Wo unnötige Energiefresser stecken
Für die Erzeugung von 100 Prozent der heimischen Lebensmittel wird lediglich zwei Prozent der Energie in Österreich benötigt. Dennoch führen steigende Energiepreise zu großen Kostenbelastungen für die Landwirtschaft. Darüber kann man sich ärgern. Diese aktiv durch Energiesparen und erneuerbare Energien am eigenen Betrieb abzufedern, macht sich in diesen unsicheren Zeiten allerdings mehr als bezahlt. Denn bei hohen Strompreisen rechnen sich Energiesparmaßnahmen umso mehr. Außerdem können aktuelle Stromabrechnungen Monate mit niedrigen Strompreisen enthalten, die gesamte Preissteigerung ist oft noch nicht bei den Betrieben angekommen.
Praktische Untersuchungen der Landwirtschaftskammer Steiermark und Energie Steiermark auf steirischen Höfen haben bereits vor Jahren gezeigt, dass sich der Energiebedarf um bis zu 30 Prozent reduzieren lässt. Der entscheidende Schritt führt über die Energieeffizienz. Dies erfordert nicht immer hohen technischen und finanziellen Aufwand.
Wer sucht, der findet
Zugegeben, es ist intensive Arbeit, sich mit seinem Energieverbrauch auseinanderzusetzen. Doch die Wirtschaftlichkeit von Effizienzmaßnahmen ist heute neu zu bewerten, da sich diese aufgrund der hohen Energiepreise rasch rechnen. Durch intelligente Messungen des Energiebedarfs finden sich unzählige Einsparungsmöglichkeiten. Dafür sollten alle am Betrieb vorhandenen Stromverbraucher samt Einsatzzeiten und Leistungsaufnahmen aufgelistet werden. Im Anschluss werden für die größten Verbraucher Effizienzmaßnahmen erarbeitet und wirtschaftlich bewertet.
Strompreissteigerung
Am Beispiel eines Milchviehbetriebes zeigt sich, dass die Stromkosten in den vergangenen zwei Jahren um bis zu 130 Prozent gestiegen sind (unten). Die realen Strompreissteigerungen sind derzeit sehr unterschiedlich, da es große Tarifunterschiede zwischen Bestands- und Neukunden gibt. Speziell jene Betriebe, die sich für Flex-Tarife entschieden haben, spüren seit Monaten die hohen Strompreise. Mittelfristig können die Stromkosten weiter steigen und die Bestandskunden werden an die Neukundenpreise herangeführt. Stromsparen zahlt sich aus.
Beispiel
Milchviehbetrieb, 35 Kühe, 25.000 kWh Strombedarf
- Stromkosten 2020: 4.500 Euro bei 18 Cent pro kWh
- Bestandskunde Stromkosten 2022: 6.000 Euro bei 24 Cent pro kWh
- Neukunde Stromkosten 2022 (Flex-Tarif Juli): 10.500 Euro bei 42 Cent pro kWh
Über 50 Tipps zum Energiesparen in der Landwirtschaft
Die Broschüre „Energieeffiziente Landwirtschaft“ ist ein allgemeiner Wegweiser zur Senkung der Energiekosten auf landwirtschaftlichen Betrieben. Sie zeigt die Grundlagen des Energiesparens am Bauernhof auf und beinhaltet zahlreiche Hilfestellungen bei der betrieblichen Energiebuchhaltung sowie ein Strom- und Sprittagebuch oder eine methodische Anleitung zur Erfassung des betrieblichen Strombedarfs.
