Humusaufbau: Es ist kaum etwas falsch zu machen
Humusaufbau und klimafitte Böden sind für die Zukunft der Landwirtschaft notwendig. Und das nicht, weil EU-Strategien wie der „Green Deal“ oder „Farm to Fork“ dies vorschreiben. Nein, einfach deshalb, weil ein humusreicher Boden uns die Bodenfruchtbarkeit und Ertragssicherheit in Zeiten des Klimawandels erhalten kann.
Humusaufbau ist ein langwieriger Prozess
Wenn klimafitte Böden und Humus aufgebaut werden sollen, muss uns bewusst sein, dass wir eine Systemumstellung im Ackerbau brauchen. Nach jahrzehntelangem, die Fruchtfolge bestimmenden Anbau von Körnermais, zeigt sich in unseren Böden praktisch kein besserer Humusgehalt. Dabei hätte Körnermais durch die verbleibenden Ernterückstände durchaus Potenzial für den Humusaufbau. Gleichzeitig sind Erosionen und Bodenverdichtungen nach wie vor große Probleme im steirischen Ackerbau. Das Problem liegt aber nicht an der Kultur Körnermais. Humusaufbauende Maßnahmen haben immer eine positive Wirkung auf die Bodenstruktur und tragen somit wesentlich zum Aufbau eines klimafitten Bodens bei.
Pflug aufs Notwendigste einschränken
Wie kann Humusaufbau und klimafitter Boden gelingen? Die Bodenbiologie, also das System Pflanze mit Ernterückständen, Wurzeln und Bodenleben, muss dabei ins Zentrum der Bemühungen rücken. Die Zutaten dazu sind grundlegend bekannt:
- Beseitigung und Verhinderung von Bodenverdichtungen.
- Schutz der Böden vor Erosionen (Mulch- oder Direktsaat).
- System Immergrün als Leitfaden in den Fokus rücken.
- Einsatz von Wirtschaftsdüngern: Kompost, Mist und Gülle.
- Optimale Nährstoffversorgung, Nährstoffverhältnisse und günstiger pH-Wert.
- Fruchtfolge mit Begrünungen optimieren.
- Reduzierte Bodenbearbeitung – den Pflug auf das wirklich Notwendigste einschränken.
Notwendige Humusgehalte
In den Richtlinien für die sachgerechte Düngung (SGD) werden Humusgehalte zwischen zwei und 4,5 Prozent als mittelhumos bezeichnet. Im Projekt Krümelstar haben wir auf 120 Standorten mit humusaufbauender Bewirtschaftungsweise genau drei Böden mit einem hohen Humusgehalt von über 4,5 Prozent gefunden. Der Mittelwert aller Standorte liegt bei 2,8 Prozent. Wir sind also weit weg von hohen Humusgehalten.
Boden muss Wasser rasch aufnehmen
Aber brauchen wir hohe Humusgehalte, um von klimafitten Böden zu sprechen? Die Antwort ist eindeutig und gibt Hoffnung: Nein, denn klimafitte Böden zeichnen sich vor allem durch eine schnelle Wasseraufnahmefähigkeit und durch ein hohes Wasserspeichervermögen aus. Das ist mit 2,5 oder drei Prozent Humus möglich. Voraussetzung dazu ist aber eine gute Bodenstruktur – optimalerweise ein stabiles Krümelgefüge ohne Verdichtungshorizonte. Derartige Böden können auch bei Starkniederschlägen das Wasser über Grobporen gut in tiefere Bodenschichten leiten und über einen hohen Mittelporenanteil das Wasser pflanzenverfügbar speichern. Tiefreichende Grobporen von Wurzeln oder Regenwürmern bringen außerdem Luft in den Boden – eine wesentliche Voraussetzung für ein gesundes Pflanzenwachstum und Motor für das Bodenleben.
Boden-Wissen aneignen
Das Thema Boden steht im Mittelpunkt mehrerer Kurse.
- Humus-und Erosionstag am 27. November. Jede Menge Praxistipps zum Erosionsschutz und Humusaufbau stehen am 27. November von 9 bis 16 Uhr auf dem Programm. Praktisch durchgeführt werden auch Spatenproben und Bodenmessungen. Es referieren LK-Erosionsexperte Stefan Neubauer und Johannes Maßwohl, Leiter des LK-Kompetenzzentrums Acker-Humus-Erosionsschutz. Ort: Bauernhof-Cafe Friedl, Oberlamm 68.
- Tag des Bodens am 2. Dezember. Bei diesem Ganztagesseminar (9 bis 16 Uhr) in der Fachschule Hatzendorf erklären die Praktiker Hubert Stark und Franz Brunner die Zusammenhänge von Basensättigung, Wirtschaftsdüngeraufbereitung bis hin zur Pflanzenvitalisierung mit Komposttee.
