Kettner fordert Streichung der Weideaufzeichnungen
Liezen ist ein ausgesprochener Grünlandbezirk und flächenmäßig so groß wie Vorarlberg. Was brennt Ihnen besonders unter den Nägeln?
Peter Kettner: Kurz vorweg: der Bezirk Liezen ist flächenmäßig sogar größer als Vorarlberg. Als klassisches Grünlandgebiet brauchen wir mehr Flexibilität bei der Umwandlung von Grünland in Ackerland. Die Auflagen sind aktuell einfach zu streng. Dauergrünland muss Ackerland werden können – diese Flexibilität brauchen wir, wenn die betriebliche Ausrichtung dies erfordert. Außerdem darf der Ackerstatus nicht so schnell verfallen. Meine klare Forderung: Äckerflächen sollen mindestens zehn Jahre als Grünland genutzt werden können, ohne den Ackerstatus zu verlieren.
Wie unterstützen Sie die Grünlandbetriebe im Bezirk?
Durch wertvolle Fachinformationen. Ein Fixpunkt ist der Milchtag im Jänner gemeinsam mit der Landgenossenschaft Ennstal, zu dem immer rund 200 interessierte Milchbauern kommen. Sehr bewährt haben sich auch das GPS-Tracking bei Weidetieren auf unseren vielgliedrigen Hochalmen – damit lassen sie sich gut lokalisieren und überwachen. Diese Initiative habe ich mit der Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein vorangetrieben und ist den Betrieben sehr hilfreich.
Zum Wolf: Sie haben die Problematik richtig ins Rollen gebracht …
… wir haben uns viel mit diesem Raubtier beschäftigt, haben uns mit dem Naturschutz ausgetauscht und mit Zäunen experimentiert. Die glasklaren Erkenntnisse sind: Wir können die Almen nicht einzäunen. Der Wolf bedroht die Almwirtschaft – er muss entnommen werden! Unsere Vorfahren haben ihn nicht umsonst ausgerottet – das wollen wir zwar nicht, aber er ist zu entnehmen, wenn er Probleme macht.
Sie haben nicht lockergelassen.
Meine berechtigten Bedenken habe ich öffentlich mit Nachdruck dargelegt. Bei Veranstaltungen – auch in Zusammenarbeit mit dem Verein Wolfstopp – habe ich unsere Anliegen ins Treffen geführt. Und just während eines Termins mit der seinerzeitigen Naturschutzlandesrätin kam es im Bezirk zu einem Riss. Das hat den Druck dann nochmals erhöht. Unsere Agrarlandesrätin und damalige EU-Parlamentarierin Simone Schmiedtbauer hat dann in Brüssel die Wende eingeleitet. Durch die nunmehrige Herabsetzung des Schutzstatus’ erwarte ich nun eine praxistaugliche Verordnung – unsere vielen kleinstrukturierten Betriebe brauchen Schutz!
Ihr Vorschlag zum Bürokratieabbau?
Ersatzlos gestrichen gehören die schlagbezogenen Weideaufzeichnungen. Das verlange ich mit Nachdruck. Diese Aufzeichnungen könnten ganz einfach Satelliten machen, die sogar unterschiedliche Kulturen auf Äckern erkennen.
Themenwechsel Renaturierung. Was ist für Sie unabdingbar?
Es ist falsch, von der Landwirtschaft allein Renaturierungsmaßnahmen zu verlangen. Österreichweit werden täglich zwölf Hektar verbaut – da sind Industrie und Wirtschaft in der Ziehung. Die landwirtschaftliche Produktion muss möglich bleiben. Wir arbeiten im Bezirk mit dem Naturschutz gut zusammen und erzielen mit kleinen Maßnahmen große Effekte. Ich denke vor allem an die Biodiversitätsflächen oder Naturschutzflächen. Auch Drainagen müssen erneuert werden können – das ist für mich nicht verhandelbar. Unabdingbar für uns ist der freiwillige Vertragsnaturschutz mit Einstiegs- und Ausstiegsmöglichkeiten – einen Zwangsnaturschutz lehne ich klar ab.