Es finden sich über 50 Anregungen zum Energiesparen in der Broschüre, sodass für jeden Landwirt und jede Landwirtin Energiesparanregungen dabei sind. Die Stromverbräuche hängen maßgeblich vom Betriebszweig, der Größe sowie vom Produktionsverfahren ab. Manche Maßnahmen sind durch organisatorische Veränderungen umsetzbar, andere wiederum durch technische Adaptierungen. Mit den steigenden Kosten für Strom und Diesel lohnt es sich jedenfalls, einen Blick in die Broschüre zu werfen. Top-Maßnahmen der energieeffizienten Landwirtschaft:
- Lüftung und Ventilatoren: bis minus 60 Prozent
- Kühlung- und Klimatisierung: bis minus 40 Prozent Energieeffiziente Pumpen: minus 40 bis 60 Prozent
- LED-Beleuchtung/Lichtsteuerung: minus 40 bis 60 Prozent
- Optimierung Biomasse-Heizung: bis zu minus 20 Prozent
- Treibstoffeinsparung: minus 10 bis 30 Prozent
Milch: Frequenzsteuerung und Wärmetauscher
Das Melken und die Milchkühlung zählen zu den größten Stromverbrauchern am Milchviehbetrieb. Durch zügiges Melken lässt sich der Stromverbrauch um bis zu zehn Prozent reduzieren. Mit einer drehzahlgeregelten Vakuumpumpe kann er um weitere 40 bis 60 Prozent reduziert werden, bei älteren Pumpen sollte die Nachrüstung von einem Fachmann geprüft werden. Eine Online-Umfrage unter den steirischen Milch-Arbeitskreis-Betrieben im Jahr 2018 hat ergeben, dass die durchschnittliche Pumpenleistung bei 2,2 Kilowatt liegt. Die Umstellung auf Frequenzsteuerung kann rund 1.500 kWh oder Stromkosten von 600 Euro pro Jahr sparen. Das Kühlaggregat soll an einer Stelle mit kühler Außenluft angebracht sein. Eine Milchvorkühlung mit fließendem Wasser ist effizient und kostengünstig. Die Wärmerückgewinnung des Wassers aus dem Vorkühler für Tränkewasser gehört zum Standard. Alternativ eigenen PV-Strom oder Biomasse-Heizung verwenden. Tipps:
- Zügiges Melken und freie Kühlrippen: minus 10 bis 20 Prozent
- Frequenzgesteuerte Vakuumpumpe: minus 40 bis 60 Prozent
- Milchvorkühlung: minus 40 bis 60 Prozent
- Wärmerückgewinnung: 50 bis 70 Liter gratis Warmwasser pro 100 Liter Milch
Sprit: Drehzahl, Ballast und Reifendruck richtig wählen
Die neusten Zahlen weisen für die Landwirtschaft einen Treibstoffverbrauch von 350 Millionen Liter Diesel aus. Das heißt, die Landwirtschaft gibt heuer fast eine Milliarde Euro für den Betrieb von Traktoren und Erntemaschinen aus. Jeder gesparte Liter Diesel hat positive Auswirkungen auf die Klimabilanz und das betriebswirtschaftliche Ergebnis des Betriebs. Daher sollte jeder Liter effizient in Arbeitsenergie umgewandelt werden. Die größten Einsparungen liegen in der Wahl der optimalen Motordrehzahl. Diese liegt bei rund 70 Prozent der Nenndrehzahl. Durch Anpassungen des Reifendrucks und der Ballastierung sowie der Arbeitstiefe bei der Bodenbearbeitung lässt sich der Verbrauch weiter reduzieren. Jede Tonne unnötiges Gewicht erhöht den Dieselverbrauch um etwa einen Liter pro Stunde. In Zukunft sind weitere große Einsparungen durch die Digitalisierung sowie Präzisionslandwirtschaft zu erwarten. Tipps:
- Richtige Motordrehzahl: minus 15 bis 20 Prozent
- Optimale Arbeitsbreite und Arbeitstiefe: minus 25 bis 30 Prozent
- Wartung: minus 5 bis 10 Prozent
- Richtige Ballastierung: minus 5 bis 10 Prozent
- Automatische Lenksysteme (RTK): minus 10 bis 20 Prozent
- E-Mobilität: minus 70 bis 80 Prozent
Schwein: Lüftung in der Mast, Heizung bei Ferkelaufzucht
Je nach Betriebsausrichtung sind Energieverbrauch sowie Einsparpotenzial sehr unterschiedlich. In der Schweinemast sind die Lüftungsanlagen zur Stallklimatisierung die größten Stromverbraucher, daher liegt in der Optimierung das größte Einsparpotenzial. Wegen zunehmender Hitzetage werden Stallungen immer öfter gekühlt. Einfache Maßnahmen sind eine Funktionskontrolle (Zu- und Abluftführung), Wartung der technischen Anlagen (Sensoren) sowie die Einstellung der Klimasteuerung. Bei alten Anlagen kann durch den Einbau von Energiesparventilatoren oder Frequenzumrichtern bis zu 60 Prozent eingespart werden.
