Mit viel Hirn pro Hektar auf neuen Wegen
Im Mai starten Sie mit Zukunftsgesprächen. Ihr Ziel dabei?
FRANZ ULLER: Auf diese fünf Zukunftsgespräche mit ingesamt mehr als 120 Bäuerinnen und Bauern aller Sparten und Altersgruppen aus der Südoststeiermark freue ich mich schon sehr. Dabei suchen wir nach gemeinsamen Lösungen und Wegen für die kleinstrukturierten landwirtschaftlichen Betriebe, damit sie ihre Zukunft und ihre Innovationen gut gestalten und weiterentwickeln können. Beispielsweise beschäftigen wir uns auch damit, was jeder Einzelne aktiv beitragen kann, statt die Schuld bei anderen zu suchen.
Wie sehr werden die daraus gewonnenen Erkenntnisse Ihre weitere Arbeit bestimmen?
Die Ergebnisse aus den Gruppen sind richtungsweisend. Sie werden wie ein Stempel unsere interessenspolitische Arbeit der nächsten Jahre prägen. Immer mit dem Ziel, die Chancen der kleinstrukturierten Betriebe zu erkennen und umzusetzen. Mein Credo ist, mit voller Energie aktiv neue Wege finden, statt jammern und den Kopf in den Sand stecken.
Die Südoststeiermark hat die kleinsten Betriebe und gleichzeitig die jüngsten Hofübernehmer. Wie ist das möglich?
Dafür gibt es drei Hauptgründe. Erstens: die beiden exzellent geführten Fachschulen in Hatzendorf und Schloss Stein mit ihren ausgezeichneten Lehrerinnen und Lehrern, die aus der Praxis kommen und die jungen Hofübernehmer motivieren, die Höfe weiterzuführen. Zweitens: Die ältere Generation jammert den Jungen nicht vor, sondern bestärkt sie in ihren Wegen. Drittens: Wir haben im Bezirk eine unverzichtbare Regionalentwicklung, die auf Innovationen und Kulinarik setzt. Sie hat ein Umdenken in den Köpfen der vielen jungen Bäuerinnen und Bauern bewirkt, die bereit sind, ihre Betriebe weiterzuführen.
In Ihrem Bezirk herrscht also Optimismus vor?
Ja, und dafür bin ich als Kammerobmann sehr dankbar. In den vergangenen Jahrzehnten ist durch harte Arbeit eine zukunftsgewandte, positive Werthaltung auch in der Landwirtschaft entstanden. Wir setzen nicht auf Größe, sondern auf Tiefe und Selbstverantwortung , auf neue Ideen, neue Produkte und neue Vertriebswege. Dieses Umdenken erfordert viel Hirn pro Hektar. Letztlich zählt, dass die Betriebe Einkommen erwirtschaften und das gelingt trotz Kleinstrukturiertheit gut bis sehr gut. Insgesamt haben wir im Bezirk 3.300 produzierende Betriebe. Viele davon betreiben die Landwirtschaft im Nebenerwerb – diese Betriebe werden meist von Frauen geführt.
Auffällig ist: viele Betriebe strahlen weit über die Bezirksgrenzen hinaus...
..das ist das Ergebnis der jahrzehntelangen Regionalentwicklung – viele Betriebe wecken höchstes mediales Interesse und erfahren von der Bevölkerung große Wertschätzung. Josef Ober und das steirische Vulkanland haben die Weichen dafür gestellt.
Generell sprechen Sie von einem Wandel in der Landwirtschaft. Was meinen Sie damit?
Wir müssen agieren statt reagieren und uns einbringen – ob in der Politik, am Stammtisch oder Interessenvertretung – um den Wandel selbst zu gestalten, statt es anderen zu überlassen. Tun wir das nicht, werden uns andere überrumpeln. Uns muss bewusst werden, dass wir die Menschen ernähren, die Kulturlandschaft pflegen – nur wir wissen, wie Landwirtschaft funktioniert. Daher appelliere ich an die Bäuerinnen und Bauern, sich einzubringen, mitzumachen und eigene Erfahrungen weiterzugeben, damit Berufskollegen Fehler vermeiden.
Sie sind ein Verfechter für gesunde Böden.
Mit dem in Feldbach beheimateten Kompetenzzentrum „Acker, Humus und Erosionsschutz“ sind wir österreichweite Vorreiter. Das Fachwissen zum Erosionsschutz, zu Begrünungs- und Anbaumethoden hat Strahlkraft weit über die steirischen Grenzen. Die verantwortungsvolle Bodenbewirtschaftung der Praktiker findet, begleitet durch die Experten, höchste Anerkennung. Auch die Zusammenarbeit mit Gemeinden in punkto Erosionsschutz sucht ihresgleichen. Und mit der „WhatsApp-Acker-Humusgruppe“ wird Wissen unkompliziert von Praktiker zu Praktiker weitergegeben, moderiert von einem Bodenexperten.
Ihre Botschaft an die Bauernschaft?
Wissen und Wollen alleine sind zuwenig. Man muss es tun.
Junge Bäuerinnen ins Boot holen und den großen Wert ihrer Leistungen herzeigen, das hat für Bezirksbäuerin Maria Matzhold höchste Priorität.
- Wie begeistern Sie junge Frauen in der Landwirtschaft für die Bäuerinnenorganisation?Maria Matzhold: Wir haben viele junge, innovative Frauen auf den Höfen. Als bäuerliche Unternehmerinnen haben sie andere Bedürfnisse, Erwartungen und Anliegen an den Beruf als meine Generation. Mir geht es darum, diese modernen jungen Frau und ihr fortschrittliches Denken und Handeln zu fördern, ihnen Gehör zu verschaffen und ihre vielfältigen Leistungen vor den Vorhang zu bringen.
- Welche Aktivitäten setzen Sie?
Beim Bäuerinnentag am 17. Mai präsentieren wir Videoclips über Jungbäuerinnen aus der Südoststeiermark. Und bei Interviews erzählen die jungen Frauen ihren Werdegang und machen ihren Anteil am betrieblichen Erfolg sichtbar. Wichtige Akzente setze ich auch zur rechtlichen Absicherung der jungen Frauen. Fundiertes Wissen zur sozialen Absicherung schützt die Bäuerinnen vor unbedachten Fallen. Hier gibt es ein erhebliches Wissensmanko, worauf ich die Bäuerinnen aufmerksam mache. - Regionale Lebensmittel sind Ihnen ein Herzensanliegen ...
... ja wir müssen nicht weit fahren, sondern wir haben die besten Lebensmittel ums Eck. Unsere vielen Direktvermarkter im Bezirk ermöglichen in fast jedem Ort, direkt auf einem Bauernhof einzukaufen. Daher rühre ich mit den Bäuerinnen in der Südoststeiermark im Zuge meiner Initiative „Bäuerinnen laden ein“ die Werbetrommel für regionale Lebensmittel. Heuer ist dies am 30. August in Feldbach. Ähnliches machen wir in Bad Radkersburg bei der Veranstaltung „Flanieren und Radieren“.