"Unser Bauernhof ist kein Streichelzoo"
Wie alles begann
Mit einer landwirtschaftlichen Ausbildung in Pyhra legte Franz Bracher den Grundstein für seinen späteren Betriebserfolg. Nach der Schule stieg er in die Landwirtschaft seiner Eltern mit ein. Danach sollte es aber das Baugewerbe sein, das sein Interesse weckte. Elf Jahre lang war er in dieser Branche tätig. Gleichzeitig arbeitete er stets am elterlichen Hof mit. Im Jahr 2012 war es soweit: Franz Bracher übernahm den Hof von seinen Eltern, modernisierte und ging seinen eigenen Weg. Gemeinsam mit seinen Eltern stellte er den Betrieb bereits vor der Hofübernahme von Milchkuhhaltung auf Schweinehaltung um. Mit engagierter Hege und Pflege kümmert er sich um seine Tiere. Dabei verliert er allerdings auch die Leistung seiner Tiere nicht aus den Augen. Die Eltern von Franz aber auch gute Freunde geben dem Ehepaar wertvolle Rückendeckung, wenn es um Arbeitsspitzen und neue Ideen geht.
Schule am Bauernhof als Ausgleich
Drei Kinder, jede Menge Schweine, Ackerflächen und Wald: Franz und Angelika Bracher aus Neuhofen im Dunkelsteinerwald können sich keineswegs über Langeweile beklagen. Das Pensum des Ehepaares ist groß. Dennoch hat sich die Familie dazu entschlossen, ein weiteres Standbein am Hof zu etablieren. "Ich wollte immer etwas zusätzlich machen. Etwas das Sinn macht. Da bin ich auf Schule am Bauernhof gestoßen. Es macht Spaß die Stalltür aufzumachen, den Kindern etwas zu zeigen und sie zu begeistern", erklärt Angelika Bracher, die nebenbei auch noch auf einer Bank arbeitet. Dabei ist die 41-Jährige eigentlich nur durch Zufall darauf gestoßen, dass die Arbeit mit Kindern für sie der perfekte Ausgleich vom Arbeitsstress ist.
Kindergeburtstag brachte die Idee
Ausschlaggebend für das große Interesse an Schule am Bauernhof war eine Geburtstagsparty. Das jüngste Kind der Brachers, Anna-Sophie, hatte in der Coronazeit Geburtstag und wollte ihre Freunde zu sich nach Hause einladen. "Ich hab mir gleich Gedanken gemacht, was ich mit den Kindern bei uns machen kann. So hab ich einiges vorbereitet. Letztendlich sind aber alle im Ferkelstall gesessen, hatten irrsinnig viel Spaß und haben gestunken, was ihnen und sogar den Eltern völlig egal war", erinnert sich Angelika zurück. Dieses Erlebnis brachte die Bäuerin schließlich zum Nachdenken. "Es ist ja leider nicht jedem Kind möglich, dass es soetwas erleben darf oder kann. Ich wollte es ihnen zumindest einen halben Tag ermöglichen, mit uns mitzuwerken und zu erfahren, was wir eigentlich am Hof machen", erklärt die 41-Jährige. Bilderbuchidylle und eitel Wonne allerdings Fehlanzeige. Stattdessen wird gezeigt, dass Landwirtschaft harte Arbeit ist, die Freude macht und erfüllen kann.
Top geschult zum Schule am Bauernhof-Betrieb
Im Mai 2022 begann Angelika Bracher damit, wieder die sprichwörtliche Schulbank zu drücken. Sie absolvierte einen Zertifikatslehrgang für Schule am Bauernhof-Anbieter und konnte schon bald darauf die ersten Schulklassen am Hof begrüßen. Alleine in den ersten Monaten kamen sechs Schulklassen zum Reisserhof und auch im Herbst waren vier Schulklassen am Betrieb. Rückendeckung bekommt sie dabei von ihrem Mann Franz, der zwar Anfangs nicht begeistert war nun allerdings mit Feuer und Flamme hinter dem Schule am Bauernhof-Programm steht. "Es ist eine gute Möglichkeit, zu zeigen, dass Landwirtschaft kein Streichelzoo ist und eine gewisse Größe braucht, um davon leben zu können. Jetzt können wir Kindern zeigen, das es einen gewissen Produktionsablauf braucht, es aber nicht grausam ist. Sie sollen selbst sehen können, dass es nicht schlecht ist, dass wir uns kümmern und für unsere Tiere da sind", ist der 47-Jährige überzeugt.
