Nur Lösungen zählen – bin gerne Türöffner
25 Jahre Kammerobmann. Was waren bisher Ihre größten Herausforderungen?
Werner Pressler: Ich bin Kammerobmann mit Leib und Seele. Zu den besonderen Herausforderungen zählte sicherlich das Sturmtief Paula, wovon viele Betriebe, auch unser Forst, massiv betroffen waren. Alle haben an einem Strang gezogen – die Mitarbeiter der Bezirks- und Landeskammer, des Waldverbandes – und die bestmöglichen Lösungen gefunden. Alle haben die betroffenen Familien auch psychisch unterstützt. Das prägendste Ereignis war für mich die Veranstaltung mit rund 500 betroffenen Bäuerinnen und Bauern – es gelang uns, die Sorgen und Ängste zu nehmen. Wir haben Licht am Ende des Tunnels gebracht und Lösungen bei der Aufarbeitung und Vermarktung in die Wege geleitet.
Helfen ist Ihr Credo. Wie helfen Sie den Bäuerinnen und Bauern?
Die größte Hilfe ist, 24 Stunden am Tag für die Bäuerinnen und Bauern da beziehungsweise erreichbar zu sein. Mein Anspruch ist, immer einen Weg oder eine Lösung für die Bäuerinnen und Bauern zu finden – niemand darf mit leeren Händen heimgehen.
Sie sind auch stellvertretender Vorsitzender der Sozialversicherung der Selbständigen in der Steiermark. In dieser Funktion spielt „Helfen“ eine besondere Rolle.
Für viele Bäuerinnen und Bauern bin ich Türöffner zu den vielfältigen Leistungen der Sozialversicherung, die beansprucht werden können.
Über die Sozialversicherungsbeiträge wird immer wieder debattiert. Ihr Vorschlag?
Die Zahlen sagen uns: In Ober- und Niederösterreich nutzen jeweils mehr als 2.000 Betriebe die Beitragsoption, in der Steiermark nur etwa 300. Hier haben wir Aufholbedarf. Dazu ist jedenfalls eine betriebsspezifische Beratung nützlich. Erst dieser Tage habe ich mich mit einem Fall beschäftigt, der sich als etwa 40-Jähriger bis zur Pensionierung durch die Beitragsoption zigtausend Euro an Sozialversicherungsbeiträgen ersparen könnte.
Das überrascht …
Ja! Jedoch gibt es einen Pferdefuß: Wenn man einmal die Option gewählt hat, kommt man nicht mehr heraus. Und natürlich erhält man – bedingt durch die Option – auch eine geringere Pension. Natürlich muss man genau rechnen, wann sich die Ersparnis mit der Pensionsleistung aufwiegt. Dennoch glaube ich, dass darin viel Potenzial liegt. Es hängt immer von der Persönlichkeit ab, welchen Weg der Betrieb schließlich wählt. Die Kammer bietet dazu eine sehr gute Beratung an.
Sie appellieren, sich das durchrechnen zu lassen?
Ja auf alle Fälle. Mein Appell richtet sich vor allem an jüngere Betriebsführerinnen und Betriebsführer.
Seit drei Jahren gibt es die gemeinsame Geschäftsstelle, die Bezirkskammer Weststeiermark in Lieboch. Ihre Zwischenbilanz?
Wir sind mit den Beratungs- und Serviceleistungen sehr zufrieden. Natürlich haben wir im Vorfeld intensiv debattiert und unsere Zweifel und Bedenken stark zum Ausdruck gebracht. Die Dreierlösung in Lieboch ist ein wirklicher Erfolg. Die Bezirkskammer Weststeiermark ist verkehrstechnisch gut erreichbar, im neuen Haus arbeiten hochmotivierte und hochkompetente Mitarbeiter. Außerdem: Die Alternativen wären für uns viel schlechter gewesen.
Welche Initiativen setzen Sie im Speziellen für die Jugend?
