Gemäß EU-NEC-Richtlinie muss Österreich bis 2030 - trotz aktuell steigendem Trend - 12% seiner Ammoniak-Emissionen reduzieren. Da diese Emissionen überwiegend aus der Tierhaltung kommen, sind Reduktionsmaßnahmen in allen Bereichen wie Fütterung, Stall, Lager, Ausbringung, Weidehaltung und untergeordnet in der Anwendung von N-Mineraldüngern (insbesondere Harnstoff) anzudenken und umzusetzen.
Was ist Feinstaub?
Staub ist ein komplexes, heterogenes Gemisch aus festen bzw. flüssigen Teilchen, die sich hinsichtlich ihrer Größe, Form, Farbe, chemischen Zusammensetzung, physikalischen Eigenschaften und ihrer Herkunft bzw. Entstehung unterscheiden. Üblicherweise wird die Staubbelastung anhand der Masse verschiedener Größenfraktionen beschrieben.
Die als Feinstaub (PM10) bezeichnete Staubfraktion enthält 50% der Teilchen mit einem Durchmesser von 10 µm. Partikel dieser Größe können über den Kehlkopf hinaus bis tief in die Lunge gelangen. Sie sind daher besonders gesundheitsschädlich. Sie sind maximal so groß wie Zellen und können daher mit freiem Auge nicht gesehen werden.
Die als Feinstaub (PM2,5) bezeichnete Staubfraktion enthält 50% der Teilchen mit einem Durchmesser von 2,5 µm und ist eine Teilmenge von PM10. Partikel dieser Größe können bis in die Lungenbläschen gelangen. Sie sind maximal so groß wie Bakterien.
Durch die geringe Größe der Feinstaub-Partikel (PM2,5), der daraus resultierenden langen Verweilzeit in der Atmosphäre (Tage bis Wochen) und der atmosphärischen Transportdistanz von bis zu 1.000 km ist PM2,5 von hoher nationaler und internationaler Relevanz. (Quelle: Homepage Umweltbundesamt "UBA")
UBA: "Eine aktuelle Bewertung der Gesundheitsauswirkungen von Feinstaub durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat klar gezeigt, dass eine erhöhte PM2,5-Belastung in Zusammenhang mit schweren Gesundheitsauswirkungen (z.B. Herz-Kreislauferkrankungen) steht." Laut Spiegel-online vom 11. Oktober 2017 sterben wegen Feinstaub in der Luft nach Darstellung der Europäischen Umweltagentur (EEA) jährlich rund 400.000 Menschen in Europa vorzeitig.
EU-NEC-Richtlinie verpflichtet zur Feinstaubreduktion
Die "NEC-Richtlinie" (National Emission Ceilings Directive) der EU verfolgt das Ziel der Verringerung der Bildung von gesundheitsschädlichen Luftschadstoffen. Im Dezember 2016 haben alle EU-Mitgliedstaaten individuelle staatliche Reduktionsverpflichtungen für die Emissionen von Feinstaub beschlossen. Von dieser Richtlinie sind Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffoxide (NOx - Stickstoffmonoxid [NO] und Stickstoffdioxid [NO2]), flüchtige organische Verbindungen ohne Methan (NMVOC), PM2,5 und Ammoniak (NH3) betroffen. Bei allen angeführten Luftschadstoffen hat die Landwirtschaft nur einen untergeordneten Anteil, ausgenommen bei Ammoniak.
Die rechtliche Umsetzung in Österreich erfolgt im Emissionsgesetz Luft (EG-L). Die Bundesregierung hat im EG-L ein erstes nationales Luftreinhalteprogramm zur fortschreitenden Verminderung der nationalen Emissionen zu oben genannten Luftschadstoffe mit dem Ziel zu erstellen, die nationalen Emissionsreduktionsverpflichtungen zu erfüllen. Dieses nationale Luftreinhalteprogramm ist mindestens alle vier Jahre zu aktualisieren, zu überarbeiten und der Europäischen Kommission (EUK) zu übermitteln.
Aus den Erfahrungen der Nitrat-Richtlinie sind bei Nichteinhaltung (erhebliche) Sanktionen zu befürchten.
