EU-Bürokratie bedroht Forst- und Holzwirtschaft
Gut gemeint, aber sehr schlecht gemacht
Die Uhr tickt. Ab 30. Dezember 2024 soll von der gesamten Wertschöpfungskette Forst und Holz – Forstwirtschaft, Sägebetriebe, Papierindustrie – die EU-Entwaldungsverordnung umgesetzt werden. „Gut gemeint, aber sehr schlecht gemacht. Was ursprünglich darauf abzielte, die globale Entwaldung und ganz voran die Abholzung der Tropenwälder zu stoppen, ist wegen der vollkommen überzogenen und praxisfremden Regeln für die EU-Länder nicht umsetzbar. Der bürokratische Aufwand ist unverhältnismäßig und bringt keinen Mehrwert“, übt Präsident Franz Titschenbacher scharfe Kritik. Ein Praxistest hat sich als nicht umsetzbar herausgestellt, stellt die Wertschöpfungskette Forst- und Holzwirtschaft vor unzähligen Fragen, auf die es noch keine Antworten gibt. Präsident Franz Titschenbacher bekräftigt: „Für die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer ist es nicht nachvollziehbar, warum sie trotz nachhaltiger Bewirtschaftung und kontinuierlicher Zunahme der Waldfläche absurden, bürokratischen Schikanen ausgesetzt werden sollen.“ Er verlangt: „Eine rasche und grundlegende Überarbeitung der EU-Entwaldungsverordnung sowie eine ausreichende Fristerstreckung bei der Umsetzung. Wir sind bereit, in enger Zusammenarbeit mit der EU-Kommission und den EU-Ländern konstruktive praktikable Lösungen zu erarbeiten.“ Österreich hat in dieser Frage in Brüssel von einer Allianz aus 20 Ländern, darunter Finnland, Italien, Polen, die Slowakei, Slowenien und Schweden, unterstützt.
Beispiele unnotwendiger, bürokratischer Auswüchse
Statt mit weniger Bürokratie sind die heimischen Waldbauern, Almbauern und Tierhalter mit einem unnotwendigen, überbordenden Verwaltungswahnsinn konfrontiert.
- Beispiel 1: Wird eine gewisse Zeit eine Almfläche nicht beweidet, verwaldet sie. Werden diese Flächen nach Jahren für eine Weide wieder reaktiviert, weil ein Enkelkind die Bewirtschaftung nach Jahren wieder übernimmt, dann dürfen die Rinder dort zwar weiden, aber das Fleisch darf nicht mehr verkauft werden, obwohl es bestes Tierwohlfleisch ist.
- Beispiel 2: Ein Kleinwaldbesitzer verkauft einem Tischler einige Baumstämme für die Möbelerzeugung und muss für jeden Baum den genauen Standort im Wald samt wissenschaftlichem, lateinischen Namen der Baumart angeben. Das gilt auch dann, wenn die Bäume nicht von einer Waldfläche stammen. Die Daten müssen bei Kontrollen nachgewiesen werden, sonst drohen Strafen.
- Beispiel 3: Bei einem Industriebetrieb werden täglich hunderte LKW-Fuhren mit Holz abgeladen. Dabei sind für die Stämme tausende Referenznummern zu hinterlegen. Dies multipliziert sich bei den nachfolgenden Bearbeitungsstufen zum Beispiel in der Papierindustrie. Die Folge: Analysen zeigen, dass bei einem einzelnen Buch, dass von einem Verleger in Verkehr gebracht wird, bis 300.000 Grundstücke zu hinterlegen sind – ein absurder Bürokratie-Irrsinn, um zu beweisen, dass das verwendete Holz nicht aus einer Rodungsfläche stammt.
