05.03.2018 |
von Anna Brugner
Effizienter Frostschutz in der Praxis
Ganz klar ist demnach eine allgemeine Erwärmung zu erwarten, aber was hat die Klimaerwärmung mit einem erhöhten Frostrisiko zu tun? Dazu gibt es weit unterschiedliche Aussagen der Klimaforscher. Während ein Teil der Modelle gleichzeitig mit der Verfrühung der Vegetationsentwicklung eine Verfrühung der letzten Fröste erwarten lässt, prognostiziert die andere Gruppe der Klimaforscher einen zeitlich relativ gleichbleibenden Zeitrahmen für mögliche Spätfröste. Da ein früherer Vegetationsbeginn aber recht unumstritten erwartet wird, muss man in diesem Fall davon ausgehen, dass im Zeitfenster von Ende April bis Anfang Mai die Fruchtentwicklung deutlich weiter fortgeschritten ist. Damit ist auch die Frostempfindlichkeit der Früchte dramatisch höher. Ab Blühende nimmt die Sensibilität der Jungfrüchte stark zu, und die Schäden eines Frostereignisses nehmen rascher zu als in der Vorblüte.
Die Grundlagen beachten: Lagenwahl
Dieser frühe Vegetationsbeginn ist speziell für tiefe Lagen uns Staulagen problematisch. In exponierten Anlagen sollte daher der Austrieb nicht mit Bewässerung und intensiver Blattdüngung beschleunigt werden. Erst wenn Frostereignisse konkret prognostiziert sind, sollte man bewässern. Obstbauliche Grundvoraussetzung ist die Wahl der Lage, idealerweise eine frostarme Höhenlage mit nicht zu schweren Böden. Unter dem Aspekt des Klimawandels ist hier aber auch die Wasserversorgung im Sommer zu berücksichtigen.
Unterschiedliche in der Frosthärte bestimmen das Schadensausmaß
Die Entwicklung der Früchte und die Stärke der Schädigung der Kerne hängen nicht nur vom Entwicklungsstadium, der Temperatur und der Dauer des Frostes ab, sondern auch sehr stark von der Qualität der Blüte bzw. der Samenanlage selbst. Obstbauliche Maßnahmen wie Nährstoffversorgung, gute Belichtung, Schnitt und Behangsregulierung beeinflussen die Knospenqualität und damit die Frosthärte.
Luftfeuchtigkeit ist zu beachten
„Trockene Fröste“ verursachen deutlich stärkere Schäden. Bei geringer Luftfeuchtigkeit hat die Blüte deutlich tiefere Temperaturen als die Umgebungsluft. Wesentlich für diese Abkühlung ist die Verdunstung an der Fruchtoberfläche. Die Verdunstungskälte beträgt bei 0 °C ca. 540 kJ pro Liter Wasser. Das ist Energie, die der Frucht zusätzlich zur Abstrahlung entzogen wird. Auch lässt die relative Luftfeuchte zur Zeitpunkt der Dämmerung auch bereits auf die Frostgefahr in der Nacht schließen. Bis zum Taupunkt kühlt die Luft bei wolkenlosem Himmel rasch ab. Bei der anschließenden Taubildung wird die gleiche Energiemenge wie bei der Verdunstung frei. Danach kühlt die Luft nicht mehr, bzw. wesentlich langsamer weiter ab. Kühle Abendtemperaturen als Ausgangslage und eine niedrige Luftfeuchtigkeit zeigen hohe Frostgefahr an!
Dieser Abkühlung entgegen wirkt die Wärmespeicherung des Bodens. Üblicherweise werden zur Zeit der Blütenfröste die Böden tagsüber bereits gut erwärmt. Gelingt es, diesen Wärmespeicher zu nutzen, kann ein geringer Frost gut gemildert werden. Die überlieferten Maßnahmen zielen genau darauf hin ab: Mulchen und Bewässern erhöhen die Wärmeleitfähigkeit und damit die Nachlieferung von Wärme aus tieferen Bodenschichten.