Ziel ist, die gesundheitlichen Auswirkungen und die Todesfälle durch Feinstaub zu verringern
Die Verschärfungen der Emissionshöchstgrenzen zielen darauf ab, die grenzüberschreitenden Probleme der Luftverschmutzung, die durch Feinstaub, Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, flüchtige Kohlenwasserstoffe ohne Methan und Ammoniak verursacht werden, zu reduzieren und dadurch eine Verringerung der Todesfälle (mehr als im Autoverkehr!) in Folge von Feinstaub um 50% zu bewirken.
Landwirtschaft ist der Hauptverursacher der Ammoniak-Emissionen
Ammoniak (NH3) entsteht hauptsächlich beim Abbau von organischem und mineralischem Dünger. Dementsprechend ist die Landwirtschaft Hauptquelle der Ammoniakemissionen. NH3 ist primär für die Bildung versauernder und eutrophierender Schadstoffe und für die Bildung sekundärer Partikel (Feinstaub) verantwortlich.
NH3-Emissionen stammen in Österreich zu rund 94% aus der Landwirtschaft (siehe Abbildung 1) und entstehen hier in erster Linie bei der Tierhaltung und Düngerausbringung. So sind insbesondere die Stallsituation, Wirtschaftsdüngerlagerung und Ausbringung organischer und mineralischer Düngemittel mit NH3-Verlusten verbunden (siehe Abbildung 2).
60% der nationalen Ammoniakemissionen stammen aus der Rinderhaltung, während Schweine und Geflügel zusammen knapp ein Drittel der Gesamtemissionen ausmachen (siehe Abbildung 3).
Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft steigen an!
Laut aktueller Datenlage des UBA - unter Berücksichtigung der Aktivitätsdaten aus der Tierhaltungsstudie II (TIHALO II – Erhebungsjahr 2015) - haben die NH3-Emissionen aus der Landwirtschaft seit dem Jahr 1990 bis 2005 kontinuierlich abgenommen. Diese Abnahme ist vorwiegend auf die Reduktion der Tierzahlen in der Rinderproduktion zurückzuführen. Leider ist seit dem Tiefpunkt im Jahr 2005 mit 57,2 kt NH3-Emissionen ein steter Anstieg bis 2017 auf nunmehr 64,6 kt NH3-Emissionen aus der Landwirtschaft festzustellen (siehe Abbildung 4). Für den Anstieg sind vorwiegend folgende Änderungen in der Landwirtschaft in den letzten 10 bis 15 Jahren verantwortlich: Umstellung von Anbindehaltung auf Laufstallhaltung bei den Rindern, steigende Milchleistung bei ungefähr gleichbleibenden Milchkuhzahlen, erheblich höherer Anstieg an offenen Güllegruben, steigender Harnstoffeinsatz in der Mineraldüngeranwendung.
Die Vorgaben der NEC-Richtlinie wurden auf EU-Ebene im Dezember 2016 beschlossen. Seit diesem Zeitpunkt laufen intensive Diskussionen bzgl. Umsetzung von unterschiedlichen Maßnahmen zur Reduktion der Ammoniak-Emission in Österreich. Zur Information hat Österreich in Entsprechung der Vorgaben der NEC-Richtlinie einen nationalen Ratgeber erstellt und mit 1. Juli 2018 publiziert.
Bis 2020 muss Österreich die NH3-Emissions-Menge um 1%, verglichen mit dem Basiswert des Jahres 2005, bis 2030 um 12%, verglichen mit dem Basiswert des Jahres 2005, verringern. Aufgrund der seit 2005 gestiegenen Ammoniakemissionen ist jedoch ein erheblich höheres (> 20%) Reduktionserfordernis gegeben.
Bis 1. April 2019 soll Österreich im Emissionsgesetz Luft (EG-L) ein Maßnahmenprogramm definieren, mit dem die Zielvorgaben bzgl. Ammoniak-Reduktionen bis 2030 erreicht werden sollen.
Freiwilligkeit vor Zwang
Derartige Maßnahmen können in Form von gesetzlichen Vorgaben bzw. in Form von Lenkungseffekten durch Investitionsförderungen oder Umweltförderungen (z.B. durch spezifische ÖPUL-Maßnahmen) mit begleitender Schwerpunktberatung erfolgen. In (Ober-)Österreich hat man bis dato in den meisten Fällen den konfliktloseren und effizienteren Weg "Freiwilligkeit vor Zwang mit begleitender Schwerpunktberatung" gewählt. Dieser Vorgangsweise sollte auch bei diesem Thema der Vorzug gegeben werden. Darüber hinaus ist unbedingt darauf Bedacht zu nehmen, dass gesetzliche Vorschriften grundsätzlich nicht mehr in Umweltmaßnahmen abgegolten werden dürfen.