Österreich ist kein Risiko-Land für Waldrodungen
Sowohl Waldfläche als auch Holzvorrat in den Wäldern nehmen in Österreich und auch in Europa seit Jahrzehnten zu. Titschenbacher: „Waldumwandlungen in Österreich unterliegen strengen behördlichen Genehmigungsverfahren und jede Nutzung ist mit der strengen Pflicht zur Wiederbewaldung verbunden. Damit entsprechen wir ohnedies dem Ziel der EU-Entwaldungsverordnung.“ Die Waldfläche in Österreich ist seit den 1960er Jahren um die Größe des Burgenlandes gewachsen. In den vergangenen 25 Jahren hat die Waldfläche in der Steiermark sogar um 17.000 Hektar zugenommen, während weltweit beispielsweise durch Urwaldrodungen die Waldfläche abnimmt.
Agrarlandesrätin Simone Schmiedtbauer: Österreich ist Vorreiter in der nachhaltigen Waldbewirtschaftung
„Österreich hat eines der modernsten Forstgesetze der Welt und unsere steirischen Forstwirtinnen und Forstwirte haben die nachhaltige Bewirtschaftung unserer Wälder perfektioniert. Ich appelliere an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, mutig zu sein und einen europäischen Bürokratieabbau auch in der Forstwirtschaft zuzulassen.“
Franz Sinabell, Agrarexperte Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO. Vorhaben schießen über das Ziel hinaus
„Die Forstwirtschaft ist die Basis für eine dynamische und wirtschaftlich erfolgreiche Wertschöpfungskette, welche vielfältige Güter aus dem Rohstoff Holz hervorbringt. Darin fanden 2021 insgesamt nicht ganz 250.000 Personen in Österreich Beschäftigung. In der Steiermark sind es in der Forst- und Holzwirtschaft inklusive der Bioökonomie rund 70.000 Menschen. Das entspricht einer deutlichen Zunahme gegenüber den Jahren davor, betont der Wirtschaftsforscher.“ Und weiter: „Damit der Anteil der Beschäftigten aber die Marke von 5,5 Prozent der Beschäftigten in der Volkswirtschaft überspringt, ist es nötig, Barrieren der Entwicklung zu beseitigen, Innovationen Raum zu geben und in produktive Zweige zu investieren. Die Sorge ist groß, dass durch eine überbordende Bürokratie die Wertschöpfungskette Forst und Holz als wichtiger Wirtschaftsbooster für den ländlichen Raum Schaden erleidet.“
Christian Schnedl, Geschäftsführer Papier-Holz-Austria:
„Der zu erwartende bürokratische Mehraufwand ist für unsere Industriebetriebe in dieser Form und in dieser so kurzen Zeit nicht zu bewältigen. Diese Husch-Pfusch-Gesetzgebung gehört umgehend repariert. Wir sind gerne dabei, einen praxistauglichen Beitrag für entwaldungsfreie Lieferketten zu machen.“
Paul Lang, Obmann Waldverband Steiermark
„Die vorliegende EU-Entwaldungsverordnung ist ein Schlag in das Gesicht der heimischen und europäischen Waldbesitzer, der Almbauern und Tierhalter. Jeder Holzstamm, der verkauft wird, muss mit einer Nummer versehen werden, um zu beweisen, dass dieses Holz aus keiner Entwaldung ohne Wiederaufforstung kommt. Man wirft uns mit illegalen Regenwald-Abholzungen in einen Topf, obwohl wir eines der strengsten Forstgesetze der Welt haben und die Waldfläche in Österreich ohnehin jährlich zunimmt.“
Bitte Petition unterschreiben
„Um dieses Bürokratiemonster EU-Entwaldungsverordnung zu verhindern, bitte ich die Steirerinnen und Steirer, die Petition ‘Selbstbestimmte Waldbewirtschaftung‘ zur Erhaltung unseres Kulturgutes Wald zu unterschreiben. Mit jeder Unterschrift kommen wir ein Stück näher, dass die Waldbäuerinnen und Waldbauern ihre Wälder weiter nachhaltig bewirtschaften können“, appelliert Lang.