Häusliche Pflege hat Vorrang vor Heimen
Das Thema Pflege ist durch die Covid-19-Pandemie aus dem Blickwinkel der Öffentlichkeit gerückt. Wird es zu der von der Regierung angekündigten Pflegereform kommen?
Ernst Gödl: Ja. Wir arbeiten mit Nachdruck daran. Die Betroffenheit ist groß. In Österreich sind rund 1,5 Millionen Menschen unmittelbar von der Pflege betroffen: Etwa eine Million Österreicher sind pflegende Angehörige und rund 470.000 Menschen sind Pflegegeldbezieher. Noch im Sommer soll die Arbeitsgruppe Pflege ihre Ergebnisse vorlegen und den Weg für neue gesetzliche Grundlagen ebnen.
Beginnen wir beim Grundsätzlichen: Wird es zu einer eigenen Pflegeversicherung kommen?
Gödl: Die Pflegekosten werden auch weiterhin aus dem Steuertopf finanziert. Deutschland zeigt uns, dass eine private Versicherungslösung unbefriedigend ist, weil selbst die Höchstsätze für eine Finanzierung nicht ausreichen. Österreich handelt nach dem Grundsatz: Jeder kann vom Risiko, gepflegt werden zu müssen, betroffen sein. Das rechtfertigt die Steuerfinanzierung.
Ein Grundsatzthema ist auch der Regress. Ist an eine Wiedereinführung gedacht?
Gödl: Der Vermögensregress wurde 2017 abgeschafft und dabei wird es auch bleiben.
Daraus ergibt sich die Frage: Pflege daheim oder in Heimen?
Gödl: Im Regierungsprogramm haben wir uns eindeutig darauf verständigt, der häuslichen Pflege den Vorrang zu geben. Der Grundsatz lautet: Häusliche Pflege vor stationärer Pflege in Heimen.
Dazu braucht es aber eine bessere Unterstützung für die Pflege daheim ...
Maria Pein: ... um die Angehörigen bei der 24-Stunden-Betreuung bedarfsgerecht zu unterstützen, sind entsprechende Begleitmaßnahmen, wie beispielsweise eine bessere Verfügbarkeit von ausgebildeten Fachkräften, ein Ausbau der Pflegedienste oder auch Einrichtungen für die Kurzzeitpflege, erforderlich. Die pflegenden Angehörigen benötigen auch eine Auszeit vom Pflegealltag.
Gödl: Mit diesen Themen befasst sich die Arbeitsgruppe Pflegereform intensiv. Fest steht, dass für die Pflege zu Hause ein breites Unterstützungsnetzwerk aufgestellt werden muss, um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu ermöglichen. Außer Zweifel steht, dass die sozialversicherungsrechtliche Absicherung der pflegenden Angehörigen und das Angebot der Pflegekarenz sowie Teilzeitpflege verbessert werden müssen. Wichtig ist auch, einen pflegefreien Tag im Monat anzubieten sowie mobile Dienste oder andere Pflegedienste auszubauen. Wir setzen uns auch für einen Pflegebonus für alle, die zuhause pflegen, ein. Dieses Entgelt muss direkt bei den pflegenden Angehörigen ankommen. Ohne Parallelstrukturen zu schaffen, wollen wir auch sogenannte Gemeindeschwestern-Dienste aufbauen, die wichtige Ansprechpartnerinnen für die häusliche Pflege und bei der Organisation der Pflege sein werden. Ein Pilotprojekt soll demnächst gestartet werden.
Gödl: Mit diesen Themen befasst sich die Arbeitsgruppe Pflegereform intensiv. Fest steht, dass für die Pflege zu Hause ein breites Unterstützungsnetzwerk aufgestellt werden muss, um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu ermöglichen. Außer Zweifel steht, dass die sozialversicherungsrechtliche Absicherung der pflegenden Angehörigen und das Angebot der Pflegekarenz sowie Teilzeitpflege verbessert werden müssen. Wichtig ist auch, einen pflegefreien Tag im Monat anzubieten sowie mobile Dienste oder andere Pflegedienste auszubauen. Wir setzen uns auch für einen Pflegebonus für alle, die zuhause pflegen, ein. Dieses Entgelt muss direkt bei den pflegenden Angehörigen ankommen. Ohne Parallelstrukturen zu schaffen, wollen wir auch sogenannte Gemeindeschwestern-Dienste aufbauen, die wichtige Ansprechpartnerinnen für die häusliche Pflege und bei der Organisation der Pflege sein werden. Ein Pilotprojekt soll demnächst gestartet werden.
Das erfüllt aber noch nicht die Bedürfnisse der Bäuerinnen als pflegende Angehörige.
Pein: Besonders wichtig ist den Bäuerinnen als pflegende Angehörige, dass ihre Bedürfnisse auch gehört und erhoben werden. Die pflegenden Angehörigen auf den Höfen brauchen bedarfsgerechte Lösungen für die häusliche 24-Stunden-Betreuung. Bisher ist es so, dass überwiegend die Bedürfnisse der Anbieter, also der Pflegeheime, im Vordergrund stehen.
Welche Verbesserungsvorschläge legen Sie dafür auf den Tisch?
Pein: Ein Problem ist, dass es sehr wenige bis gar keine Plätze für eine Kurzzeitpflege in den Landgemeinden gibt. Zu Erntezeiten, bei Arbeitsspitzen oder auch bei Krankheit der pflegenden Angehörigen gibt es in der häuslichen Pflege kaum Unterstützung. Ich denke dabei an ein paar Stunden pro Woche oder eine Kurzzeitpflege für ein paar Tage. Dies könnte beispielsweise durch Anstellung von Pflegekräften in Bezirksseniorenheimen erfolgen, die dann kurzfristig stundenweise oder tageweise den Pflegebedarf in den bäuerlichen Familien abdecken.
Gödl: Hier besteht großer Handlungsbedarf. Die Tagesbetreuung und Kurzzeitpflege muss auf alle Fälle verstärkt werden. Hier brauchen wir eindeutig ein besseres Angebot, gleich wie bei der Palliativ-, Hospiz- und Demenzbetreuung am Land. Hier hat die Steiermark Aufholbedarf.
Gödl: Hier besteht großer Handlungsbedarf. Die Tagesbetreuung und Kurzzeitpflege muss auf alle Fälle verstärkt werden. Hier brauchen wir eindeutig ein besseres Angebot, gleich wie bei der Palliativ-, Hospiz- und Demenzbetreuung am Land. Hier hat die Steiermark Aufholbedarf.
Ein großes Thema dabei ist die Finanzierung.
Gödl: Ja, dafür besteht ein zusätzlicher Finanzbedarf. Beim neuen Finanzausgleich ist ein besonderer Fokus auf die Pflegefinanzierung zu legen.
"Pflegende Angehörige brauchen Entlastung durch Kurzzeitbetreuung."
Maria Pein, Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer
"Breites Unterstützungsnetzwerk für die Pflege daheim ist notwendig."
NAbg. Ernst Gödl, Steuerungsgruppe Pflege