Frostschutzmaßnahmen im Vergleich
Nach den verheerenden Frostschäden 2016 und der frühzeitigen Frostprognose wurden 2017 sehr viele Maßnahmen zur Frostbekämpfung getroffen. Nicht alle waren zielführend, vieles an Know-How zum Thema Frostschutz wurde bestätigt und ergänzt. Um die Vor- und Nachteile von Frostschutzmaßnahmen bestmöglich zu nutzen und Kosten zu minimieren, kommen auch immer mehr Kombinationen zum Einsatz.
Abdecken
Da der Boden sehr viel Wärme abstrahlt, ist es naheliegend, dass man versucht, diese Wärme im Bestand zu halten. Es gelingt recht gut, wenn die Abdeckung flächig und bodennah (wie bei Erdbeeren) angebracht wird und das Abdeckmaterial eine geringe Leitfähigkeit hat, wie beispielsweise Vlies. In Raumkulturen werden an die Abdeckung hohe Anforderungen bezüglich Windstabilität gestellt, was die Kosten enorm erhöht. Bestehende Systeme wie Hagelnetze und Regenschutzdächer haben relativ geringe Isolierfähigkeit, vor allem aber ist ihre Stabilität bei Wintereinbrüchen wie 2016 nicht immer ausreichend.
Räuchern
Die wohl älteste Maßnahme zur Frostabwehr stammt aus dem Weinbau und zielt darauf ab, das weitere Absinken der Temperatur zu Sonnenaufgang zu reduzieren. Die Abstrahlung in der Nacht kann damit nicht verhindert werden, da die Rußpartikel keine isolierende Wirkung haben. Die Rauchwolken werden von geringsten Luftströmen verfrachtet und bleiben nur in geschlossenen Staulagen bei Windstille stabil. Das Verständnis der Bevölkerung war 2017 dank gut vorbereiteter Pressearbeit der Landwirtschaftskammern recht hoch, auch weil es sich meist um einmalige Maßnahmen gehandelt hat. Sind mehrere Frostnächte zu erwarten, ist besonders in Feinstaub-Regionen abzuwägen, ob die erreichbare Frostschutzwirkung den Aufwand und die Ruß- und Rauchgasbelastung für die Anrainer rechtfertigt. Man sollte auch nicht außer Acht lassen, dass das Räuchern gesundheitliche Nachteile für die Betreiber haben kann.
Heizen
Die Idee der Wärmezufuhr in die Anlage ist fast ebenso alt, und wird auch in anderen Regionen (zB. USA) teilweise erfolgreich umgesetzt. Die Anforderungen an das Heizmaterial sind nicht hoch, es sollte möglichst rauchfrei, gut handhabbar sein und einen hohen Brennwert haben. Im Handel erhältlich sind hier Frostschutz-Kerzen verschiedener Hersteller. Die Brennmaterialien sind unterschiedlich in ihrer Herkunft, Paraffin oder biogenen Ursprunges und die Brenndauer unterscheidet sich je nach Größe der Gebinde und Art des Brennmaterials. Die Rußentwicklung ist beim biogenen Ausgangsmaterial deutlich geringer. Die Paraffinkerzen sind dafür etwas kostengünstiger, wobei die Kosten insgesamt sehr hoch sind. (Abb 3). Das Heizen mit Frostkerzen ist für Kulturen mit hohen Flächenumsätzen und ohne Frostberegnungsmöglichkeit derzeit die zuverlässigste Möglichkeit. Das Thema Frostkerzen wird auch in den Versuchen der Versuchsstation Haidegg und Prof. Lazar, Universität Graz, weiter bearbeitet werden.
Hofeigene biogene Materialien wie Hackschnitzel haben grundsätzlich einen ähnlichen Effekt, ihr Brennwert ist aber geringer. Ihre Handhabung ist aufwändig, und die die Rauchentwicklung nicht unerheblich, besonders wenn sie feucht sind.
Am Markt angeboten werden auch Gas-Heizgeräte, sie sind stationär oder mobil verfügbar. Die mobilen Geräte werden in einem Raster traktorgezogen durch die Anlage bewegt, sodass jeder Baum in regelmäßigen Abständen beheizt wird. Der Arbeitsaufwand ist dabei recht hoch, die Wirkungsgrade in den Versuchen sehr unterschiedlich, meist jedoch unbefriedigend. Die Kosten sind allerdings geringer als bei den Frostkerzen. Stationäre Geräte verursachen weniger Arbeitsaufwand, ihre Reichweite hängt von ihrer Position in der Anlage und den Temperaturen ab.