ÖPUL-Einstiegsstopp bringt zusätzliche Probleme
In diesem Zusammenhang muss aber darauf hingewiesen werden, dass aufgrund des Einstiegsstopps im Österreichischen Umweltprogramm (ÖPUL 2015 in der LE 2014-2020) keinerlei Steigerung der Teilnahmeraten bei bestimmten zielführenden Maßnahmen wie z.B. "Bodennahe Ausbringung flüssiger Wirtschaftsdünger und Biogasgülle" erreichbar sind. Darüber hinaus ist aufgrund der aktuellen europapolitischen Situation (Stichwort Brexit) mit einer Verzögerung des Starts des neuen Programmes (GAP 21+) zu rechnen. Dies führt dazu, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahren keine merkbaren und nachweisbaren Verbesserungen erreichbar sind.
Enorme Herausforderung: Festlegung von nachweisbaren Maßnahmen mit möglichst hoher Wirkungs- und Kosten-Effizienz und Praxisakzeptanz
Das festgelegte Ammoniakziel wird die österreichische Landwirtschaft vor eine hohe Herausforderung stellen. Um diese Reduktionsziele bis 2030 zu erreichen, ist eine Effizienzsteigerung in der Landwirtschaft und dabei vorwiegend in der Tierhaltung erforderlich. Alle Bereiche wie die Fütterung, Stall, Lagerung, Ausbringung, Weidehaltung und Mineraldüngeranwendung sollten je nach Möglichkeit einen Beitrag zur Reduktion der Ammoniak-Emissionen leisten. Dabei sollen Maßnahmen umgesetzt werden, die von der bäuerlichen Praxis als sinnvoll und wirksam anerkannt werden und gleichzeitig eine bestmögliche Wirkung zu akzeptablen Kosten aufweisen. Darüber hinaus müssen diese Maßnahmen nachweisbar sein, wie z.B. repräsentative Umfragen (TIHALO II) oder statistische Erhebungen (Agrarstrukturerhebung), Investitionsförderungs- oder ÖPUL-Daten, gesetzliche Vorgaben (NAPV).
In diesem Zusammenhang sollen ausreichend Finanzmittel rechtzeitig zielgerichtet in Österreich eingesetzt werden, als hinterher bei Zielverfehlung mögliche Strafzahlungen ohne Wirkung leisten zu müssen.
Fütterung
Durch eine protein-angepasste Fütterung können bei allen Tierkategorien Stickstoffausscheidungen sehr effizient reduziert werden.
In der Rinderfütterung ist die optimierte Fütterung (Verbesserung der Grundfutterqualität, Grundfutteranalysen mit darauf basierenden Rationsberechnungen, Vermeidung von Rohproteinüberschüssen) ein Ansatz. Jedoch wird aufgrund der in Österreich durchschnittlich niedrigen Rohproteingehalte in den Rationen und der daraus resultierenden niedrigen Harnstoffwerte das Reduktionspotenzial als eher gering eingestuft.
In der Schweinefütterung hat die N-reduzierte Fütterung seit dem Jahr 2005 bei den Betrieben großteils Einzug gehalten. So wird gemäß TIHALO II (2017) bei den Zuchtsauen nachgewiesen, dass ca. 80% zweiphasig (38%) bzw. mehrphasig (42%) gefüttert werden. Bei den Mastschweinen werden in etwa 70% zweiphasig (45%) bzw. mehrphasig (25%) gefüttert. Damit hat der Schweinesektor einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Ammoniakemissionen geleistet. Ein gewisses Steigerungspotenzial in der N-reduzierten Fütterung generell bzw. in der Multiphasenfütterung speziell (stark N-reduziert) wird in der Schweinehaltung noch gesehen.
Für die Optimierung in der Fütterung sind begleitend Schwerpunktberatung und Futteranalysen erforderlich. Außerdem ist die Nachweisbarkeit der optimierten Fütterung eine gewisse Herausforderung.