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Von und mit der Natur leben
Egal ob bei ihren Schule am Bauernhof-Einsätzen oder bei ihren alltäglichen Arbeiten am Hof - das Landwirte-Ehepaar lebt nach dem Motto "Gewinn ist nicht alles" und möchte dies auch weitergeben. So lernen bereits ihre Kinder, wie wichtig es als Landwirt ist, von und mit der Natur zu leben. "Man kann nicht gegen die Natur arbeiten, das funktioniert nicht lange. Man muss Rücksicht nehmen, wenn man den Betrieb und den Boden im bestmöglichen Zustand für die nächsten Generationen erhalten will", sind sich Franz und Angelika Bracher einig. Eine Philosophie, die sie auch den Schulklassen bei ihren Besuchen mit auf den Weg geben.
Ein Hof mit Geschichte
Franz und Angelika Bracher halten die Geschichte ihres Hofs hoch. So wurde der "Reisserhof" im Jahr 1550 erstmals urkundlich erwähnt. Seit dem Jahr 1827 gehörte der Name Bracher am Hof beinahe zum guten Ton.
Newsletter machte auf Schule am Bauernhof aufmerksam
Auf Schule am Bauernhof aufmerksam gemacht wurde Angelika Bracher durch die Landwirtschaftskammer und ihre Newsletter. Einige Jahre lang warf Angelika immer wieder einen Blick auf dieses Angebot. Die letzte Hemmschwelle überschreitete die Bäuerin allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Erst 2022 hat es ihr gut reingepasst und sie nahm am dafür benötigten Zertifikatslehrgang "Schule am Bauernhof" teil. Seit kurzem tourt Angelika auch als Seminarbäuerin durchs Land und stärkt das Bewusstsein für heimische Lebensmittel. "Die Kombination Schule am Bauernhof und Seminarbäuerin wollte ich schon immer machen. Es ergänzt sich gut und ich kann als Seminarbäuerin auch meine Leidenschaft fürs Backen ausleben", freut sich Angelika. So kann sie künftig nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen die Landwirtschaft näher bringen und ihnen mit wertvollen Alltagstipps zur Seite stehen.
So werde ich Schule am Bauernhof-Betrieb
- Ich führe einen landwirtschaftlichen Betrieb mit aktiver Bewirtschaftung.
- Ich bin mindestens 18 Jahre alt.
- Ich verfüge über eine landwirtschaftliche Grundausbildung oder kann eine dreijährige Mitarbeit am Betrieb vorweisen.
- Ich habe den Zertifikatslehrgang "Schule am Bauernhof" besucht.
- Mein Betrieb wurde von der SVS und der Landwirtschaftskammer besichtigt.
- Ich besuche jährlich Weiterbildungsveranstaltungen.
Veränderungen sorgen für positiven Wind am Betrieb
Neue Projekte, innovative Ideen und spannende Trends werden am Reisserhof mit offenen Armen in Empfang genommen. Das Landwirte-Ehepaar probiert aus und fühlen Neuerungen gerne auf den Zahn. "Jede Veränderung die wir bis jetzt vorgenommen haben, brachte nicht nur Negatives, sondern es waren viel mehr Vorteile dabei. Auch wenn wir es zu Beginn womöglich noch gar nicht so gesehen haben. Darum probieren wir gerne aus und schauen, was auf uns zu kommt", so der Betriebsleiter. Das nächste Pilotprojekt steht am Reisserhof bereits in den Startlöchern. Das Ehepaar startet mit der "Freien Abferkelung" und fiebert schon heute dem ersten Resümee entgegen.
Betriebsspiegel
Franz (47) und Angelika (41) Bracher
Kinder: Franz Josef (16), Paul (14), Anna-Sophie (12)
Eltern: Erika (68), Franz (74)
Der Stall:
Im Büro:
Kinder: Franz Josef (16), Paul (14), Anna-Sophie (12)
Eltern: Erika (68), Franz (74)
Der Stall:
- geschlossener Schweinebetrieb mit 65 Zuchten und anschließender Mast
- Arbeitskreismitglied
- 66 Euro pro Zucht Tierarztkosten
- Zuchten im Wartebereich auf Stroh - mit Top-Kondition in die Abferkelung
- Gesunde und ressistente Tiere als Schwerpunkt
- Vom Ferkel zur Jungzucht - Das Tier bleibt am Betrieb. Damit kennt sie die möglichen Erreger im Stall und ist mit ihrem Immunsystem darauf vorbereitet.
- 40 Hektar - Gerste, Weizen, Mais
- 20 Hektar Wald - Bloch- und Stückholz, Hackschnitzel
Im Büro:
- Auswertungen und Zahlen stärken den Betrieb. Sie zeigen wo der Schuh drückt und was gut läuft.