- Jagd und Boden am 9. Dezember. Dieter Hutter referiert als Obmann des Jagdschutzvereins am 9. Dezember um 19 Uhr im Dorfbeisl Kirchberg/Raab über winterharte Begrünungen.
Ganzjährig begrünt
Johann Koch aus St. Martin im Sulmtal legt großen Wert auf die Bodenfruchtbarkeit. Bei der Düngung berücksichtigt der konventionelle Ackerbauer und Direktvermarkter die spezifischen Bodenverhältnisse. Die Analysewerte der Bodenproben sind für ihn ein wichtiges Entscheidungskriterium – Koch wendet die Albrecht/Kinsey- Methode an. Das bedeutet: Im Mittelpunkt der Bodenuntersuchung steht eine Bodenfruchtbarkeitsbewertung.
Die pfluglose Bodenbearbeitung betreibt Koch seit über 15 Jahren, seit drei Jahren setzt er auf einem Teil der Ackerflächen auch die Direktsaat mit sehr guten Erfolgen um. Seine Ackerflächen sind ständig begrünt. Johann Koch verwendet dazu der Situation angepasste Mischungen aus winterharten Zwischenfrüchten.
Aufgrund des langjährigen Pflugverzichts hat sich eine sogenannte „heimische“ Bodenbiologie eingestellt. Die Direktsaat von Mais hat sich bewährt und liefert sehr gute Erträge (15,8 Tonnen Trockenmais pro Hektar). Daher hat Koch 2020 auch Ölkürbis in Direktsaat nach Körnermais angebaut.
Grubber statt Pflug
„Das wichtigste ist, den Boden möglichst ganzjährig begrünt zu halten“, sagt Gemüsebauer Andreas Reiter aus Gössendorf. Und weiter: „Dies gilt einerseits für den Sommer nach den ersten Gemüsefrühsätzen und andererseits auch nach Wintergetreide. Wir begrünen mit selbst zusammengestellten und angepassten Mischungen. In den Wintermonaten wird der Boden mit einer Mulchschicht abgedeckt oder begrünt.“ Gute Erfahrungen hat der Ackerbauer auch mit Grünschnittroggen gemacht, der – ebenso wie Sandhafer – selbst vermehrt wird. Weiters wird Kompost ausgebracht, der in die Begrünungen einwachsen kann.
Reiter verzichtet auf den Pflugeinsatz, stattdessen verwendet er einen selbstgebauten Grubber. „Dieser arbeitet mit sehr schmalen Zinken, welche den Boden tief lockern können“, betont der Gössendorfer.
Um die Begrünungen nicht chemisch beseitigen zu müssen, wird seit einigen Jahren ein „Geo-Hobel“ eingesetzt. Die Aussaat sämtlicher Zwischenfrüchte wird ausschließlich mit einer Drillmaschine erledigt, welche einen weitaus gleichmäßigeren Aufgang gewährleistet.
24 Mischungspartner
85 Prozent seiner Ackerflächen bewirtschaftet Marc-Anton Uitz aus Buch-St. Magdalena pfluglos. Der Hauptgrund: „Die Erosion auf den Hangflächen hintanzuhalten und den Humusaufbau zu forcieren.“ Intensiver Zwischenfruchtanbau heißt das Credo des Legehennenhalters. Dazu verwendet Uitz eigene Mischungen mit bis zu 24 Partnern, um die Mykorrhiza-Pilze im Boden zu fördern und so die Bodenfruchtbarkeit zu heben. Dabei werden abfrostende und winterharte Begrünungen verwendet. Seit 2018 wird am Betrieb nach dem System „Kinsey“ gearbeitet. Dabei wird versucht, im Boden optimale Nährstoffverhältnisse herzustellen. Uitz: „Es wird der Boden und nicht die Pflanze gedüngt.“ Ein optimal eingestellter Boden bringt vor allem in schwierigen Jahren (Hitze, Trockenstress, aber auch bei hohen Niederschlagsmengen) deutliche Vorteile.