Stall
Die Stallhaltung ist neben den Ausbringungsverlusten bei Wirtschaftsdüngern eine der größten Quellen für Ammoniakemissionen. Folgende Grundprinzipien können zur NH3-Emissionsminderung beitragen: das bestmögliche Sauberhalten von den Tieren benutzten Laufgängen und Auslaufflächen; die Erhöhung der Schieberfrequenz auf planbefestigten Lauf- und Fressgangflächen bei gleichzeitiger Befeuchtung/Reinigung im Sommer; automatisierte Spaltenreiniger; die Reduktion der emittierenden Oberfläche (z.B. durch entsprechende Funktionsbereiche); möglichst trockene Bedingungen (z.B. Gefälle mit Harnrinne, Kotbandentmistung mit Trocknung, Fußbodenheizung, dichte Tränken); Optimierung von Temperatur und Belüftung.
Aufgrund der für den Stallneubau kurzen Zeit bis 2030 wird Reduktionspotenzial im Stall als begrenzt betrachtet. Darüber hinaus ist ein weiterer Anstieg der Laufstallhaltung bei Rindern zu erwarten. Auch bei Maßnahmen im Stall ist die Nachweisbarkeit nicht einfach (Investitionsförderung).
Wirtschaftsdünger-Lagerung – feste Abdeckung
Durch die Abdeckung der Güllebehälter wird der Luftaustausch über die emittierende Oberfläche der Gülle minimiert. Laut den Erhebungen der TIHALO II hat sich der Anteil der abgedeckten Gruben erheblich reduziert. In der Investitionsförderung der LE 2015-20 werden ausschließlich Güllegruben mit einer festen Abdeckung (z.B. Betondecke, Zeltdach) gefördert. Aus diesem Grund wird eindringlich empfohlen, beim Grubenneubau eine geschlossene Grube mit Investitionsförderung anstatt einer offenen Grube ohne Investitionsförderung zu errichten. Bis zu einer bestimmten Größe (~ 14 m Durchmesser) ist von etwa gleichen Kosten auszugehen. Die Kosten für die Abdeckung von Jauche- und Güllelagern werden bis zu einer Obergrenze von 150.000 Euro nicht in die allgemeine Kostenobergrenze eingerechnet.
Schwimmende Abdeckung mittels Folie oder Plastikschwimmkörper bzw. natürliche Schwimmdecken können ebenfalls die Ammoniakemissionen reduzieren. Jedoch kann das Reduktionspotenzial durch zu häufiges Aufrühren verloren gehen. Weiters sollte die Flüssigmisteinleitung in das Güllelager unterhalb der Schwimmdecke erfolgen, um deren Zerstörung zu vermeiden. Von der Errichtung von Güllelagunen sollte aufgrund des ungünstigen Verhältnisses Kubatur zu Oberfläche künftig abgesehen werden.
Ausbringung
Die Wirtschaftsdüngerausbringung hat mit 40% einen wesentlichen Anteil an den Ammoniakverlusten aus der Landwirtschaft. Als wirkungsvolle Reduktionsmaßnahme wird die bodennahe Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern (Gülle, Jauche) mittels Schleppschlauch, mittels Schleppschuh oder Injektion gesehen (siehe Abbildung 5). Der Nachteil dieser Technik liegt in erheblich höheren Kosten und einem bedeutend höheren Verdichtungsrisiko. Gülleverschlauchung mit bodennaher Ausbringtechnik könnte diese Problematik bei geeigneten Betriebsstrukturen weitgehend lösen (siehe Bild 3). Darüber hinaus können mit Gülleverschlauchung Flächen mit größerer Hangneigung gedüngt werden.
Kein Reduktionspotenzial bei großtropfiger Ausbringung nachweisbar
Leider konnte durch die großtropfige Ausbringtechnik kein Minderungspotenzial nachgewiesen werden.
Folgende Ausbringungstechniken können NH3-Emissionen reduzieren:
Die grundsätzliche Basis der Ammoniakverluste stellt die Ausbringungtechnik mittels Prallteller dar.
Schleppschlauch (30% Reduktion): Die Gülle wird auf den Boden von Gras oder Ackerland mittels einer Reihe von flexiblen Schläuchen im Abstand von 25 cm bandförmig abgelegt. Die Applikation zwischen den Reihen von wachsenden Beständen (z.B. Mais, Getreide, Raps) ist ebenfalls möglich. (Empfehlung primär auf Ackerflächen).