Die Jugend bildet in der Landjugend gemeinsam mit Kammer, Maschinenring, Bäuerinnenorganisation ein starkes Netzwerk. Begeistert bin ich über das intensive Zusammenwirken im Jänner für den Bezirksbauernball – ich bin wirklich stolz auf die bäuerliche Jugend im Bezirk.
Wie unterstützt die Bezirkskammer Voitsberg die Jugend?
Das beginnt bei der vielfältigen fachlichen Beratung über die Seminare für Hofübernehmerinnen und Hofübernehmer bis hin zu betriebsspezifischen rechtlichen Übergabe- und Übernahmeberatungen. Besonders wichtig ist mir auch die Förderberatung vom Top-Up für Übernehmer über die Niederlassungsprämie bis hin zu den Investitionsfördermöglichkeiten und speziellen Weiterbildungen wie die Facharbeiter- sowie Meisterkurse.
Sie stellen nach 25 Jahren Ihre Funktion als Kammerobmann zur Verfügung. Ihre resümierende Botschaft an die Bäuerinnen und Bauern?
Nicht nur auf dem Betrieb fleißig und tüchtig sein, sondern den Berufsstand nach außen vertreten und Funktionen annehmen. Als Bäuerinnen und Bauern sollten wir auch in den Gemeinden und Vereinen mit am Tisch sitzen und mitgestalten – am besten in der Rolle als Spitzenfunktionär oder Spitzenfunktionärin.
Zur Person
Werner Pressler (62) aus Edelschrott ist seit März 2000 Obmann der Bezirkskammer Voitsberg und ist auch Landeskammerrat. Er bewirtschaftet mit seiner Gattin Gudrun einen rinderhaltenden Betrieb mit Forstwirtschaft. Er trägt auch in der SVS Verantwortung.
Drei Fragen an Bezirksbäuerin Anita Suppanschitz:
Am Puls der Zeit, gut vernetzt und sehr gut organisiert. Das sind die Bäuerinnen im Bezirk Voitsberg mit der engagierten Bezirksbäuerin Anita Suppanschitz an der Spitze.
- Was hat für Sie als Bezirksbäuerin höchste Priorität?
Anita Suppanschitz: Dass der Beruf Bäuerin als attraktiv und modern wahrgenommen wird. Wichtig ist mir weiters, dass die gut ausgebildeten modernen Frauen ihr Wissen auf den Höfen einbringen und innovativ sein können.
Ein besonderes Bedürfnis ist mir: die Frauen auf den Höfen brauchen Anerkennung. Besondere Wertschätzung verdienen meiner Meinung nach jene mutigen Frauen, die am Hof konsequent neue Wege einschlagen. Die Bäuerinnen brauchen Platz am Hof, auch wenn sie ihren erlernten Beruf weiter ausüben. - Stichwort soziale Absicherung …
… diese geht Hand in Hand mit der finanziellen Absicherung. Es gibt leider immer wieder Fälle, dass nach einem Schicksalsschlag Bäuerinnen, die voll am Betrieb mitgearbeitet haben, ohne Rechte dastehen. Hier bietet die Landwirtschaftskammer vielfältige Beratungen und Veranstaltungen zur sozialen Absicherung an. Ich appelliere diese Angebote zu nützen. - Welche Vorhaben planen Sie in den nächsten Monaten?
Wir bereiten uns auf die Kammerwahl und auf die Bäuerinnenwahl im Jänner vor. Ich schätze es sehr, dass wir in allen 15 Gemeinden Gemeindebäuerinnen und Stellvertreterinnen haben. Es ist eine sehr interessante Aufgabe. Gemeinsam beschäftigen wir uns bei unseren Tagungen mit aktuellen und trendigen Themen – wir sind am Puls der Zeit! Wir Bäuerinnen sind eine starke und beeindruckende Truppe, sind gut organisiert und besonders gut vernetzt. Andere Organisationen können und wollen von uns lernen.