Luftdurchwirbelung
Die meisten Frostnächte entstehen durch Inversionwetterlagen. Die Luft ist stabil geschichtet, kalte Luft sinkt ab und bleibt in Bodennähe liegen. Höhere Luftschichten sind deutlich wärmer, werden aber auf Grund der Windstille nicht mit der tiefer liegenden Kaltluft gemischt. Gelingt es, diese Luftschichtung zu durchmischen, kann die Bodentemperatur um einige Grad erhöht werden. Für eine solche Durchmischung werden Windräder in verschiedenen Größenordnungen angeboten (Abb.6). Die Wirkung ist stark vom Gelände abhängig, je nach Lage und Struktur der Anlagen ist der Einsatz aber recht kostengünstig. In anderen Ländern werden auch andere Möglichkeiten genutzt, grundsätzlich sind alle Maßnahmen zur Durchmischung der Luftschichtung von Interesse. Bei Windfrostsituationen sind diese Maßnahmen allerdings wirkungslos, oder oft auch nachteilig, sie funktioniert nur bei Strahlungsfrost mit stabiler Schichtung. Die Wirkung von Windmaschinen ist eine zentrale Frage in der geplanten Versuchsanstellung in Haidegg.
Frostberegnung
Die effektivste und kostengünstigste Frostschutzmethode ist nach wie vor die Frostberegnung. Hier wird die Wärme, die beim Gefrieren des Wassers frei wird, an die Blüte oder Frucht abgegeben, während sich der Eispanzer bildet (Abb7). Frostberegnung ist zuverlässig und kann bis zu -8 °C vor Frost schützen. Nachteilig ist nur der hohe Wasserbedarf. Die Wasserbeschaffung und Bereitstellung sind hier meist die größte Herausforderung. Teichbauten sind aufwändig, sobald der Einsatz von Folie zum Abdichten notwendig ist. Die verwendeten Überkronenregner sollten betriebssicher und mit vernünftigem Aufwand zu warten sein. Ideal ist, wenn Drainagen aus den beregneten Anlagen genutzt werden können, um das Beregnungswasser zu „recyceln“. Lassen Gelände und Betriebsstruktur zumindest teilweise eine derartige Rückgewinnung zu, ist eine klassische Frostberegnung das zielführendste Frostschutzsystem. Auch die Wassertemperatur ist von Bedeutung: Je wärmer Beregnungswasser ist, desto mehr Energie wird auch mit der Abkühlung auf 0° frei.
Neue wassersparende Bewässerungssysteme sind seit einigen Jahren auf dem Markt. Der Vorteil von weniger Wasser liegt nicht nur in der Verfügbarkeit, sondern auch in der Kulturführung. Bei Steinobstkulturen beispielsweise sind die hohen Wassermengen je nach Bodenart und Wassersättigung nachteilig. Besonders die Baumgesundheit ist hier eine kritische Frage. Hierzu müssen noch weitere Erfahrungen gesammelt werden.
Eckpunkte zum praktischen Betrieb einer Frostberegnung
Obwohl das System der Frostberegnung schon jahrzehntelang im Einsatz ist, passieren immer wieder kleine Pannen, die in der Extremsituation nachteilige Folgen haben. Die kritischste Frage ist der Einschaltzeitpunkt, ein Feuchtthermometer ist hier die beste Entscheidungshilfe. Beim Frostberegnen ist kein „Probelauf“ möglich. Man muss davon ausgehen, dass bei -8°C alles was denkbar einfrieren kann, auch einfrieren wird und sämtliches Material spröde wird. Laufende Kontrolle ist unumgänglich, denn je früher reagiert wird, umso rechtzeitiger und einfacher sind Probleme zu beheben.
Für den Frostschutz gilt besonders: Jeder Betrieb hat andere Voraussetzungen, und so kann auch keine generelle Empfehlung gegeben werden. Die Wasserverfügbarkeit ist jedenfalls die zentrale Frage für die Entscheidung.