Schleppschuh (oder -fuß) (50% Reduktion): Wie beim Schleppschlauch wird Gülle über Schläuche geleitet, die in einem Metall-"Schuh" enden. Dieser gleitet auf der Bodenoberfläche und teilt dabei den Pflanzenbestand, sodass ein großer Teil der Gülle direkt auf die Bodenoberfläche und nicht auf die Pflanzen abgelegt wird. Einige Techniken sind so konstruiert, dass ein flacher Schlitz von 2 bis 3 cm in den Boden gezogen wird, um die rasche Infiltration der Gülle in den Boden zu erleichtern. Mit dem Schleppschuhverteiler kann Gülle am Grünland etwas flexibler ausgebracht werden. Bis zu einer durchschnittlichen Wuchshöhe von 10 bis 15 cm ist aufgrund der bodennahen Ablage der Gülle durch die mit Federdruck belasteten Schleppschuhe keine Futterverschmutzung zu befürchten. Gleichzeitig wird durch die beschattende Wirkung des nachwachsenden Bestandes die Emissionsaktivität der Gülle zusätzlich reduziert. (Vorrangige Empfehlung für Grünland und Feldfutter).
Injektoren (80% Reduktion): Durch die Platzierung der Gülle unter die Bodenoberfläche mittels Injektoren können NH3-Emissionen reduziert werden, da die Kontaktfläche der Gülle mit der Luft verkleinert und die Infiltration der Gülle in den Boden verbessert wird. Ihre Reduktionswirkung ist im Allgemeinen größer als die von bandförmigen Ausbringtechniken, allerdings ist diese Technik für schwere und tonreiche Böden nur eingeschränkt geeignet.
Die in manchen europäischen Ländern forcierte Schlitzdrilltechnik bzw. die Gülle(tiefen)injektion könnte zwar zu einer noch stärkeren Reduktion der NH3-Emissionen beitragen, die damit einhergehenden höheren Maschinengewichte, geringere Arbeitsbreiten können allerdings vermehrt zu Spurschäden und Bodenverdichtung führen, was in weiterer Folge zur Bildung und zum Ausstoß von Lachgas führt. Lachgas zählt wiederum zu den treibhausrelevanten Gasen mit einer sehr hohen CO2-äquivalenten Wirkung. In Österreich wird aus diesem Grund und aufgrund des deutlich höheren Zugleistungsbedarfes am Grünland (Grasnarbenschädigung) die Tiefeninjektion von Gülle nicht empfohlen.
Wesentliche Erhöhung der bodennahen Ausbringung erforderlich?!
In Österreich werden aktuell durch die ÖPUL 2015-Maßnahme "Bodennahe Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern und Biogasgülle“ nachweisbar ca. 3 Mio. m³ flüssiger Wirtschaftsdünger bodennah ausgebracht (siehe Abbildung 6).
Laut Schätzungen fallen in Österreich ca. 25 Mio. m³ flüssige Wirtschaftsdünger an. Um die Vorgaben der NEC-Richtlinie zu erreichen, sollten erhebliche Anstrengungen unternommen werden, die aktuell nachweislich bodennah ausgebrachten Güllemengen mindestens zu verdoppeln, optimaler Weise zu vervierfachen! Laut dem Umweltbundesamt wird aufgrund des hohen Anteils der im Berggebiet liegenden steilen Flächen ungefähr 40% der anfallenden Gülle als theoretisch bodennah ausbringbares Potenzial geschätzt.
Daher wird in der kommenden Förderperiode (LE 2021+) anzudenken sein, die bestehende ÖPUL-Maßnahme "bodennahe Ausbringung" an die neuen Herausforderungen anzupassen. Einerseits sollte die Abgeltung für bodennahe Ausbringung mittels Schleppschlauch zumindest inflationär angepasst bzw. merkbar erhöht, für die bodennahe Ausbringung mittels Schleppschuh bedeutend höher und für die Gülleinjektion noch höher dotiert werden. Um die Teilnahme zu steigern, sollte versucht werden, in die Prämienkalkulation zusätzlich eine Anreizkomponente von mind. 25 hineinrechnen zu können. Um generell den Einstieg in die Maßnahme zu erleichtern, sollte andererseits die Auflage, dass mindestens 50% der am Betrieb anfallenden Güllemenge bodennah auszubringen ist, auf 30% gesenkt werden. Von essentieller Bedeutung ist aber, dass die Mengenobergrenzen pro Hektar für Grünland und Feldfutter von 30 m³ auf etwa 80 m³ pro Hektar und Jahr (das entspricht 4 Schnitten zu je 15 m³ unter Berücksichtigung der gewünschten Verdünnung) und auf Ackerflächen von 30 m³ auf zumindest 50 m³ Gülle pro Hektar und Jahr erhöht werden.
