat das alles überhaupt noch Zukunft?“, fragt sich Obstbäuerin und Mostkönigin Hanna Mausser aus Hitzendorf. „Es ist ein harter und langer Kampf für uns Obstbauern“, betont sie und nennt zusätzliche große Herausforderungen wie den Klimawandel: „Jedes Jahr bangen wir um die Ernte und vor allem um die Existenz des Betriebes. Lohnt es sich, so viel in den Betrieb zu investieren, wenn am Ende des Jahres nichts davon übrig bleibt?“
Und so beantwortet sie selbst ihre Frage: „Wir setzen auf die Obstverarbeitung. Durch die Weiterverarbeitung des Urproduktes ist die Wertschöpfung viel größer und der Betrieb bekommt mehr für seine Produkte. Der Apfel ist sehr facettenreich und lässt sich zu wunderbaren schmackhaften und edlen Produkten weiterverarbeiten.“ Dabei wird vor allem auf ein „sauberes Grundprodukt“ geachtet.
Was Mausser besonders freut: „Der Apfelwein von heute ist ein edles genussvolles Getränk und wird in einem schönen Stilglas serviert. Dank der modernen Kellertechnik ist es uns möglich, präzise und genau zu arbeiten.“
Druck steigt enorm
Wenn Obstbauer Manfred Rechling aus Gschmaier in die Zukunft blickt, dann bildet sich so manche Sorgenfalte auf seiner Stirn: „Die Zeiten sind für uns wirklich schwierig. Die Produktionskosten steigen, der Klimawandel sorgt für Frostausfälle usw. Wir werden zubetoniert mit Auflagen und Verordnungen, dazu kommt ein wachsender gesellschaftlicher Druck –von Qualität bis Pflanzenschutz. Ganz zu schweigen von der Konkurrenz aus dem Ausland.“ Hier wünscht sich Rechling endlich klare Umsetzungen, was die Herkunftskennzeichnung angeht: „Wir regionale Obstbauern geben unsere Gesichter für die Ware her und in den Regalen der Handelsketten müssen wir uns dann mit Produkten aus dem Ausland matchen.“
Dennoch ist Rechling „von Herzen“ Obstbauer; von seinen 13 Hektar sind mittlerweile fünf Hektar Biofläche. Neun Apfelsorten hat er insgesamt im Programm. Was ihm besondere Freude macht: „Mein Sohn Karl steigt voll in die Landwirtschaft ein. Neben dem Obstbau wird es künftig aber eine neue Schiene geben, Karl setzt auf Hühner und mobile Freilandhaltung.“
Auf Bio umgestellt
„Wir wollen das Ausland mit höchster und bester Qualität übertrumpfen!“ So lautet die Antwort von Anna-Maria Prem, die in Kaindorf auf einer Fläche von 15 Hektar Äpfel anbaut. Der Weg zur Top-Qualität führt für die engagierte Obstbäuerin über die Bio-Schiene: „Wir haben alles auf Bio umgestellt; seit zwei Jahren sind wir zudem auch Demeter-zertifiziert. Darin sehen wir eine große Chance, den Billig-Angeboten aus dem Ausland Paroli bieten zu können.“ Zudem setzt sie auf neuere Sorten, sogenannte Clubsorten, weil man sich davon mehr Preisstabilität erhofft. Vermarktet wird über Handelsketten sowie über die „Von Herzen Bio-Bauern GmbH“.
Trotz dieser zukunftsweisenden Maßnahmen war es den Prems wichtig, sich mit einem weiteren Standbein abzusichern: „Wir haben mittlerweile auch 80 Legehennen, die frei in unserer Obstplantage herumlaufen können.“ Zurück zum Apfel: Die beste Werbung für ihre Qualität macht Maria Prem selbst, wenn sie schwärmt: „Es gibt nichts besseres als einen frischen Apfel oder einen selbst gemachten Apfelkuchen.“
International mithalten
Instabile Marktlage, Sortimente, die nicht mehr wirklich zukunftsfähig sind und die Auswirkungen des Klimawandels nennt Martin Gschweitl in Prebuch als die größten Herausforderungen, mit denen er als Obstbauer zu kämpfen hat. Doch mit seinem Bruder Andreas, die beiden bewirtschaften eine eigene 20 Hektar große Fläche, wirkt er dem mit Engagement und Professionalität entgegen. Das innovative Duo schielt dabei weit über die Steiermark hinaus: „Im In- und Ausland wird in Sachen Qualitätssteigerung, Produktionsoptimierung und Kosteneinsparung reger Austausch mit Kollegen betrieben. Dieser Vergleich ist wichtig, weil wir stark auf internationale Märkte setzen.“ Das Sortiment wird auch entsprechend angepasst, um die Chancen am Weltmarkt zu erhöhen. Gelingen soll das vor allem mit den so genannten Clubsorten. Mit dieser Strategie wollen sich die beiden auch vom Ostmarkt und dem damit verbundenen Preiskampf absetzen. Großes Augenmerk wird auch auf die betriebswirtschaftliche Arbeit gelegt. Die Vermarktung läuft übrigens über die etablierte Erzeugerorganisation Opst.
Am Markt orientieren
Karin Absenger steckt gerade mitten in der Apfelernte, aber für ein kurzes Gespräch stellt sie den Apfelkorb gerne ab. Schließlich ist es ihr wichtig, dass der steirische Apfel bestens ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wird. Ihr Beitrag dazu ist aber in erster Linie die hohe Qualität. Auf knapp zehn Hektar gedeihen am Betrieb in Heiligenkreuz am Waasen rund 15 Apfelsorten; sehr frühe bis sehr reife. Die Ernte, etwa 30 bis 35 Tonnen pro Hektar, wird zu hundert Prozent selbst vermarktet. „Die Handelsketten sind für uns da sehr wichtige Absatzpartner, weil sie natürlich entsprechend hohe Mengen abnehmen. Wir liefern aber auch an Genussläden und immer gefragter wird der Ab-Hof-Verkauf“, gibt Karin Absenger Einblick. Ihre Antworten auf die wachsenden Herausforderungen für die Apfelbauern: „Wir reagieren flexibel auf Kundenwünsche und passen uns dem Markt an. Etwa wenn es um die Sorten geht, hier ist Regionalität gerade besonders gefragt. Also Sorten, die international nicht austauschbar sind wie Elstar oder Kronprinz Rudolf. Auch mit laufender Aus- und Weiterbildung rüsten wir uns für die Zukunft.“