Liezen ist der waldreichste Bezirk Österreichs. Wie geht es dem Forst?
Stabile, leistungsfähige und klimafitte Wälder – daran arbeiten unsere Waldbesitzer. Den Baumartenumbau treiben wir voran – wir wollen bei der Ernte Akteure und nicht Passagiere sein. Überzeugt bin ich, dass bei uns trotz Einmischung anderer Baumarten die Fichte als Brotbaum weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird.
Wie ergänzen sich Landwirtschaft und Tourismus?
Das ist eine sehr gute Kombination. „Urlaub am Bauernhof“ ist ein gutes Standbein und für die Landwirtschaft sehr wertvoll, weil positives Image weitergetragen wird. Die Zehn-Betten-Regelung gehört einfach erweitert, eine Verdoppelung wäre wünschenswert.
Sie suchen aktiv den Kontakt mit der Wirtschaft. Wo liegen die Anknüpfungspunkte?
Ein wichtiges Feld ist die Gastronomie, um unsere Produkte auf den Speisekarten zu platzieren. Regionales Rindfleisch muss öfter angeboten werden.
Ihre Botschaft an Bäuerinnen, Bauern und die Jugend?
Dranbleiben, mutig sein und sich seiner Linie treu bleiben – es wird funktionieren und der Erfolg wird kommen! Ich ziehe den Hut vor unseren tüchtigen Bäuerinnen und Bauern, die mit viel Leidenschaft und Einsatz wirtschaften.
Zur Person
Peter Kettner ist seit 2008 Obmann der Bezirkskammer Liezen. Er bewirtschaftet gemeinsam mit seiner Familie in Lassing einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb mit Grünland und Milchvieh. Kettner ist mit Gattin Christina, einer Mittelschullehrerin, verheiratet, gemeinsam haben sie fünf Kinder.
Drei Fragen an: Landesbäuerin und Bezirksbäuerin Viktoria Brandner
„Wir haben erreicht, dass die soziale Absicherung der Bäuerinnen kein Randthema mehr ist“, sagt Landesbäuerin Viktoria Brandner, die auch Bezirksbäuerin in Liezen ist.
- Welche Anliegen der Bäuerinnen liegen Ihnen besonders am Herzen?
VIKTORIA BRANDNER: Die Bäuerinnenorganisation als größtes Frauennetzwerk der Steiermark weiterhin für alle Frauen in der Landwirtschaft attraktiv zu halten. Sie ist Sprachrohr und Drehscheibe für die zentralen Anliegen der Bäuerinnen. Hier werden Erfahrungen ausgetauscht, Informationen und Wissen weitergegeben und die Zukunft gestaltet. Im Besonderen verweise ich auf die Weiterbildungsangebote von der Diversifizierung über „Schule am Bauernhof“, „Urlaub am Bauernhof“ bis hin zu verschiedenen Zertifikatskursen – sie sind Sprungbrett dafür, dass sich die Bäuerinnen am Hof verwirklichen können. Großartig ist der Aktionstag in den steirischen Volksschulen – tausende Kinder erhalten von den Bäuerinnen Einblicke in die Landwirtschaft. Jeder Bäuerin lege ich auch den Lehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ ans Herz. - Mit dem landesweiten Projekt „Plötzlich Bäuerin – was nun?“ haben Sie ins Schwarze getroffen.
Damit hat die Bäuerinnenorganisation steiermarkweit ein besonders heißes Eisen angefasst. Es zeigt sich, dass viele Bäuerinnen zwar tüchtig am Hof mitarbeiten, aber nicht immer sozial abgesichert sind. Das Bewusstsein für die soziale Absicherung haben wir deutlich geschärft. - Ihre nächsten Vorhaben?
Vorrangig bereiten wir uns auf die Bäuerinnen-Wahlen vor. Das Netzwerk Bäuerinnenorganisation wollen wir mit engagierten Gemeinde- und Bezirksbäuerinnen stärken.