Gülleverdünnung
Die Gülleverdünnung ist eine wirksame Maßnahme, um Ammoniakverluste zu reduzieren. Es wird aber erst ab einem Verdünnungsfaktor von mind. 1:1 eine Minderung von 30% angerechnet. Dieser hohe Verdünnungsgrad ist bei vielen Betrieben aufgrund der Feld-Hof-Entfernung aus Kostengründen nicht erreichbar.
Gülleseparierung
Gerade bei den häufig zu dicken Rindergüllen kann die Separierung eine Maßnahme darstellen, um geringere Trockensubstanzgehalte zu erhalten und so die bodennahe streifenförmige Ausbringung möglichst störungsfrei zu ermöglichen. Der einzelbetriebliche und der gemeinschaftliche Erwerb von Gülleseparatoren ist förderbar. Zusätzliche Fördermöglichkeiten sind anzudenken.
Einarbeitung
Auf unbestelltem Ackerland sollte Gülle möglichst rasch eingearbeitet werden, um Ammoniakverluste zu minimieren. Für die rasche Einarbeitung des ausgebrachten Wirtschaftsdüngers wird bei Gülle innerhalb von 4 Stunden ein Minderungspotenzial von minus 55%, innerhalb von 12 Stunden ein Minderungspotenzial von minus 30%, bei Festmist innerhalb von 4 Stunden minus 55%), innerhalb von 12 Stunden minus 50% angenommen.
Gemäß Nitrat-Aktions-Programm-Verordnung hat die Einarbeitung im Zuge der Ausbringung von Gülle, Jauche und Klärschlamm auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Bodenbedeckung möglichst binnen vier Stunden zu erfolgen, zumindest jedoch während des auf die Ausbringung folgenden Tages. Das heißt, dass hier von Gesetzes wegen grundsätzlich kein Reduktionspotenzial abgeleitet werden kann. Außerdem stellt die Nachweisbarkeit bei der Einarbeitung eine Herausforde-rung dar.
Weidehaltung
Die Weidehaltung hat verglichen mit der Stallhaltung geringere NH3-Emissionen. Daher könnte eine Steigerung der Weidehaltung selbst und der Weidedauer einen Reduktionsbeitrag liefern, der jedoch aufgrund der Entwicklungen in der Rinderhaltung als begrenzt beurteilt werden muss. Die Nachweisbarkeit ist über die ÖPUL-Maßnahmen "Alpung und Behirtung" bzw. "Tierschutz – Weide" gegeben.
Mineralische N-Düngemittel – Harnstoff
Bei der Düngung von NAC wird gemäß Ö-Luftschadstoffinventur ein Verlust von 1,1%, hingegen bei der Harnstoffdüngung wird ein pauschaler Ammoniak-Verlust von 15,8% unterstellt. Als Minderungsmaßnahme könnte die Einarbeitung oder die Stabilisierung sein. Ein Düngeverbot für Harnstoff wird abgelehnt. Da die Details der Harnstoffdüngung (Menge, Einarbeitung vor dem Anbau, Kopfdünung in wachsende Bestände, …) in der Praxis nicht bekannt sind, kann eine statistisch repräsentative Abfrage Klarheit bringen.
Sonstige Maßnahmen
Weitere Maßnahmen wie Abluftreinigung, Vergärung von Wirtschaftsdüngern (Biogas), Futterzusätze, Güllezusätze, Gülleansäuerung etc. werden aus finanziellen Gründen oder mangels wissenschaftlich nachgewiesener Reduktionspotenziale oder aufgrund praxisferner Umsetzungsmöglichkeit nicht angeführt.
Zusammenfassung
Die gemäß EU-NEC-Richtlinie verpflichtende Reduktion von Ammoniakemissionen bis 2030 bedarf enormer Anstrengungen der Landwirtschaft, insbesondere der Tierhaltung. Zahlreiche Minderungsmaßnahmen stehen im Raum, die grundsätzlich von möglichst vielen Betrieben je nach Möglichkeit umgesetzt werden sollten. Das größte Reduktionspotenzial wird in der bodennahen Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern gesehen. In diesem Zusammenhang sollten freiwilligen Maßnahmen mit entsprechender Abgeltung gesetzlichen Regelungen eindeutig der Vorzug gegeben werden.