In der Ferkelproduktion benötigt die Wärme im Abferkelbereich und der Ferkelaufzucht die meiste Energie. Hier lohnen sich regelbare Infrarotlampen, Ferkelnestabdeckungen und Fußbodenheizungen. Wer neu baut, sollte immer das Fütterungssystem sowie den Einsatz von Wärmetauschern und Erdspeichern im Blick haben. Fünf Energiespar-Tipps:
In der Ferkelproduktion benötigt die Wärme im Abferkelbereich und der Ferkelaufzucht die meiste Energie. Hier lohnen sich regelbare Infrarotlampen, Ferkelnestabdeckungen und Fußbodenheizungen. Wer neu baut, sollte immer das Fütterungssystem sowie den Einsatz von Wärmetauschern und Erdspeichern im Blick haben. Fünf Energiespar-Tipps:
- Frequenzgesteuerte Ventilatoren/EC-Ventilatoren: minus 40 bis 60 Prozent
- Richtige Einstellung der Klimaparameter: bis zu minus 40 Prozent
- Stalldämmung: minus 10 bis 20 Prozent
- Ferkelnestabdeckung, Zonenheizungen: minus 30 Prozent
- LED-Beleuchtung: minus 40 bis 60 Prozent
Direktvermarktung: Alte Kühlgeräte ersetzen
Lagern und Kühlen sind zur Sicherung der Lebensmittelqualität unverzichtbare Prozesse in der Direktvermarktung. Diese sind mit hohem Energieverbrauch verbunden, welcher sich jedoch durch einfache, gezielte Maßnahmen stark reduzieren lässt. Alte Kühl- und Gefriertruhen haben einen bis zu zehn Mal höheren Energieverbrauch als vergleichbare Neuanlagen. Bei Strommessungen auf Betrieben lag der jährliche Stromverbrauch einer Gefriertruhe bei unglaublichen 1.000 Kilowattstunden. Ein Neugerät kommt dagegen mit 150 Kilowattstunden pro Jahr aus. Energieeffiziente Kühlgeräte sind auf www.topprodukte.at zu finden. Ebenso entscheidend für den Stromverbrauch ist der Standort der Kühlräume und -geräte sowie der Kompressoren. Je kühler die Umgebungstemperatur der Geräte, desto niedriger ist der Energiebedarf (Beschattung ausnützen). Türdichtungen regelmäßig auf ihre Funktion überprüfen. Fünf Energiespar-Tipps:
- Ersatz alter Kühlgeräte: bis zu minus 80 Prozent
- Wärmerückgewinnung: bis zu minus 80 Prozent
- Abtauung: minus 5 bis 10 Prozent
- Wärmedämmung: bis minus 30 Prozent
- Aufstellungsort: minus 2 bis 3 Prozent pro Grad niedrigerer Raumtemperatur
Landwirte zeigen Energieeffizienz
Seit mehr als drei Jahrzehnten tüfteln Landwirtinnen und Landwirte an innovativen Energielösungen. Unzählige Prototypen, wie beispielsweise Hackgut- und Solaranlagen, sind auf den Höfen zu international marktfähigen Technologien weiterentwickelt worden. Heute finden wir auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben völlig neue Technologien zur Senkung der Energiekosten, wie Photovoltaikanlagen, Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen, Stromspeicher oder von Satelliten gesteuerte Fahrassistenten. Die Technologien sind digital vernetzt und kommunizieren miteinander, mit dem Ziel, eine möglichst effiziente und hohe Eigenenergieversorgung sicherzustellen. Die Broschüre gibt Einblicke in die Philosophien und Lösungen zur Energieversorgung von zehn Vordenkerinnen und Vordenkern. Sie soll Lust auf Energieeffizienz machen. Betriebe, die Energiesparmöglichkeiten aufzeigen:
- Eiswasserkühlung mit Photovoltaik
- Elektromobilität in der Rinderwirtschaft
- Reifendruckregelungsanlagen in der Außenwirtschaft
- Heutrocknung mit Abwärme und Photovoltaik
- Stromspeicher im Milchviehstall
- Effizienz in der Geflügelmast, Milchwirtschaft, Direktvermarktung und Schweinemast
Fünf Spartipps
Maßnahmen zur Strompreisabfederung
- Suche nach Energiesparmöglichkeiten und Eigenversorgung mit Photovoltaik und Stromspeicher. Es ergeben sich Vorteile durch Kosteneinsparung, steigende Energieunabhängigkeit und Förderung der Nachhaltigkeit.
- Kontrolle der monatlichen Teilzahlungsbeträge. Auf Kundenwunsch können die Teilzahlungen um bis zu 30 Prozent erhöht werden, um hohe Rückzahlungen im Folgejahr zu vermeiden.
- Vergleich von Strompreisen und Zählerständen. Bei Kündigung des Anbieters, Angebote mit dem Tarifrechner der E-Control prüfen und den Zählerstand am Stichtag ablesen. Auf die Einhaltung von Preisgarantien bei Vertragsänderungen achten.
- Prüfung der Stromverträge bei Hofübergabe. Manche Anbieter (etwa Energie Steiermark) ermöglichen eine Tarifmitnahme und behalten Netzzugriff- und Energieliefervertrag bei.
- Förderungen ansuchen. Mit Herbst 2022 startet das Investitionsprogramm „Energieautarker Bauernhof“. Hier werden Effizienzmaßnahmen und Energiekonzepte gefördert. Details in Ausarbeitung.
Downloads zum Thema
- Energieeffizienz in der Direktvermarktung PDF 1,19 MB
- Energieeffizienz in der Landwirtschaft PDF 6,18 MB
- Energieeffizienz in der Milchwirtschaft PDF 5,91 MB
- Energieeffizienz in der Schweinehaltung PDF 5,06 MB
- Landwirte zeigen Energieeffizienz PDF 3,10 MB
- Treibstoffsparen in der Landwirtschaft PDF 3,41 MB