Das Prinzip der Bodenbearbeitung lautet folgendermaßen, so der konventionelle Ackerbauer: „So seicht und so wenig wie möglich. Dies kann von Jahr zu Jahr – entsprechend den äußeren Umständen – aber sehr unterschiedlich ausfallen.“
Humusgehalt gesteigert
Nach Winterraps, Winterweizen und Ölkürbis legt Karl Totter aus Mureck seit über 15 Jahren eine Begrünung mit dem Grubber an. Der darauffolgende Mais wird mittels Mulchsaat angebaut. Die Humusgehalte konnten durch Fruchtfolge und Begrünung um 0,5 bis einen Prozentpunkt angehoben werden. „Aufgrund der strengen Richtlinien im Gebiet des Grundwasserschutzprogramms ist leider eine Düngung der Begrünungen nicht erlaubt. Die Massebildung der Begrünungen fällt dadurch bedeutend geringer aus“, sagt der konventionelle Ackerbauer. Gedüngt wird großteils mit Biogasgülle. Eine mineralische Ergänzung erfolgt – je nach den Nährstoffverhältnissen – mit Stickstoff und Phosphor. „Nach der Rapsernte wird gegrubbert und gleichzeitig eine Begrünungsmischung angelegt“, sagt Totter. Im Frühjahr arbeitet der Schweinemäster und Biogasbetreiber die Gülle sofort mit der Scheibenegge seicht ein. Nach einigen Tagen wird mit der Kreiselegge das Saatbeet vorbereitet und anschließend der Mais angebaut. Herausfordernd ist die Beikrautbekämpfung, teilweise auch das höhere Schädlingsaufkommen.
Mais in Mulchsaat
Der konventionelle Ackerbauer Franz Pazek aus Gnas baut nach der abforstenden Begrünung (zwei Kilo Gelbsenf, ein Kilo Phazelia, ein Kilo Mungo, ein Kilo Ölrettich, 15 Kilo Buchweizen) Mais in Mulchsaat an.
Die abgeernteten Maisfelder werden zum Großteil gegrubbert und winterhart (Perko) eingesät. Auf abschwemmungsgefährdeten Flächen werden mit dem Düngerstreuer 60 Kilo Wintergerste ganzflächig vor dem Maisanbau ausgesät. „Gerste deswegen, weil sie am schnellsten bestockt und sehr gut zu bekämpfen ist“, erklärt Pazek, der auch 4.500 Legehennen betreut. Sein Tipp: „Wichtig ist, dass mit der Spritzung so lange wie möglich zugewartet wird, um einen guten Anwuchs der Gerste zu erreichen. Damit wird effizienter Erosionsschutz betrieben.“ Vor dem Getreideanbau werden die oberen Randstreifen der Felder nach oben gepflügt. Damit wird verhindert, dass am oberen Rand der Felder die fruchtbare Erde immer weiter nach unten wandert. Der Rest wird gegrubbert. Pazek kauft Biogasgülle zu, vermischt sie mit Hühnermist und bringt den Wirtschaftsdünger mit dem Schleppschlauch aus.
Stroh einarbeiten
Mais und Gerste baut Werner Pendl aus Großsteinbach als Futter für seine etwa 100 Muttersauen und 400 Mastschweine an. „Vorrangiges Ziel – neben guten Erträgen – ist der Aufbau von Humus auf den Ackerflächen“, sagt der Ackerbauer.
Dabei setzt Pendl insbesondere auf erosionsschonenden Getreideanbau mit dem Grubber sowie auf Begrünungen nach der Getreideernte.
Derzeit sind abfrostende Begrünungen im Einsatz. In Zukunft sollen jedoch vermehrt winterharte Mischungen verwendet werden, um durch den ganzjährigen Bewuchs eine bessere Krümelstruktur sowie das Auffangen von Restnährstoffen im Boden zu gewährleisten.
Einen weiteren Beitrag zum Humusaufbau leistet der Großsteinbacher Ackerbauer durch das Einarbeiten des Strohs in den Boden. Werner Pendl: „Dadurch schaffe ich eine wirklich solide Nahrungsgrundlage für die Bodenlebewesen.“
Beim Maisanbau arbeitet Pendl die abgefrostete Begrünung nur leicht mit der Scheibenegge ein: „Direkt danach baue ich im Direktsaatverfahren auf diesen Flächen Mais an.“
Hof- und Feldtafeln
Das Kompetenzzentrum Acker, Humus, Erosionsschutz der Landwirtschaftskammer wird in einer ersten Runde 50 Betriebe mit Tafeln auszeichnen (Bild). Sie weisen auf vorbildlichen, klimafitten Ackerbau hin. Voraussetzungen für die Hoftafeln sind einerseits die aktive Mitarbeit im Praktikerforum, aber auch gute Bodenwerte. Das Praktikerforum ist eine Arbeitsgruppe von derzeit rund 70 Landwirten, die von Experten der Landwirtschaftskammer begleitet werden. Die Betriebe tauschen sich untereinander über WhatsApp zu den Themen Humusaufbau, Begrünungen, Verdichtungen, Erosionsschutz etc. aus. Die 60 Zentimeter hohen, robusten Tafeln können am Hof oder an einem Feld aufgestellt werden.